Spannende Architektur in Köln und UmgebungNeun Highlights zum Tag des offenen Denkmals

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Der Astropeiler in Bad Münstereifel

Der Astropeiler in Bad Münstereifel

Romanische Kirchen sind ja schön und gut, gleichen einander auf Dauer aber wie ein Ei dem anderen. Besuchen Sie stattdessen doch mal eine schmucke Talsperre oder zünden Sie ein Lichtlein unter einer Brücke an. Okay, das war jetzt nicht ganz ernst gemeint. Andererseits haben Köln und die Region so manchen architektonischen Schatz zu bieten, den man vor lauter Kirchen leicht übersieht. Die Kölner Südbrücke mit ihrem stählernen Fachwerk etwa oder die in Deutschland einmalige Pfeilerzellenbauweise der Oleftalsperre bei Hellenthal.

All diese Bauwerke und viele mehr schließt uns der diesjährige Tag des offenen Denkmals am 13. September auf. Es gibt zahllose kostenlose Veranstaltungen und Führungen, in Köln sogar so viele, dass der 12. September gleich mitgenutzt werden muss. Und da das Motto „Handwerk, Technik, Industrie“ sehr wenig ausschließt, braucht man auf kaum etwas zu verzichten. Alle Adressen, Termine und weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite zum Denkmaltag. Dort lässt sich auch eine App herunterladen, mit der sich durch das Land der steinernen Riesen navigieren lässt.

www.tag-des-offenen-denkmals.de

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

NEUN TIPPS FÜR DEN TAG DES DENKMALS

1. Hahnwald-Villen

Als es den vermögenden Kölner Bürgern in Marienburg zu eng oder zu plebejisch wurde, blickten sie sehnsuchtsvoll in eine Idylle namens Hahnwald. Harvey Cotton Merrill (1862-1953) begann 1913 damit, die Gegend als Villenkolonie zu erschließen, richtig fleißig gebaut wurde aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 60er und 70er Jahren entstanden zahlreiche Beispiele des modernen Hausbaus, die uns wie das oben abgebildete Eigenheim des Architekten Peter Neufert heute noch zum Staunen bringen. Im Grunde ist ganz Hahnwald eine Architekturausstellung, die durch prominente Spaziergänger zusätzlich aufgewertet wird.

Architektur der sachlichen Moderne in Hahnwald. Rundgang am 12. 9., 15 Uhr, Treffpunkt : Am Neuen Forst/ Ecke Bonner Landstraße.

2. Sternwellenzelt im Tanzbrunnen

„Ich habe wenig gebaut. Ich habe viele Luftschlösser ersonnen.“ Eines der wenigen verwirklichten Luftschlösser machte den Architekten Frei Otto weltberühmt: die sich organisch ausbreitende Dachkonstruktion für Peter Behnischs Münchner Olympiastadion. Und wo steht die Keimzelle für dieses Meisterwerk? Dumme Frage, natürlich in Köln. 1957 spannte Frei Otto den Brunnentänzern anlässlich der Bundesgartenschau ein spektakuläres Schirmchen auf, das eigentlich ein Wellenzelt in Membranbauweise ist. Die baumwollene Dachfläche streckte sich über schlappe 1000 Quadratmeter, bei der Restaurierung wurde das Material durch etwas weniger organisches Polyester-Polyplan ersetzt.

Frühe Zelte von Frei Otto im Kölner Tanzbrunnen, Rheinparkweg 1. Führung am 12. 9., 11 Uhr, durch die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner, Treffpunkt: Eingang zum Tanzbrunnengelände.

3. Südbrücke

Köln und seine Baustellen, eine offenbar unendliche, oft tragische Geschichte. Am 9. Juli 1908 stürzte auf halbem Wege zum anderen Ufer der mittlere Fachwerkbogen der Südbrücke ein – acht Menschen starben, auf eine feierliche Eröffnung wurde 1910 verzichtet. Hübsch sieht die kleine Schwester der Hohenzollernbrücke mit ihren stählernem Fachwerk und dem neuromanischen Steinbauten trotzdem aus, auch wenn beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg auf viel schmückendes Beiwerk verzichtet wurde. Autos dürfen sich auf ihr nicht blicken lassen, es sei denn als Passagiere des Güterverkehrs. Spaziergänger und Fahrradfahrer nutzen sie dafür umso lieber.

Kölner Südbrücke. Führung am 12. 9., 15.15 Uhr, Treffpunkt: KVB-Haltestelle Raiffeisenstraße.

Weitere Infos zu tollen Bauwerken in der Region wie Astropeiler, Mausoleum und Akademisches Kunstmuseum lesen Sie hier...

4. Astropeiler

Der Name klingt, als stamme das Ding aus einem Groschenheft, und irgendwie sieht der Astropeiler in Bad Münstereifel auch so aus. 1956 wurde er als erstes Radioteleskop in Deutschland auf den 435 Meter hohen Stockert gesetzt, mit seinem 25 Meter messenden Parabolspiegel war er kurzfristig die größte Lauschstation der Welt. Außerirdischen Rundfunk bekam man angeblich nicht herein, dafür lieferte der Astropeiler Daten zur Spiralstruktur der Milchstraße und zur Vorbereitung der Mondmission. Auch architektonisch hat er einiges zu bieten: Der Parabolspiegel sitzt auf einem betonierten Kegel, wie man ihn nicht alle Tage sieht.

Astropeiler, Auf dem Stockert 2-4, Bad Münstereifel. Öffnungszeiten am 13.9. von 11-17 Uhr, Führungen 11 und 14 Uhr.

5. Mausoleum

Ob die alten Adelsgeschlechter damals die Nase gerümpft haben über die prunkvolle Familiengruft des zugereisten Zuckerfabrikanten? Adolf Carstanjen (1825-1900) war aus Duisburg gekommen, hatte sich ein riesiges Grundstück in der Plittersdorfer Aue gekauft und war wegen geleisteter Kriegsdienste von Kaiser Wilhelm I. in den Adelsstand erhoben worden. Als frisch gebackener Graf ließ Carstanjen ein schlossartiges Anwesen errichten und dazu einen Grabtempel im Stil des Historismus. Mittlerweile müssen die Carstanjens allerdings zusammenrücken, denn die Gruft bietet Platz für jedermann, der sich diese Ruhestätte leisten kann.

Mausoleum von Carstanjen, Hardtstraße 7, Bonn. Geöffnet am 13.9. zu den Führungen um 12.30, 14.30 und 16 Uhr.

6. Akademisches Kunstmuseum

Das klassizistische Gebäude im Bonner Hofgarten wirkt eigentlich wie für die Antikensammlung einer altehrwürdigen Universität gemacht. Dabei sind die über 2000 Statuen, Reliefs und Abgüsse antiker Figuren nur Nachmieter des anatomischen Instituts. Als die Mediziner 1872 auszogen, folgten auf das vergängliche menschliche Fleisch dessen marmorne Abbilder für die Ewigkeit. Entworfen wurde das schnieke Gebäude 1825 vom Bonner Universitätsbaumeister Friedrich Waesemann, kein geringerer als der preußische Architekturheros Karl Friedrich Schinkel zog dann die Linien und Symmetrien nach. Akademisches Kunstmuseum, Am Hofgarten 21, Bonn. Geöffnet am 13. 9. von 11-18 Uhr, Führung um 11.15 Uhr, Sonderführungen 14 und 17 Uhr.

Weitere Infos zu tollen Bauwerken in der Region wie Adenauerhaus, Opernhaus und Oleftalsperre lesen Sie hier...

7. Adenauerhaus

Wer die deutsche Nachkriegszeit verstehen will, braucht sich eigentlich nur zwei Häuser anzusehen: Ludwig Erhards Kanzlerbungalow, der für das moderne, weltoffene und bescheidene Deutschland stand, und Konrad Adenauers Rhöndorfer Wohnhaus. Hier hatte das Moderne zwar noch keinen Platz, dafür aber Bodenständigkeit und Familiensinn. Am damaligen Zennigsweg wurden Regierungsbündnisse geschmiedet und die deutsch-französische Freundschaft wiederbelebt – und an schönen Sonntagen wahlweise an den Rosenbeeten oder der privaten Boccia-Bahn gearbeitet. Das Adenauerhaus war die Wohnküche der Bonner Republik – mit herrlichem Blick aufs Rheintal.

Adenauerhaus, Konrad-Adenauer-Straße 8c, Bad Honnef, Öffnungszeiten am 13.9. von 10 bis 18 Uhr.

8. Opernhaus

Träum weiter, liebes Köln, denn dieses Schmuckstück von einem Opernhaus steht weder in Deutz noch in Ossendorf, sondern an der Heinrich-Heine-Allee in Düsseldorf. Aber vielleicht fahren wir demnächst ja alle dorthin, um überhaupt mal wieder eine richtige Oper spielen zu sehen. Ernst Giese nahm 1875 für seinen Entwurf am italienischen Renaissancestil Maß – man sieht es vor allem beim runden Vorderhaus –, im Zweiten Weltkrieg wurde die Oper bei zwei Luftangriffen stark beschädigt und nach Kriegsende im eher nüchternen Stil der 50er Jahre umgebaut. 2006 stand die letzte Sanierung des Gebäudes an – und dauerte lediglich bis ins nächste Jahr.

Deutsche Oper am Rhein, Heinrich-Heine-Allee 16a, Düsseldorf. Geöffnet am 13.9. von 11 bis 17 Uhr.

9. Oleftalsperre

Wozu Schmutz nicht alles gut ist: Im April 2007 ging der Künstler Klaus Dauven mit Hochdruckreinigern auf die Luftseite der Oleftalsperre los und „fräste“ hoch aufgeschossene Wald- und Wassertiere der Umgebung in die Patina. Auch sonst hat das gigantische Bauwerk am Rande des Naturparks Eifel einiges zu bieten: So ist die in Pfeilerzellenbauweise gestaltete Staumauer bis heute einmalig in der Bundesrepublik – bei Niedrigwasser wirken die schräg stehenden Elefantenfüße besonders eindrucksvoll. Sämtliche Schauseiten lassen sich auf einer Vielzahl von Wanderwegen erleben, ins Innenleben der Tunnel und Gänge führt nur der Denkmalstag.

Oleftalsperre, Hellenthal. Geöffnet am 13. 9. zu den Führungen um 10, 11.30, 13 und 14.30 Uhr.

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