Zur Spiele-AusstellungWir stellen vier Spielertypen vor, finden Sie sich wieder?

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Maskierung gehört zum Rollenspiel.

Maskierung gehört zum Rollenspiel.

Köln – Peter Marx leitet das Institut für Medienkultur und Theater der Universität Köln. In Kooperation mit dem MAKK hat er die Ausstellung „Im Spielrausch“ zusammengestellt.

Vier Spielertypen stellen wir vor:

Archiever

Jeder Spieler folgt einem anderem Antrieb. Der „Achiever“ ist einer von vier Spieltypen.  Sein wichtigstes Ziel ist es zu gewinnen. Denn so bekommt er Anerkennung. Das Spiel muss dabei vollständig gelöst sein – am besten auf dem schnellsten Weg.  Am Ende sind es die hohen Punktzahlen, die als Beweis gelten.  Zudem zeigt er dieses gerne und teilt seinen Status mit anderen.

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Explorer

Welche Wege führen zum Sieg? Der „Explorer“ versucht möglichst viel über die Spielwelt und ihre Möglichkeiten zu erfahren. Er ist neugierig und probiert verschiedene Methoden aus. Auf diese Weise erfährt es mehr über die Regeln des Spiels. Das System in seiner Tiefe zu entdecken macht dem Explorer Spaß. Er ermöglicht unter allen Typen eine neue Blickweise auf das Spiel.

Auch Pippi Langstrumpf gehört zur Ausstellung.

Auch Pippi Langstrumpf gehört zur Ausstellung.

Socializer

Der „Socializer“ liebt das gemeinsame spielen mit anderen Spielern.  Er verzichtet auf eine Belohnung, wenn er dadurch  anderen Spielern weiterhelfen kann.  Interaktionen und enge Beziehungen sind ihm deutlich wichtiger als das Spiel.  Dieser Spieltyp zeichnet sich dadurch aus, dass er besonders kommunikativ ist und das  Spiel als Mittel zur  Kommunikation sieht.

Killer

Ähnlich wie der „Achiever“ steht auch der „Killer“ im ständigen Wettkampf mit anderen Spielern. Sein wichtigstes Ziel ist es zu  dominieren, also andere zu besiegen. Er will stets seine Überlegenheit präsentieren. Er zeigt sich  angriffslustig und möchte anderen den Spaß  verderben. Seine Siege teilt er anderen gerne mit und definiert letztendlich auch seinen Erfolg darüber.

Interview: Professor Peter Marx erklärt, warum wir Spiele brauchen

Peter Marx leitet das Institut für Medienkultur und Theater der Universität Köln. In Kooperation mit dem MAKK hat er die Ausstellung „Im Spielrausch“ zusammengestellt.

Herr Marx, wie hat sich spielen in den letzten Jahren verändert?

Meine Wahrnehmung ist, dass wir einen Zuwachs an Spielmöglichkeiten, als die Ablösung des Einen durch das Andere haben. Sie können das an verschiedenen Beispielen sehen: Ein Spiel wie „Minecraft“ arbeitet mit einer „Lego-Ästhetik“. Es wird hin und her übersetzt von der digitalen in die analoge Welt. An Life Action Role Plays, also Rollenspielen, sieht man, wo sich nach der Dramaturgie und dem Vorbild bestimmter Computerspiele Spieler in Verkleidung treffen, um es nachzuspielen. Ich bin skeptisch gegenüber Verfallstheorien, die etwa sagen: Das Computerspiel löst alle anderen Formen des Spiels ab.

Peter Marx in der Ausstellung „Im Spielrausch“, die zurzeit im Museum für Angewandte Kunst Köln zu sehen ist.

Peter Marx in der Ausstellung „Im Spielrausch“, die zurzeit im Museum für Angewandte Kunst Köln zu sehen ist.

Warum haben wir denn das Bedürfnis, in Rollen zu schlüpfen?

Die Anthropologen sagen uns, dass das Spiel ein universelles Phänomen ist. Alle Gesellschaftsformen, alle Kulturen kennen das Spiel. Das Angebot, was das Spiel macht, ist über sich hinauszuwachsen. Ein Anderer zu sein. Seiten von sich auszuleben. Das ist bei Kindern oft die Nachahmung der Erwachsenenwelt, aber auch die Auseinandersetzung mit Dingen die Angst, Mut oder Spaß machen. Dass wir im klassischen Kasperletheater zum Beispiel Monster wie das Krokodil haben, ist ein Schema, das sich heute in Superhelden-Geschichten wiederholt. Spielen heißt, unser Verhältnis zur Welt bestimmen. Im Spiel probieren wir Möglichkeiten aus, die wir im Alltag nicht haben. Und insofern macht Spielen alle Menschen, und auch alle Altersstufen, reicher und weltgewandter.

Also brauchen wir heutzutage nicht unbedingt Superhelden?

Die Superkräfte hat es immer schon gegeben. Sie definieren sich zeitabhängig. Superkräfte sind ein Index für das, was uns in unserer Welt fehlt. Sie sagen viel darüber aus, was wir uns wünschen, wonach wir Sehnsucht haben. Im Guten, wie im Schlechten.

Ein digitaler Klassiker ist beispielsweise Pac-Man.

Ein digitaler Klassiker ist beispielsweise Pac-Man.

Man kann sich bei vielen Spielen fragen, welche Werte, welche Ideale werden eingeübt. Das heißt nicht, dass man das Spielen stetig reglementieren muss. Aber dass man sich Gedanken darüber machen muss, in welchen Wert-Horizonten steht das Spiel. Zu was bildet das Spiel die Spielenden aus?

Was mussten Superkräfte früher leisten können? Was brauchen sie heute?

Superkräfte bündeln die Herausforderungen, denen der Einzelne sich ausgesetzt sieht. Ob das über Zauberei oder über technische Gadgets funktioniert – die Superkraft, das Superattribut, das Super-Requisit, reflektiert die eigene Lebenssituation und die Bedrohung, der man sich ausgesetzt sieht. Ob es Fliegen oder durch Wände gucken ist: Die Motive bleiben erstaunlich gleich. Ob man sich das an Märchen oder Sagen anguckt oder bei Superman oder James Bond – das sind Variationen derselben Herausforderung.

Ist das Siegen heute genauso wichtig, wie damals?

Das Siegen ist vielleicht die schwierigste Kategorie, die das Spiel mit sich bringt. Wenn man an Brettspiele denkt, wie zum Beispiel „Risiko“, wo es darum geht, Länder zu erobern, dann reflektiert dieses Spiel ein bestimmtes politisches System, das in Sieg und Dominanzen denkt. Das hat es immer gegeben. Vom Schachspiel bis zum neuesten Computerspiel. Die Frage ist: Können wir an Formen des Spiels denken, die andere Eigenschaften belohnen? Wo es ein Gewinnen gibt, ohne über einen Anderen zu Siegen? Das wären zum Beispiel Spiele, die Kooperationen belohnen. Wo aus Einzelspielern Teams werden. Diese Art von Spielen gibt es. Sie stehen aber neben anderen Formen.

Ich glaube, es gibt einen Anreiz zum Wettstreit. Es ist gerade für Kinder wichtig, auszuprobieren, wer stärker oder spielfreudiger ist. Denn wir haben auch eine Gesellschaftsform, die Gewinnen belohnt.

Was macht ein gutes Spiel aus?

Es gibt dafür keine Faustformel. Das, was man von der Welt des Spielens lernen kann, ist, dass sie von Überraschung und Neugier getrieben wird. Es können Dinge modisch und sozial wertvoll werden, die wir nicht erklären können. Zum Beispiel der „Fidget Spinner“. Da hätte vor zwei Jahren jeder gesagt: Völlig unvorstellbar, dass man davon mehr als 50 Stück verkaufen kann. Genauso ist es mit anderen Spielen. Man kann nicht nur Muster replizieren, die mal erfolgreich waren. Es braucht eine Innovation: Eine überzeugende Geschichte, eine überzeugende Optik und Ästhetik. Das kann man weniger aus einer Faustformel ableiten, als aus der Erkenntnis, dass Spiele auf die Welt der Spielenden antworten. Wenn es gelingt, ein Generationsgefühl, ein Lebensgefühl zu treffen, dann setzt ein Spiel sich durch.

Gibt es heute ein Spiel, das sich so lange halten wird wie „Mensch ärgere dich nicht“?

Vielleicht nicht in dieser Form. „Mensch ärgere dich nicht“ sieht heute genauso aus, wie zur Zeit seiner Entstehung. Aber wenn man sich Spielmechanismen anschaut, dann sieht man, dass Prinzipien sich wiederholen. Dazu trägt der Wandel durch die Medien bei. Zum Beispiel das Schachspiel: Sowohl in der Brettform, als auch im Computer ist es populär.

Schach ist analog wie digital populär.

Schach ist analog wie digital populär.

Ich glaube, jedes Spiel wird abhängig von der technologischen Entwicklung sein. Wenn man sich die Entwicklung der digitalen Medien anschaut, sieht man eine irrsinnige Beschleunigung. Die dahinterliegenden Prinzipien, seien es Glücks- oder Strategieprinzipien, sind sehr analoge Strukturen zu den Spielen, die wir kennen. Und im Computerspiel-Bereich gibt es Klassiker, wie „Pac-Man“. Das wird von allen Generationen gespielt.

Spielen wir also immer dasselbe, nur in anderen Formen?

Wahrscheinlich gibt es Typen von Spielen, die sich durchtragen. Zum einen adaptieren wir die Spiele in neue Medien, zum anderen verstehen wir, was neue Medien sind, indem wir mit ihnen spielen.

Die Austellung

Im Spielrausch ist noch bis zum 4. Februar 2018 zu sehen im Museum für Angewandte Kunst, An der Rechtschule, 50667 Köln. Dienstag bis Sonntag 11 - 17 Uhr

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