Köln – Drei junge Männer an einer Straßenecke in Kalk, in der Zufahrt zum Parkplatz an der Vorster Straße. Die Kappen tief ins Gesicht gezogen. Zwei tippen auf ihren Handys herum, der dritte beobachtet die Umgebung, er wirkt nervös.
„Die haben nichts Gutes im Sinn“, sagt Frank Winter (49). Der Hauptkommissar reißt das Steuer des Zivilfahrzeugs herum, bremst. Winter und sein Kollege stoßen die Autotüren auf. „Polizei“, ruft Hauptkommissar Peter Frauenkron (52), „Hände an die Wand!“ Einer flieht, die beiden anderen sind zu überrascht, um abzuhauen. Wortlos lassen sie sich abtasten. Polizeialltag auf der Kalk-Mülheimer Straße.
Seit Wochen haben die Ermittler die Straße unweit des Polizeipräsidiums im Fokus. Viele Gaststätten und Wettbüros gelten als Treffpunkt und Rückzugsraum für Kleinkriminelle, für Wohnungseinbrecher, Dealer, Räuber und Trickbetrüger. Biegt ein Streifenwagen um die Ecke, ertönt ein Pfiff, und die Männer verschwinden in den Cafés und Restaurants. Zivilfahrzeuge sind für die Täter schwerer auszumachen.
Viele Täter aus Kalk und Porz
Besonders im Visier haben die Fahnder junge Männer aus Nordafrika. „Jungs im besten Alter“, erzählt Winter, als er wieder im Auto sitzt, „schlank, schnell, durchtrainiert.“ Viele seien aggressiv. „Wir wurden schon bespuckt und beleidigt“, sagt Frauenkron. „Aber da muss man drüber stehen und darf nicht überreagieren.“ Die Kontrolle der beiden Verdächtigen hat nichts ergeben. Keine Einbruchsbeute, keine Drogen.
Frauenkron und Winter leiten den zivilen Einsatztrupp der Polizeiinspektion 6, zuständig für die Bekämpfung der Straßenkriminalität, insbesondere des Wohnungseinbruchs. Ihr Revier sind die Stadtbezirke Kalk und Porz. Hier wohnen und „arbeiten“ besonders viele Einbrecher. Ein Grund ist die eher ländliche Struktur von Stadtteilen wie Rath oder Brück.
Idylle ausgenutzt
Einen Streifenwagen sieht man hier vergleichsweise selten. „Das wissen unsere Täter genau, und sie nutzen das“, sagt Frauenkron. Von der Kalk-Mülheimer Straße geht es nach Rath und Brück. Die beiden Fahnder fahren Streife durch die gehobenen Wohngegenden. Es ist ein Mittag im Oktober. Tags zuvor hat es hier vier Einbrüche gegeben. Jetzt sind die Gehwege fast leer.
Rentner arbeiten in ihren Vorgärten, Anwohner tragen Einkaufstüten nach Hause. Die Polizisten achten auf Verdächtiges – Autos mit mehreren Insassen zum Beispiel, die langsam umher fahren. Oder Personen, die nicht ins beschauliche Straßenbild passen. „Junge Männer fallen um diese Tageszeit hier auf“, sagt Frauenkron. „Vieles ist Bauchgefühl.“ Eine Portion Glück gehört auch dazu.
Linker Hand taucht eine weiße Villa auf, komplett eingezäunt, davor ein Porsche Panamera und zwei hochklassige Mercedes. Im großen Vorgarten liegen Bretter und Erdhaufen. „Ach guck“, sagt Frank Winter, „legen die sich auch noch einen Gartenteich an?“
In der Villa wohnen nach Erkenntnissen der Polizei Mitglieder einer Großfamilie, einige von ihnen Berufseinbrecher. Der Verdacht liege nahe, sagt Winter, dass sie das Anwesen und die Luxusautos aus ihrer Beute finanzieren.
Wer seine Wohnung oder sein Haus vor Einbrechern schützen will, kommt um geeignete Sicherheitstechnik nicht herum. Der Vorteil: Aus tausenden Fällen weiß die Kripo, dass Einbrecher schnell aufgeben, sobald sie beim Versuch, ein Fenster oder einer Tür zu öffnen, auf Widerstand stoßen. Der Nachteil: Gute Sicherheitstechnik kostet Geld. Als Faustregel gilt laut Polizei: Ein etwa einen Quadratmeter großes Fenster mit Pilzkopfbeschlägen einbruchssicher umrüsten zu lassen kostet ungefähr 250 Euro.
Die Polizei empfiehlt, einen professionellen Handwerksbetrieb zu beauftragen. Noch bis einschließlich Samstag bietet das Kommissariat Kriminalprävention/ Opferschutz kostenlose Beratungstermine auf Wochenmärkten, öffentlichen Plätzen und im Präsidium in Kalk an. Die jeweiligen Adressen mit Uhrzeiten stehen im Internet. Anmeldungen erbittet das Kommissariat an die Hotline für Einbruchsberatung der Polizei Köln: 0221/229 8008. (ts)
Die grundsätzliche Herausforderung für Polizei und Staatsanwaltschaft besteht darin, einem Einbrecher jede einzelne Tat konkret nachweisen zu können. Sonst lässt ein Gericht die Anklage in der Regel gar nicht erst zu. „Am besten, wir beobachten einen Einbrecher auf frischer Tat“, sagt Frauenkron. Aber das ist mühsam, es gelingt nur selten. Wird dennoch mal ein Täter überführt, kommt er vor Gericht häufig mit einer Geld- oder Bewährungsstrafe davon. Für die Polizisten ist das frustrierend. „Reisende Täter sagen in Vernehmungen oft, dass sie gerne nach Köln kommen, weil hier die Strafen gering sind“, berichtet Winter.
Bauchgefühl führt zum Drogendealer
Ortswechsel, ein Parkplatz an der Glashüttenstraße in Porz. Eigentlich wollte Frank Winter hier nur wenden. Aber sofort fallen ihm und Frauenkron drei Männer in einem geparkten Mercedes auf. „Die überprüfen wir“, sagt Frauenkron. Bauchgefühl.
Die Insassen reagieren gelassen. Zwei geben ihre Ausweise heraus. Der Mann hinter dem Steuer hat keinen dabei, er nennt aber seinen Namen und präsentiert sich auch ansonsten in Plauderlaune. Fragt Hauptkommissar Winter, ob er gern auf den Kölner Ringen feiern gehe. Winter antwortet: „Nie. Da bin ich nur beruflich.“
Im Streifenwagen fragt Frauenkron über Funk die Personalien ab – Volltreffer. Der Mann ohne Ausweis ist zur Fahndung ausgeschrieben, ein mutmaßlicher Drogendealer. Er hat gegen Bewährungsauflagen verstoßen und muss jetzt ein Jahr Gefängnis absitzen. Streifenbeamte nehmen den Mann mit auf die Wache. Auch seine beiden Begleiter im Mercedes kennt die Polizei sehr gut. Es sind Berufseinbrecher, „Vollprofis“, sagt Frauenkron. Aktuell aber liegt gegen die Männer nichts vor. Sie dürfen gehen.
Für die Ermittler des Einsatztrupps ist die Festnahme ein gelungener Abschluss ihrer Schicht. Denn aller Fahndungsroutine zum Trotz: Jede Festnahme sei ein Erfolgserlebnis, sagt Frauenkron. „Ich gehe heute zufrieden nach Hause.“