Spurensuche in KölnEin Stück Museum Ludwig steht in Volkhoven

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Eva Janoskova vor der Simultanhalle in Volkhoven. Die Künstlerin verhinderte den geplanten Abriss des Testbaus.

Eva Janoskova vor der Simultanhalle in Volkhoven. Die Künstlerin verhinderte den geplanten Abriss des Testbaus.

Volkhoven – Eva Janoskova ist schwer erkältet, als sie das Tor zum Grundstück an der Volkhovener Weg 209 öffnet. Aber für „ihre“ Simultanhalle verlässt sie gerne das Bett.

Ein ehemaliges Volksschulgebäude steht hinter dem Tor, daneben zwei betagte Wohnwagen – und ein hohes quadratisches Etwas, das wie ein vergessener Bauklotz in der Landschaft steht.

In die Volkhovener Vorort-Idylle will sich der Würfel mit der wellenförmigen Oberseite nicht recht einfügen. Dennoch kommt er auch Nicht-Eingeweihten irgendwie vertraut vor.

Testbau für hunderttausend D-Mark

„Das ist ein Stück Museum Ludwig“, erklärt Eva Janoskova. Die 80-jährige Künstlerin hatte ihr Atelier im benachbarten Schulhaus schon lange bevor die Stadtverwaltung Ende der 1970er Jahre die Halle errichten ließ, die mittlerweile nur „Simultanhalle“ genannt wird.

Was für einige hunderttausend D-Mark entstand, war ein Testbau für das Millionenprojekt neben dem Dom – ein kleiner Vorgänger des großen Museums Ludwig. Den es ohne Janoskova nicht mehr geben würde.

„Wir wollten einen Musterbau“, sagt Godfrid Haberer, der zusammen mit Peter Busmann das Museum Ludwig mit der dazugehörigen Philharmonie entwarf. Vor allem die Wirkung der Fenster in der markant geschwungenen Dachkonstruktion, den so genannten Shed-Dächern, sollte im Kleinen getestet werden.

„Der Lichttechniker hat behauptet, die dem Lichteinfall abgewandte Wand wäre nur halb so hell wie die vom Tageslicht direkt angestrahlte Wand“, sagt Haberer: „Das haben wir nicht geglaubt.“

Der Musterbau, dessen Fenster so wie später das Museum nach Norden ausgerichtet sind, bewies, dass die Architekten Recht hatten. „Die abgewandte Seite war nur 30 Prozent dunkler. Das war ein wesentlicher Schritt.“

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Wie der Testbau eine Kostenexplosion verhinderte und was heute aus der Simultanhalle geworden ist.

Experimentiert wurde am Volkhovener Weg aber auch mit Fassadenverkleidungen und Materialien zur Dachabdeckung. Mit Hilfe der Halle war zudem eine genauere Ausgaben-Prognose möglich. „Wir haben einen Kostenplaner eingeschaltet, der aufgrund des Musterbaus genau die Ansprüche an den Museumsbau definiert hat“, sagt der 74-jährige Architekt Haberer.

Realistischere Preisangaben seien möglich gewesen. Tatsächlich wurden die berechneten Kosten für Museum und Philharmonie – insgesamt 280 Millionen D-Mark teuer – nur um fünf Prozent überschritten.

Abbruch verhindert

Eva Janoskova ist es zu verdanken, dass es das Test-Museum noch immer gibt. Eigentlich sollte es nach wenigen Jahren abgebrochen werden, schließlich hatte es seinen Zweck spätestens mit der Eröffnung des Museum Ludwig im Jahr 1986 erfüllt.

Janoskova verhinderte den Abbruch mit Kunst und Hartnäckigkeit. 1983 organisierte sie eine erste Schau mit großformatigen Malereien und überzeugte das Kulturamt, das Gebäude als Ausstellungsort zu erhalten und zu unterstützen.

„Der Bau hat etwas Sakrales“, sagt die freundliche Malerin und Zeichnerin: „Ich war wie eine Kirchendienerin.“

Vor allem zeitgenössische Kunst zeigte sie, „etwas anderes, Lebendiges“ wollte sie auf die Beine stellen. „Damals war Köln ein Zentrum der bildenden Kunst“, sagt Winfried Gellner, früher Referent im Kulturamt: „Viele junge Künstler kamen nach dem Studium nach Köln.“

Ausgerechnet im ländlich geprägten Vorort konnten sie sich auch mit Installationen und Performances austoben. „Diese Kunst war für Volkhoven total neu“, erinnert sich Janoskova.

Die gebürtige Tschechin erfüllte ihren Sakralbau mehrere Jahre lang mit Leben, dann übergab sie den Staffelstab an ein Kuratorium junger Künstler und Kunstwissenschaftler, das noch heute in wechselnder Besetzung Ausstellungen organisiert.

„Wir sind frei und offen für Experimentelles“, sagt Mit-Kurator Thomas Straub. Die Simultanhalle sei ein Treffpunkt der jungen Szene, die irgendwann vielleicht mal den Sprung in das große Museum Ludwig schafft.

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