CoronaAn der Uniklinik werden die ersten Kölner geimpft

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Probandin Maria wird von Isabelle Suárez behandelt – ob mit dem Corona-Impfstoff oder einem Placebo, wissen beide nicht.

Köln – „Es kribbelt gar nicht“, sagt Maria. Sie gehört zu den Ersten, die in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft wurden. Oder doch nicht? Die Hälfte der Probanden bekommt in einer Studie an der Kölner Uniklinik den Curevac-Impfstoff, die andere Hälfte ein Placebo. Nun kribbelt es kurz nach der Impfung eben nicht, und Maria hat „ein bisschen Sorge, dass es ein Placebo ist“. Eigentlich heißt die 27-Jährige anders, ihren Namen dürfen wir nicht veröffentlichen. So sind die Vorschriften für Impfstoff-Studien.

Isabelle Suárez beruhigt sie: „Es kribbelt auch beim Impfstoff nicht sofort.“ Suárez ist Ärztin und spritzt die Probanden. Womit, das weiß auch sie nicht: Impfstoff oder Placebo, 50/50, jedes Mal. Innerhalb des 35-köpfigen Studienteams wissen nur die Entblindeten, wie sie hier genannt werden, wer tatsächlich geimpft wurde.

„Wir dürfen überhaupt nichts wissen“, sagt Clara Lehmann, die Leiterin der Studie. Denn sonst ist die Studie hinfällig; ihr Ergebnis ergibt sich aus der Verteilung zukünftiger Corona-Infektionen. Wie viele gibt es unter den Geimpften, wie viele unter den Placebo-Probanden? Das ist die alles entscheidende Frage.

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Covid-19: Wenige Meter weiter kämpfen Patienten um ihr Leben

Gebäude 70 der Uniklinik, Etage eins, hier findet die Studie statt. Es ist ein Ort der Hoffnung, einer von Tausenden weltweit, an denen das Ende der Pandemie ausgetüftelt wird. Wenige Hundert Meter weiter, auf den Intensivstationen, macht sich Covid-19 in seinen schlimmsten Auswüchsen breit, hier kämpfen Patienten um ihr Leben. Oft mit schlechten Chancen.

Die Kölner Uniklinik ist einer von drei deutschen Standorten für die finalen Phase-3-Studien zum Curevac-Impfstoff. Ende Oktober hat das Team von Clara Lehmann den Zuschlag bekommen, Ende Dezember geht es nun also los. „Sonst dauert das bestimmt sechs Monate“, sagt Lehmann und lacht ein wenig ungläubig: „Das Team hat unfassbar viel gearbeitet.“ Nichts ist anders gelaufen als sonst, garantiert sie, nur eben schneller. 1000 Menschen sollen hier binnen vier Wochen gespritzt werden: „So richtig fangen wir im Januar an.“ Im Dezember sind rund 50 Probanden dran.

Die Kölner Uniklinik tüftelt am Ende der Pandemie

Die Uniklinik stellte für die Studie 20 Studierende ein, außerdem konnte die Infektiologin Lehmann einige Kollegen aus der Onkologie für ihr Projekt rekrutieren. Nun wurde die haarkleine Dokumentation schnell organisiert, Probanden gefunden und Aufklärungs-Seminare vorbereitet.

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„Normalerweise haben wir nicht so einen Zeitdruck“, erklärt Suárez. In diesen Zeiten ist vieles anders. „Wir leisten hier einen Beitrag für das Ende der Pandemie“, sagt Lehmann: „Das motiviert uns alle.“ Der Ablauf für jeden, der mitmacht: Erste Impfung, zweite Impfung, Telefonate, Nachbeobachtungen und eine finale Untersuchung nach 393 Tagen. Dafür gibt es eine Aufwandsentschädigung von bis zu 700 Euro.

Corona-Studie: Probanden können ihre Teilnahme abbrechen

Jetzt ist Saskia an der Reihe, auch sie heißt eigentlich anders. „Irgendwie muss man ja was tun“, sagt die 38-Jährige und bekommt ihre Spritze. Etwas beitragen, das sei auch ihre Motivation. Und natürlich hofft auch Saskia, dass sie eine Spritze mit Impfstoff erwischt hat. Sorgen vor möglichen Nebenwirkungen hat sie keine: „Die Faktenlage ist gut.“ Ihr Vater sei Physiker, sie habe schon immer eine hohe Affinität zu Naturwissenschaften gehabt. „Ich kann schon nachvollziehen, dass Menschen Angst vor der Impfung haben, aber wirklich verstehen kann ich es nicht.“ Auch Lehmann ist optimistisch, dass der Impfstoff von Curevac hilft. Sie sei sogar „ziemlich sicher“, dass er zugelassen wird: „Die Unterschiede zum Mittel von Biontech und Pfizer sind minimal.“ Noch sucht die Uniklinik rund 700 Studienteilnehmer.

Maria möchte schon gerne wissen, ob sie nun geimpft wurde oder nicht. Ist der Curevac-Impfstoff irgendwann zugelassen, würde sie ihre Teilnahme an der Studie abbrechen, um Gewissheit zu haben. Das ist immer möglich. Isabelle Suárez kann „schon nachempfinden“, wenn ihre Probanden darüber nachdenken. Aber für die Studie wäre es besser, wenn die Leute so lange wie möglich dabeibleiben. Treten Nebenwirkungen auf, geben die entblindeten Ärzte ohnehin Bescheid, ob man tatsächlich geimpft wurde. Aber bisher kribbelt es bei Maria und Saskia nicht einmal.

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