Corona-Ausfälle bei Kölner Feuerwehr„So eine Lage hatten wir seit 30 Jahren nicht“

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Feuerwehr Scheibenstraße

Wagen und Ausrüstung der Feuerwache in der Scheibenstraße. (Symbolbild)

Köln – Im sogenannten Lagedienst der Feuerwehr-Leitstelle haben sie schon viele Situationen bewältigen müssen, Krisen, Dramen, Katastrophen, einige davon gibt es regelmäßig, aber eine wie am Sonntagmorgen seit Jahrzehnten schon nicht mehr.

Auf den Rettungswagen und Löschwagen – im Feuerwehr-Deutsch auch „Einsatzmittel“ genannt – fehlt hinten und vorne Personal. Dutzende Feuerwehrleute, die an diesen Tag im Dienst hätten sein sollen, fehlen Corona-bedingt. Ebenfalls viele derjenigen, die als Reserve für kurzfristige Ausfälle im Dienstplan versehen waren. Resultat war, dass nicht alle vorgesehenen Rettungswagen mit Sanitätern besetzt werden konnten, berichtet Feuerwehrchef Christian Miller dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Alle Notrufe in Köln konnten bedient werden

Eine Lösung wurde dann recht schnell gefunden: „Wir haben zur Kompensation der Personalengpässe Fahrzeuge verlegt, um die Last gleichmäßig zu verteilen.“ Das Wichtigste sei direkt gesagt: Alle Notrufe konnten zeitgerecht bedient werden, länger als üblich warten musste niemand. „Die Bevölkerung hat von den Besetzungsproblemen nichts gemerkt“, sagt Miller, aber: „So eine Lage, wie wir sie am Wochenende hatten, haben wir seit den 1990er Jahren nicht mehr erlebt.“

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Mehr als 300 Ausfälle wegen Corona

260 Covid-Infizierte zählt die Feuerwehr in diesen Tagen, also auch im Rettungsdienst. Das sind so viele wie noch nie seit Pandemie-Beginn und auch so viele wie es vor Corona selbst in den ärgsten Grippe-Wellen nicht waren. Dazu kommen etwa 50, die als Kontaktpersonen in Quarantäne oder sicherheitshalber dienstbefreit sind. Der Großteil der Infektionen wird auf den privaten Bereich zurückgeführt.

Für eine Organisation wie die Feuerwehr, die gleichsam in ihrem Wesen auf unplanbare Lagen und deren Lösung ausgerichtet ist, sind das zwar Größenordnungen, die gerade noch zu verkraften sind. Diese Lage aber hat die Feuerwehr am Wochenende nahe an eine gefährliche Grenze herangeführt.

Längere Wartezeiten können Menschenleben gefährden

„Es hat noch Reserven gegeben, die allerdings bei einer erhöhten Einsatzlage schnell aufgebraucht gewesen wären“, sagt Miller. „Zum Beispiel wären bei einem größerem Unfall Rettungswagen aus anderen Stadtteilen gekommen, was längere Anfahrtszeiten zur Folge gehabt hätte.“ Längere Wartezeiten auf einen Sanitäter, einen Notarzt, den Löschzug mit Drehleiter können im Ernstfall Gesundheit von Patienten oder sogar Menschenleben gefährden.

Jeden der 57 Rettungswagen, die an einem üblichen Tag neben den Notarztwagen und diversen Spezialfahrzeugen in der Stadt im Einsatz sind, besetzen zwei Mitarbeiter des Rettungsdienstes. „Wenn einer fehlt, haben wir schon ein Problem“, sagt Miller. „Normalerweise greifen wir dann auch hier auf dienstfreies Personal zurück. Da es aber auch da derzeit sehr viele Ausfälle gibt, konnten wir in Einzelfällen Einsatzmittel nicht mehr besetzen.“

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In diesen Fällen werde normalerweise der sogenannte „Sonderbedarf“ aktiviert, also Rettungswagen samt Besatzung bei den Hilfsorganisationen wie den Johannitern oder dem DRK beauftragt. „Das gelang aber am Wochenende auch nicht, weil die Hilfsorganisationen auch mit coronabedingten Ausfällen zu kämpfen haben“, berichtet Miller.

Etwas weniger kritisch ist die Lage im Brandschutz. „Wenn eine Person im Löschzug fehlt, konnten wir die bisher ebenfalls kompensieren. Reicht das nicht, dann aktivieren wir dienstfreies Personal, dann kommt jemand aus seiner Freizeit zusätzlich in die Wache. Im Brandschutz ist der Pool der Menschen, die einspringen können, etwas größer als im Rettungsdienst“, sagt Miller.

Rettungswagen in die Stadtränder verlegt

Die Omikron-Welle nach Karneval hat nicht nur die Feuerwehr erfasst, sondern auch andere Bereiche der kritischen Infrastruktur. Während bei der Landespolizei noch mehrere hundert Beamtinnen und Beamte infiziert sind, meldete die Uniklinik am Montag eine leichte Entspannung der Lage.

Die Zahl der infizierten Beschäftigen nehme „langsam, aber stetig“ ab, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Es komme aber weiterhin zu Verschiebungen bei planbaren Behandlungen. Anfang vergangener Woche hatte Kölns größtes Krankenhaus noch mehr als 700 Corona-Fälle registriert.

Nur noch Kleingruppen auf der Wache in Köln

Die Feuerwehr aber hat nun noch ungewisse Tage und Wochen vor sich, mit sogar noch weiteren Aufgaben durch die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Auf den Wachen seien jetzt nur noch Kleingruppen zusammen, im Brandschutz verstärke die Freiwillige Feuerwehr bei der Besetzung von Wachen, sagt Miller. Sollte das alles nicht reichen, lägen Ausfallkonzepte in der Schublade.

So würden Rettungswagen aus der Innenstadt in die Stadtränder verlegt, wo die Dichte an Einsatzfahrzeugen geringer ist und einzelne Ausfälle schwerer wiegen. Auch das aber würde wieder längere Anfahrtswege bedeuten.“ Im Lagedienst der Leitstelle hoffen sie, dass es soweit nicht kommen wird. 

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