Protest in Köln-EhrenfeldHändler wehren sich gegen Verkehrsversuch auf der Venloer Straße

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Auf einem Plakat steht „Verkehrsversuch Venloer Straße sofort stoppen“.

Protestschild im Humana-Laden auf der Venloer Straße

Händler entlang der Venloer Straße haben Protestplakate in ihren Schaufenstern aufgehängt. Sie glauben, dass die neue Verkehrsregelung Kunden abschreckt.

Cihangir Aldemir muss nicht lange überlegen: „Das Weihnachtsgeschäft ist in diesem Jahr kein Vergleich zum vergangenen Jahr“, sagt der Mitarbeiter der Foto-Star Filiale auf der Venloer Straße unweit der Kreuzung mit dem Gürtel. Er glaubt, den Grund zu kennen: „Früher gab’s direkt vor dem Laden noch Parkplätze für Autos, jetzt kann man da nur noch Räder abstellen. Auf der anderen Straßenseite ist es das Gleiche.“

Der groß angelegte Verkehrsversuch, der 2022 begann und die Einkaufsmeile entschärfen sollte, die immerhin zu den zehn gefährlichsten Straßen Deutschlands zählt, hat Spuren hinterlassen. Aber auch die neue Einbahnstraßenregelung, so Aldemir, habe viele potenzielle Kunden vergrault: Seit dem 23. Oktober können Kraftfahrer die Venloer Straße im Abschnitt zwischen Gürtel und Piusstraße nur noch in Richtung Innenstadt befahren. Wer aus der anderen Richtung kommt, meint Aldemir, verpasse dann zwangsläufig die Angebote der Geschäftsleute hier, denn er müsse ja eine andere Route wählen.

Auf der Venloer Straße steht eine Barriere und ein Schild wegen der neuen Verkehrslenkung.

Seit dem 23. Oktober geht es auf der Venloer Straße zwischen Gürtel und Piusstraße nur noch stadteinwärts.

An der Tür der Filiale hängt deshalb ein großes Plakat, auf dem ganz groß „Verkehrsversuch Venloer Straße sofort stoppen“ steht, und unter einem durchgestrichenen Einbahnstraßenschild eine weitere Forderung: „Keine Experimente auf unsere Kosten.“ Sie ist „unterschrieben“ von „Gastronomie, Einzelhandel, Handwerk und Kleinunternehmern“. Ein QR-Code ist auch abgebildet, er führt zu einer entsprechenden Petition auf dem Portal Change.org, als Initiator ist „Stopp Einbahnstraße“ angegeben. Start war am 6. Dezember, bislang haben 116 Menschen die Petition unterzeichnet.

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Das Plakat hängt an den Schaufenstern von nicht wenigen Imbiss- und Handy-Läden, Reinigungen und Friseuren in diesem Abschnitt der Venloer Straße, aber die Initiatoren kennt offensichtlich kaum jemand namentlich. Cihangir Aldemirs Darstellung: „Vor einer Woche kamen zwei freundliche junge Männer herein und fragten, ob sie das Plakat aufhängen dürfen“, steht stellvertretend für die Aussagen von anderen Angestellten oder Inhabern.

Apothekerin aus Köln-Ehrenfeld: Regelung führt zu Umsatz-Einbußen

Auch im Fenster der Punkt-Apotheke von Anita Thießen hängt das Plakat nun. Die Inhaberin findet starke Worte: „Diese Regelung ist geradezu menschenverachtend. Wenn man jung und sportlich ist, mag das in Ordnung sein. Aber für Gehbehinderte beispielsweise, die häufig noch dazu älter sind, sei das ein Problem. Wenn sie mit dem Auto aus der Richtung Innenstadt kommen und sich irgendwie durch Nebenstraßen zu den Arztpraxen oder Apotheken schlängeln müssen, verunsichert sie das sehr“, meint Thießen. Das führe zu teils schweren Umsatzeinbußen, dadurch gingen der Stadt auch Steuereinnahmen verloren.

Einen großen Rückgang mag die freundliche Mitarbeiterin von Humana, einem Secondhand & Vintage-Laden direkt gegenüber, so nicht bestätigen. Sie möchte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, erzählt aber, dass die Straße seit dem 23. Oktober spürbar „friedlicher“ geworden sei. Das wüssten auch viele Kunden zu schätzen. Es sei die Idee des Filialleiters gewesen, das Protest-Plakat an die Tür zu hängen. „Im Vergleich zum Weihnachtsgeschäft im letzten Jahr ist hier etwas weniger los, das stimmt. Aber es ist nicht existenzbedrohend. Das mag in anderen Geschäften schlimmer sein“, sagt die Verkäuferin noch und blickt durchs Fenster: „Das kann aber auch alles am Wetter liegen.“

Die bemerkenswert schlechte Adventswitterung in diesem Jahr hatte auch Cihangir Aldemir noch als möglichen Grund für die Umsatzrückgänge genannt. Die Auswirkungen der Einbahnstraßenregelung müsse man daher über einen längeren Zeitraum beobachten. Auch Vertreter der Industrie- und Handelskammer seien schon im Laden gewesen und hätten Erkundigungen eingezogen. Zur Not sei da immer noch der Weg über das Gericht. In Deutz hätten Geschäftsleute schließlich vorgemacht, dass man auf diese Weise einen Verkehrsversuch beenden kann: „Die beiden Männer, die das Plakat aufgehängt haben, deuteten so etwas an.“

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