„Verlierer des Verkehrsversuchs?“Statt über die Venloer rasen die Autos in Ehrenfeld jetzt durch die Piusstraße

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Autos fahren durch die Straße

Zwischen geparkten Autos auf dem Bürgersteig schlängeln sich die Fahrzeuge durch die Piusstraße.

Anwohner der Piusstraße sind genervt: Seitdem der Verkehr von der Venloer Straße nicht mehr stadtauswärts fließen kann, nutzen viele Autofahrer die schmale Ehrenfelder Seitenstraße. 

Ein schwarzes Auto biegt mit hoher Geschwindigkeit von der Venloer Straße in die Piusstraße ein. Als Linksabbieger musste der Fahrer zunächst den Gegenverkehr abwarten, jetzt drückt er das Gaspedal erstmal durch. Solche Kavalierstarts beobachten Anwohner der Piusstraße seit dem 23. Oktober allzu häufig. Seit diesem Tag ist den Autofahrern die Weiterfahrt stadtauswärts über die Venloer Straße nicht mehr erlaubt. Autofahrer werden an der Kreuzung Pius-/Franz-Geuer-Straße über die Piusstraße Richtung Vogelsanger Straße abgeleitet.

„Die Piusstraße, die zwischen Venloer und Vogelsanger Straße aufgrund der Enge und Unübersichtlichkeit für fließenden Kfz-Verkehr ungeeignet ist, wird täglich von vielen Menschen, insbesondere den Schülern des Berufskollegs, als Verkehrsweg zu Fuß oder mit dem Rad genutzt, und zwar in beide Richtungen“, schreibt Adrian Bühler stellvertretend für viele Anwohner der Piusstraße in einem Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Bezirksbürgermeister Volker Spelthann. 

Tödlicher Unfall mit einem Fußgänger auf der Piusstraße in Ehrenfeld 

Besonders an der Einbiegestelle in die Pius- und an der Abbiegestelle auf die Vogelsanger habe sich ein enormes Gefahrenpotenzial entwickelt. Zu einem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang ist es auch gekommen. Am 20. Oktober wurde ein 86-jähriger Fußgänger von einem Auto erfasst, als er die Piusstraße überquerte und von einem aus der Venloer Straße kommenden Fahrzeug erfasst wurde. Das war drei Tage vor der neuen Regelung, zeigt aber, wie gefährlich die Kreuzung ohnehin schon ist.

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Die Anwohner stehen mit Protestschildern auf der Straße.

Anwohnerinnen und Anwohner der Piusstraße sorgen sich um ihre Sicherheit.

Allerlei Auffahrunfälle mit Blechschäden haben Anwohner und auch der Bier-Brauer Paul Nolte, der an der Ecke Piusstraße/Vogelsanger Straße sein Büro hat, schon beobachtet. Autofahrern, die von der Piusstraße auf die Vogelsanger Straße abbiegen wollen, ist derzeit wegen der Baustelle für den Neubau der Rheinischen Musikschule zusätzlich die Sicht erschwert. Außerdem ist ein Abschnitt des Bürgersteigs durch die Baustelle blockiert, was den Begegnungsverkehr auf der Piusstraße noch gefährlicher macht. „Radfahrer fahren ja in beide Richtungen, müssen dann auf den Gehweg ausweichen, wenn ihnen ein Auto entgegenkommt“, so Bühler.

Für Andrea Dauber, die ihren dreijährigen Sohn jeden Tag mit dem Fahrradanhänger zur Kita bringt, ist es jeden Tag eine Herausforderung kollisionsfrei durch die Straße zu kommen. „Ich habe auch richtig Angst, wenn mein Sohn mit seinem Laufrädchen auf der Straße unterwegs ist. Die Autofahrer rasen, die Radfahrer sind auf dem Bürgersteig, es ist einfach nur noch gefährlich.“

Mehr Lärm und Abgase in der Piusstraße in Köln-Ehrenfeld

Außerdem haben Lärm und Abgas-Immissionen seit der Neuregelung enorm zugenommen. Weil es oft zu einem Rückstau an der Vogelsanger Straße kommt. Die gestressten Nachbarn fordern jetzt von der Politik Nachbesserungen. Sie sehen sich als Leidtragende einer Verkehrspolitik, die dem Prinzip Versuch und Fehler folgt. „Es kann nicht sein, dass man die Gefahrenlage auf der Venloer Straße zwar entschärft, sie aber einfach nur auf die Piusstraße verlagert“, sagt Anwohner Adrian Bühler.

Er möchte, dass die Stadt durch eine deutlichere und schon weit vor der Piusstraße zu platzierende Beschilderung Autofahrer zu einer Umfahrung der engen Wohnstraße auffordert. Laut Stadt-Sprecher Robert Baumanns plane die Stadt tatsächlich die bisher bestehenden Hinweistafeln noch weiter zu ergänzen, um noch früher auf die geänderte Verkehrsführung hinzuweisen. Auch wurde Anfang November mittels einer Kamera eine 48-stündige Verkehrsüberwachung durchgeführt, die Anfang Dezember wiederholt werden soll. Hinweise und Beobachtungen, die Bürger im Meinungsportal der Stadt äußern, würden in eine kontinuierliche Bewertung der Situation einfließen, so Baumanns.

Es sei im Übrigen davon auszugehen, dass sich das Verkehrsaufkommen in der Piusstraße weiter verringern werde. Nach der anfänglich stark zugenommenen Belastung nach Einrichtung der Einbahnstraße in der Venloer Straße sei bereits eine rückläufige Entwicklung zu beobachten. Diese Einschätzung teilen die Anwohner allerdings nicht. „Vor allem auch in den Nächten am Wochenende fahren die Autos mit hohem Tempo hier durch“, sagt Adrian Bühler. Viele Häuser in der Piusstraße seien klassische Drei-Fenster-Häuser, die das Schlafzimmer zur Straße hätten.

„Der Motorenlärm potenziere sich auch noch durch die Enge der Straße, die den Lärm wie einen Trichter nach oben leite“, sagt ein älterer Nachbar, der seit Jahren dort wohnt. Die Autos müssen wieder raus aus der Piusstraße, da sind sich alle einig. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, werden viele von ihnen am Montag zur Sitzung der Bezirksvertretung im Bezirksrathaus erscheinen und Bezirksbürgermeister Volker Spelthann eine Unterschriftenliste übergeben. Die Venloer Straße steht dort seit geraumer Zeit als Fixpunkt auf der Tagesordnung. 


Die Sitzung findet am Montag, 27. November, ab 17 Uhr im Bezirksrathaus, Venloer Straße 429, statt. 

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