Ein Sommertag in Köln 1975Gefährliche Abkühlung im verseuchten Rhein

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Tag1975neu

Die Hitze verführte viele zu einem Sprung in den Rhein. Das aber ist gefährlich. Das Wasser ist außerdem schmutzig und enthält viele Krankheitskeime. 

  • Was war früher los in den Kölner Sommerferien? Wir sind ins Redaktionsarchiv gestiegen, um nach schönen, verrückten, nassen, sonnigen oder lustigen Geschichten zu suchen.

Köln – Aus dem Kölner Stadt-Anzeiger im Jahr 1975:

So warm wie gestern war es noch nie in diesem Jahr. Im Stadtgebiet wurden Temperaturen über 30 Grad gemessen. Am meisten erfreut über die sommerliche Hitze waren die Schüler, die gestern zum größten Teil hitzefrei hatten. Für ältere und kranke Bürger waren diese Temperaturen nur schwer erträglich. Bereits in den Mittagsstunden wurde die Polizei mehrmals zu Hilfe gerufen, weil Menschen Kreislauf- und Herzschwächen erlitten. Viele Kölner nahmen in den Fluten des Rheins ein kühles Bad. Ein Vergnügen, das zwar nicht verboten, aber gefährlich ist. Die Ärzte warnen vor Krankheitserregern im Wasser und die Polizei vor Strudel, die tödliche Unfälle verursachen können

Wer mit sommerlichen Temperaturen Geschäfte macht, hatte gestern volle Kassen. Die Freibäder meldeten Rekordzahlen: Stadion Müngersdorf 9000 bis 10 000 Besucher, das neu eröffnete Eis- und Schwimmstadion 3000 bis 4000 Besucher. Der Wasserverbrauch im Stadtgebiet stieg um mehr als das Doppelte. Auch im Kölner Zoo. Dort war die Affenhitze selbst den Affen zu viel. Um es auch ihnen erträglicher zu machen, hatten die Tierpfleger den Käfigboden voll Wasser laufen lassen. Geradezu begeistert von seinem zur Badewanne gewordenen Käfig war der Menschenaffe Eddy (16), der wie wild mit dem Wasser um sich spritzte und vergeblich versuchte, auch die von ihm durch die Glasscheibe getrennten Zuschauer nass zu spritzen.

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Für die Tiere im Zoo ist das Planschen in eigenen Gewässern ungefährlich. Für die zur Zeit hitzegeplagten Kölner dagegen kann das Baden in Baggerlöchern, Springbrunnen oder auch im Rhein äußerst gefährlich sein. Immer wieder warnt die Wasserschutzpolizei vor Strudeln und gefährlichen Strömungen im Rhein, die nicht nur für Nichtschwimmer Gefahren bergen. Erst am Wochenende ereigneten sich zwei Unfälle mit tödlichem Ausgang. Am Ufer der Poller Wiesen ertrank ein Schüler in der Nähe einer Kribbe, und im Fühlinger See konnte ebenfalls ein neunjähriger Junge nur noch tot von Tauchern geboren werden.

Trotzdem scheinen immer mehr Kölner ihren Stadtstrom als Badestrand neu zu entdecken. Doch selbst gute Schwimmer sollten vielleicht die Meinung der Ärzte beachten, die den Rhein als Träger von Krankheitserregern sehen.

Dr. Klaus-Peter Schall, Oberassistent des Hygiene-Instituts der Kölner Universität, meint: "Der Rhein ist wirklich nicht ideal zum Baden." Seit dem vergangenen Jahr habe die Verschmutzung des Wassers zwar nicht zugenommen, aber in den Fluten schwimmen immer noch zu viele Krankheitserreger. Wer im Rhein schwimme, werde zwar nicht gleich krank, aber wer aus Versehen oder weil er als Schwimmer in Not gerät, viel Wasser schluckt, kann sich eine Infektion holen.

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Der Rhein bestehe auch heute noch, trotz verbesserter Umweltschutzgesetze, aus Abwässern. Und noch lange nicht seien alle Kläranlagen so gebaut, dass sie die Abwässer, bevor sie dem Rhein zugeführt werden, gründlich säubern. Schall: "Köln hat nicht die beste Kläranlage." Die Kläranlagen der Bayerwerke in Leverkusen oder in Ludwigshafen seien weitaus besser. "Fast alle Orte an der Ruhr haben zum Beispiel bessere Kläranlagen als wir."

Mit schlechten Nachrichten kamen kürzlich auch die Vertreter der Kölner Wasserwerke von der jüngsten Zusammenkunft der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheingebiet zurück. Sie behaupteten, dass sich die Qualität des Rheinwassers nicht verbessert habe. Im Gegenteil. Die Geruchsbelästigung sei größer geworden und habe sich in den vergangenen drei Jahren verzehnfacht. Die Grenzwert der Giftmengen seien auch 1974 oft überschritten worden.

Am ungefährlichsten ist immer noch das Baden in öffentlichen Schwimmbädern. Das städtische Institut für Lebensmittel-, Wasser- und Luftuntersuchung weist darauf hin, das Chlor im Wasser der Schwimmbäder töte alle Bakterien. Anders sei es dagegen mit Kiesgruben oder Springbrunnen oder sonstigen nicht beaufsichtigen Planschbecken. Auch dort dürfe nicht gebadet werden, weil die warmen Temperaturen ideale Wachstumsbedingungen für Krankheitskeime bieten.

Die sommerlichen Temperaturen werden uns auch in den nächsten Tagen noch erhalten bleiben, wie die Wetterwarte Wahn meldet. Es ist lediglich mit vermehrten Sommerschauern zu rechnen.

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