Falschgeld in KölnPolizei zieht täglich elf Blüten aus dem Verkehr

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Fahndung nach Geldfälscher

Die Polizei sucht diesen Mann - er soll versucht haben, mit einem falschen Fünfziger zu bezahlen

Köln – Zielstrebig betritt der etwa 30-jährige Mann mit dem olivfarbenen Pullover den Kiosk auf der Feldstraße in Humboldt-Gremberg. Er greift zu einer Dose Redbull, geht zum Tresen und streckt dem Verkäufer einen 50-Euro-Schein entgegen. Der nimmt das Geld, merkt sofort: Der Schein ist nicht echt - und ruft die Polizei. Der versuchte Betrug geschah bereits im Dezember voriges Jahr, doch dem Kunden gelang die Flucht. Die Polizei fahndet bis heute mit dem Foto aus einer Überwachungskamera nach ihm.

Immer wieder berichtet die Kripo über solche Taten: Betrüger, die Rolex-Uhren mit Falschgeld bezahlen oder Gebrauchtwagenverkäufer, die erst dann merken, dass der Kunde ihnen Blüten angedreht hat, wenn er mit dem Auto längst verschwunden ist.

Spielgeld und professionelle Blüten werden vor allem Online bestellt

Wie einfach es ist, sich Falschgeld zu beschaffen, beweist schon eine schnelle Recherche im Internet, man muss nicht einmal das Darknet bemühen. Eine simple Google-Abfrage spuckt verschiedene Seiten aus, auf denen Falschgeld angeboten wird: nachgemachte 20er, 50er, 100er; Euro, US-Dollar, kanadische Dollar. Mal mehr, mal weniger gut gemacht. Viele Anbieter werben mit einer Rücknahmegarantie. Geliefert wird meistens innerhalb einer Woche an eine Anschrift der Wahl. Die Preise sind moderat. Ein Händler mit Sitz in Peking etwa verlangt 12,60 Euro für 5000 Euro in falschen 50ern. Gezahlt wird per Kreditkarte.

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Bei den Scheinen, die auf diese Weise mühelos im Internet bestellt werden können, handelt es sich meistens um „Movie Money“, Spielgeld, das zum Beispiel Film- und Theaterproduktionen als Requisite verwenden. Darauf verweisen die Online-Händler offiziell auch stets. Das Papier fühlt sich anders an, gröber als echte Banknoten, außerdem fehlen Sicherheitsmerkmale wie Wasserzeichen oder Hologramm und auf der Rückseite steht meist kleingedruckt so etwas wie „Prop Money“ (Requisitengeld). Auf den ersten Blick aber sehen die Scheine dennoch derart echt aus, dass hierzulande schon der Versuch verboten ist, damit zu bezahlen. Trotzdem tun es viele, auch in Köln zieht die Polizei regelmäßig „Movie Money“ aus dem Verkehr und leitet Strafverfahren ein.

Professionelle Fälscherwerkstätten in Italien und in den Niederlanden

Daneben gibt es die deutlich aufwändiger nachgemachten Euro-Scheine, die auch über die gängigen Sicherheitsmerkmale verfügen, sie werden fast ausschließlich im Darknet angeboten. „Dort kaufen sie Privatpersonen und bringen sie im normalen Zahlungsverkehr in Umlauf, zum Beispiel in Kiosken oder Discountern“, sagt Christoph Schulte von der Kölner Polizei.

Ahmet T. betreibt seit Jahren einen Kiosk in Ehrenfeld. Immer wieder versuchten Kunden, ihm Falschgeld anzudrehen, berichtet er. Meistens in Form von 50-Euro-Scheinen. Der „junge Kerl“ etwa, der erst neulich seinen Laden betreten hätte, habe Zigaretten für zehn  Euro kaufen wollen, erzählt Ahmet T. „Er gab mir einen 50er, aber das Papier fühlte sich anders an als normal. Wenn man wie ich täglich viele Geldscheine in der Hand hat, merkt man das sofort. Ich sagte zu ihm: Ich gebe dir einen guten Tipp: Geh sofort aus meinem Geschäft und komm nie wieder.“ Der Kunde gehorchte, Ahmet T. rief die Polizei. Streifenbeamte konnten den Verdächtigen kurz darauf sogar in der Nähe stellen, Falschgeld aber hatte er nicht mehr bei sich.

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Voriges Jahr wurden nach Erhebungen der Deutschen Bundesbank genau 4126 Falschnoten in Köln entdeckt, also etwa elf pro Tag, in der Mehrzahl 50-Euro-Scheine. Wie viel Falschgeld tatsächlich in der Stadt im Umlauf ist, könne aus der Zahl der sichergestellten Scheine aber nicht seriös abgeleitet werden, betont Christoph Schulte. Fakt ist: Es dürfte immer weniger werden. Denn weil als Folge der Corona-Pandemie zunehmend digital oder mit Karte bezahlt wird, ist deutlich weniger Bargeld im Umlauf. Das stellt auch die Kripo fest: Allein in Köln sank die Zahl der Ermittlungen wegen Falschgelddelikten von ungefähr 2000 im Jahr 2018 auf etwa 1000 im Vorjahr.

Hologramme, Papier und Tinte kommt aus China

Aber wo werden die Blüten produziert? „Die bedeutendsten Fälscherwerkstätten werden durch organisierte kriminelle Tätergruppierungen in Italien sowie den Niederlanden betrieben“, berichtet Schulte. Die Materialien zur Herstellung wie etwa Hologramm-Aufkleber, Papier und spezielle Druckertinte kauften die Fälscher fast ausschließlich in China ein. „Die Täter, die Falschgeld über das Internet verbreiten oder erwerben, nutzen häufig Anonymisierungs- und Verschlüsselungsdienste, die ihre Identifizierung erschweren“, sagt Schulte. Zur Bezahlung würden überwiegend digitale Kryptowährungen wie Bitcoin genutzt.

Fälscherwerkstätten in Deutschland dagegen sind äußerst selten, so wie jene, die die Polizei voriges Jahr in der Kölner Südstadt aushob. Ein Mann aus dem Rhein-Erft-Kreis soll dort Blüten für mehrere hunderttausend Euro hergestellt haben - mit Hologrammpapier aus China und Kopierpapier aus einem Büroladen.

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