Höchste AuszeichnungAlles rund um die Kölner Ehrenbürgerschaft

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Köln – Die Ehrenbürgerschaft ist die höchste Auszeichnung, mit der die Stadt Persönlichkeiten für deren Verdienste um Köln würdigt. Es handelt sich um eine seltene Ehre, im Durchschnitt wird der Titel nur einmal in sieben Jahren verliehen. Umso bemerkenswerter ist es, dass der schweizer Kunstmäzen Gérard Corboud keinerlei Interesse daran zeigt, zum 24. Ehrenbürger ernannt zu werden.

Die zurückhaltende Reaktion des 91-jährigen auf das Angebot aus dem Rathaus lässt auf tiefe Enttäuschung und wohl auch ein gewisses Maß an Verärgerung schließen. Denn die dem Stifter vor Jahren zugesagte Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums lässt weiter auf sich warten. Noch immer gibt es kein eigenes Ausstellungsgebäude für Corbouds Dauerleihgabe von 170 impressionistischen Gemälden.

Im Rathaus hängen Fotos von Ehrenbürgern nach 1945.

Im Rathaus hängen Fotos von Ehrenbürgern nach 1945.

Viel mehr als der wohlklingenden Titel ist mit der Auszeichnung nicht verbunden. „Ehrenbürger haben freien Eintritt in die Oper, das Schauspiel und die Museen“, sagt Stadtsprecherin Inge Schürmann. Außerdem seien sie zu allen städtischen Festveranstaltungen eingeladen. Nach ihrem Tod bereitet ihnen die Verwaltung eine Ehrengrabstätte und sorgt auch für deren Pflege.

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Ehrengräber aus Melaten

Eine Reihe solcher Ehrengräber befinden sich auf Melaten. Hier ruhen beispielsweise Willy Millowitsch, der Gewerkschafter Hans Böckler und sowie die Oberbürgermeister Theo Burauen und John van Nes Ziegler. Jedes Jahr an Allerheiligen legen Mitarbeiter des Grünflächenamtes Kränze mit Schleifen in den Stadtfarben Rot und Weiß nieder.

Die Gemeindeordnung des Landes ermöglicht den Städten das Ehrenbürgerrecht. Welche Kriterien sie anlegen, bleibt den Kommunen überlassen. Beschlüsse über die Verleihung „fasst der Rat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln“, heißt es in den Bestimmungen. Das gleiche gilt, wenn eine Stadt jemanden das Ehrenbürgerrecht entziehen will.

In der Sitzung vom 27. April 1989 erklärte der Stadtrat sämtliche Ehrenbürgerwürden für nichtig, die von 1933 bis 1945 zu Zeiten des Nazi-Regimes verliehen worden waren. Adolf Hitler, Joseph Goebbels, Hermann Göring, Robert Ley und Alfred Rosenberg waren ebenso Kölner Ehrenbürger wie Reichspräsident Paul von Hindenburg. Grundlage für diese Ehrungen war ein 1935 in die Deutsche Gemeindeordnung aufgenommener Passus, nach dem eine Ehrenbürgerwürde nicht nur bei besonderen Verdiensten um die Stadt, sondern auch bei allgemeinen Verdiensten um Volk und Staat verliehen werden konnte.

Die Fraktionen hatten sich zwar schon kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von den Beschlüssen distanziert; offiziell aufgehoben wurden die Entscheidungen jedoch erst viel später.

Unter den 23 Ehrenbürgern befindet sich lediglich eine einzige Frau, die Kunstsammlerin und Stifterin Irene Ludwig. Sie habe sich wie schon ihr Mann und Mitehrenbürger Peter Ludwig „Verdienste um die Kunst, Kultur und Wissenschaft in der Stadt“ erworben, würdigte der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger die Aachenerin. 1999 wurde Burger dann selber die Auszeichnung zuteil. Der einzige noch lebende Ehrenbürger ist der Künstler Gerhard Richter.

Alternative Ehrenbürgerschaft

Seit 2002 besteht zusätzlich zu der vom Stadtrat verliehenen eine alternative Ehrenbürgerschaft. Ein von dem Publizisten Martin Stankowski und dem 2012 gestorbenen Kabarettisten Heinrich Pachl gegründetes Bürgerkomitee würdigt Kölner, die uneigennützig „zum Erhalt und zum Ausbau einer solidarischen Gesellschaft“ beitragen. Zu der 30-köpfigen Runde gehören Musiker wie Stephan Brings, Wolfgang Niedecken und Tommy Engel, der Schriftsteller Günter Wallraff, die Autorin Elke Heidenreich sowie der Kabarettist Jürgen Becker. Der erste, den das Komitee auszeichnete, war der katholische Pfarrer Franz Meurer. 2006 folgte Gunter Demnig, der mit seiner Aktion „Stolpersteine“ an die Verschleppung und Ermordung von Juden erinnert. 2011 wurden Hedwig Neven DuMont, die Vorsitzende des Vereins „wir helfen“, und Kurt Holl, Mitbegründer des „Rom e.V.“ für ihren Einsatz für die Minderheit der Sinti und Roma gewürdigt. Wie es heißt, soll die Auszeichnung 2017 ein weiteres Mal verliehen werden.

Ursprünglich hatte Oberbürgermeistern Henriette Reker geplant, dem Kunstmäzen Gérard Corboud bereits in der Ratssitzung am 17. November die Ehrenbürgerschaft zuzusprechen. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der Politiker hätte sie wohl sicher – im Gegensatz zur Zustimmung der Hauptperson.

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Das sind die Kölner Ehrenbürger

Franz Egon Graf von Fürstenberg-Stammheim, Mäzen und Politiker (1797-1859),

Ernst Moritz Arndt, Freiheitsdichter (1769-1860),

Otto Fürst von Bismarck, Reichskanzler (1815-1898)

Helmuth Graf von Moltke, Generalfeldmarschall (1800-1891)

Heinrich von Stephan, Staatssekretär (1831-1897)

Gustav von Mevissen, Kommerzienrat (1815-1899)

August Reichensperger, Landtagsabgeordneter (1808-1895)

Friedrich Wilhelm von Becker, Oberbürgermeister (1835-1924)

Alexander Schnütgen, Domkapitular und Stifter (1843-1918)

Konrad Adenauer, Oberbürgermeister und Bundeskanzler (1876-1967)

Hans Böckler, DGB- Vorsitzender (1875-1951)

Theodor Heuss, Bundespräsident (1884-1963)

Josef Kardinal Frings, Erzbischof (1887-1978)

Theo Burauen, Oberbürgermeister (1906-1987)

Peter Ludwig, Kunstsammler (1925-1996)

Heinrich Böll, Literaturnobelpreisträger (1917-1985)

Willy Millowitsch, Volksschauspieler (1909-1999)

John van Nes Ziegler, Oberbürgermeister (1921-2006)

Irene Ludwig, Kunstsammlerin (1927-2010)

Norbert Burger, Oberbürgermeister (1932-2012)

Hans Imhoff, Unternehmer (1922 bis 2007)

Alfred Neven DuMont, Verleger (1927-2015)

Gerhard Richter, Künstler (geb. 1932)

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