Kachelmann sagt im NRW-Landtag zur Flut aus„Es war klar, dass etwas Großes passiert"

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Jörg Kachelmann (rechts) im U-Ausschuss. 

Düsseldorf – Nein, der Zeuge möchte seine Maske lieber nicht absetzen. Der Gesundheitsschutz ist Jörg Kachelmann wichtiger als ein Gefallen für die  Fotografen, die dicht vor ihm stehen. Am Freitag um 18.14 Uhr betritt der Meteorologe den Sitzungssaal D03 im Düsseldorfer Landtag, in dem der Hochwasser-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags stattfindet.

Der Schweizer kommt schnell zur Sache, präsentiert den Abgeordneten die Wettermodelle für NRW, die an den Tagen vor der Juli-Flut erstellt wurden. „Es gab keine Unsicherheit bei der Prognose. Mit jedem Tag war dieses besondere Starkregenereignis besser zu sehen“, erklärt der Wetterexperte. Es sei klar gewesen, dass „etwas Großes passieren würde“, so Kachelmann. Sein Wetterdienst habe nach Beginn der heftigen Niederschläge vor einer „extremen Überflutungsgefahr“ für Flusstäler gewarnt. Nach dem massiven Dauerregen am 14. und 15. Juli war es in Teilen von NRW zu einem extremen Hochwasser gekommen, bei dem 49 Menschen ihr Leben verloren Die NRW-Landesregierung schätzt, dass ein Gesamtschaden von 13 Milliarden Euro entstanden ist. Der Ausschuss soll aufklären, ob die Katastrophe vorhersehbar war. Kachelmann beantwortet die Frage klar mit „Ja“. „Es hätte niemand ums Leben kommen müssen, wenn man gemacht hätte, was zu tun gewesen wäre“, bilanziert der Meteorologe.

HannahCloke

Zeugin Hannah Cloke 

Schon im Vorfeld seiner Vernehmung hatte sich der Meteorologe kritisch geäußert. Kachelmann hatte die Behauptung von NRW-Innenminister Herbert Reul, es liege im Wesen von Naturkatastrophen, dass sie nicht vorhergesagt werden könnten, beim Kurznachrichtendienst Twitter mit „Lügner“ kommentiert. In Ländern „mit einem Hauch von gelebter politischer Verantwortung wären die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nicht mehr im Amt sowie die Chefs der jeweiligen Regionalsender der ARD zurückgetreten“, hatte Kachelmann in einem Interview erklärt.

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Vor Kachelmann war eine Professorin vom „European Flood Awareness System“ (EFAS) befragt worden. Hannah Cloke war aus Großbritannien angereist, ihre Aussage wurde von einer Dolmetscherin ins Deutsche übersetzt. Die Professorin für Hydrologie an der britischen Universität Reading brachte eine klare Botschaft mit. Sie habe bereits am 9. Juli Hinweise auf ein Hochwasser in NRW erhalten, sagte Cloke. Anhand der Warnkarten hätte man schon „einige Tage“ vor der Flut erkennen können, wie „katastrophal“ die Lage werden würde.

Das EFAS-System kann Niederschlagsprognosen auch für lokale Hochwasser abgebeben. So können zum Beispiel sogar Sturzfluten an kleinen Flüssen vorhergesagt werden. Warum hat das in NRW nicht funktioniert? Man müsse in den gefährdeten Gebieten in der Lage sein, die richtigen Schlussfolgerungen aus den EFAS-Prognosen zu ziehen:  „Wenn die Leute sagen, sie hätten keine Warnung erhalten, ist irgendwas schiefgelaufen“, so die Professorin.

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