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Beleidigungen im AkkordGegen Kölner Angeklagten laufen mindestens 21 ähnliche Verfahren

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Außenansicht von Amts- und Landgericht Köln

Der heute 46-jährige Angeklagte soll eine Frau aus Neu-Ehrenfeld als „Nazi-Hure“ beschimpft haben.

Eine mutmaßlich durch den Angeklagten beleidigte Zeugin erklärte am Rand der Verhandlung, sie habe bereits über drastische Schritte nachgedacht.

„Er neigt dazu, ‚leidenschaftlich‘ zu sein“, sagte am Montag im Amtsgericht eine Anwältin über ihren Mandanten. Dessen „Leidenschaft“ scheint sich vor allem in Beleidigungen zu äußern. Ein solcher Fall war angeklagt: An einem Augustmorgen im vorigen Jahr soll der heute 46-jährige Mann eine Frau aus der Nachbarschaft in Neu-Ehrenfeld als „Nazi-Hure“ beschimpft haben. „Er hält sich für unschuldig und möchte nichts sagen“, stellte sich seine Verteidigerin vor ihn.

Dann aber teilte sie mit, gegen ihn laufe eine „Vielzahl“ von Verfahren „aus dem gleichen Themenbereich“. Rasch zählte sie eine Liste durch, die sie vor sich liegen hatte, kam auf 21 Fälle und sagte: „Das ist nur ein Auszug.“ Mal seien Leute aus der Nachbarschaft als mutmaßliche Betroffene genannt, mal Fremde. Der 46-Jährige, der Frührentner ist, sei seit Jahren in psychiatrischer Behandlung und ihrer Auffassung nach vermindert schuldfähig. Ein vom Gericht bestellter Gutachter sei allerdings zu einer anderen Einschätzung gekommen.

Amtsgericht Köln: 21 ähnliche Verfahren gegen den Angeklagten

Weil die hier zu erwartende Strafe neben derjenigen, die der Mann wegen anderer angeklagter Taten zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde, biete sich an, das Verfahren einzustellen, sagte die Verteidigerin. Die Richterin und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stimmten zu. So musste die mutmaßlich beleidigte Frau nicht als Zeugin gehört werden. Nachdem ihr die Richterin im Sitzungssaal kurz erklärt hatte, warum ihre Aussage nicht gebraucht werde, klagte die Frau, seit acht Jahren werde sie von dem Angeklagten behelligt.

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„Ich will, dass das endlich aufhört.“ Sofort brauste der 46-Jährige auf und behauptete, im Gerichtsgebäude von ihr „beleidigt und ins Gesicht gespuckt“ worden zu sein. Ebenso von einer anderen Frau aus der Nachbarschaft, die als Zuschauerin hinten im Saal saß und gegen deren Anwesenheit er zu Beginn der Verhandlung protestiert hatte: Sie verbreite nur Klatsch und Tratsch im Viertel.

Andere Zeugin hatte bereits überlegt wegzuziehen

Am Rande des Prozesses sagten beide Frauen, der Angeklagte überziehe Anwohner seit Jahren mit Beleidigungen, schwärze sie bei Ämtern an und erstatte in einem fort Anzeigen. Offenbar brauche er Aufmerksamkeit. Die Zeugin, die nicht gehört worden war, fügte hinzu, sie habe schon mit dem Gedanken gespielt, ihr Haus zu verkaufen und wegzuziehen.