US-Armee in der InnenstadtDas letzte Gefecht vor dem Kölner Dom

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Die US-Truppen vor einem Warnschild am Kölner Dom. „SIGHT SEERS KEEP OUT!“

  • Nach dem schweren Luftangriff am 2. März 1945 leisten deutsche Einheiten nur noch vereinzelt Widerstand gegen US-Infanteristen, die sich Richtung Innenstadt bewegen.
  • Die Hohenzollernbrücke, als letzte Fluchtmöglichkeit, wird durch Pioniere der Waffen-SS gesprengt.
  • Mit Köln wird die erste wichtige deutsche Großstadt eingenommen.
  • Aus unserer Serie: 75 Jahre Weltkriegsende.

Die Lagebeurteilung des gerade abgelösten Kommandierenden Generals ist alles andere als optimistisch: „Das Halten von Köln ist mit den verfügbaren Kräften nur eine Frage von Stunden. Bei der aussichtslosen Situation westlich des Rheins hat – anstelle von Kampfbereitschaft – Resignieren und Apathie bei der Führung und auch bei der völlig ausgelaugten Truppe Platz gegriffen.“ General Friedrich Köchling, Befehlshaber des LXXXI. Armeekorps des Heeres, schreibt diese Zeilen am Morgen des 6. März 1945 an seinen Nachfolger – ohne ihn indessen zum Rückzug aufzufordern. Der schwere Luftangriff vom 2. März hat Köln sturmreif geschossen.

Die Stadt befindet sich im Zustand der Agonie, der Wille zum Kampf bis zum letzten Blutstropfen ist auf deutscher Seite geschwunden, auch bei denen, die noch verkünden, der Volkssturm könne die Amerikaner mit der Panzerfaust aufhalten. Zwei Tage später steht die 3. Panzerdivision (genannt „Spearhead“), die mit zwei Infanteriedivisonen des VII. amerikanischen Korps die Einnahme Kölns durchführen soll, an der westlichen Stadtgrenze; am Morgen des folgenden Tages ergeht der Angriffsbefehl an die Verbände, es beginnt die Aktion „Lumberjack“ (Holzfäller).

Wenig Widerstand der deutschen Einheiten

Von Norden und Westen her bewegen sich US-Infanteristen im Schutze der Panzer Richtung Innenstadt, nur vereinzelt leisten deutsche Einheiten Widerstand. Ursprünglich sollte der Vorstoß durch einen Luftangriff unterstützt werden – doch als Aufklärer melden, die deutsche Artillerie sei im Begriff, sich über den Rhein zurückzuziehen, zudem gebe es in Köln nichts mehr zu bombardieren, lässt man den Plan fallen.

Alles zum Thema Hohenzollernbrücke

In seinem – mit Co-Autor Eric Taylor verfassten – Buch „Frontstadt Köln“ hat Willy Niessen, der 2011 mit 84 Jahren gestorben ist, die Ereignisse jener Tage beschrieben, als Augenzeuge. Niessen, der sich nach dem Luftangriff vom 2. März von seiner zusammengewürfelten Volkssturmtruppe entfernt hat, erlebt den Einmarsch der Amerikaner in der Geldorpstraße in Nippes.

Vom Keller eines zerstörten Hauses aus sehen er und sein Vater noch Grüppchen deutscher Soldaten, die sich zur Hohenzollernbrücke durchschlagen wollen, die als einzige noch nicht zerstört ist. „Am Nachmittag fielen noch hier und da Schüsse, schließlich hörten wir das Geräusch anrollender Panzer. Wir verließen den Keller in dem Moment, als einige US-Panzer, begleitet von Infanteristen, in unsere Straße einbogen. Nachdem uns die GIs mit drohenden Handzeichen bedeutet hatten, aus dem Schussfeld zu verschwinden, kam ein Stoßtruppführer auf uns zu – uns fiel das Herz in die Hose. Doch der Offizier sprach beruhigend auf uns ein und bot uns sogar Zigaretten an.“

Angriff in Richtung Stadtzentrum

Am Abend des 5. März machen die „Spearheads“ im Vorfeld der westlichen und nördlichen Ringe halt, die Amerikaner hoffen, die Stadt schnell erobern zu können – ganz sicher ist man sich aber nicht, einige Kommandeure befürchten Häuserkämpfe in der verwinkelten Straßen. Doch dazu kommt es nicht: Als der Angriff in Richtung Stadtzentrum und Rhein am 6. März beginnt, haben sich fast alle deutschen Einheiten, die die Stadt bis zum letzten Mann verteidigen sollten, schon über die Hohenzollernbrücke oder in Richtung Bonn abgesetzt.

Pioniere der Waffen-SS bereiten am Vormittag die Sprengung der Hohenzollernbrücke vor; um 12.55 Uhr verkündet eine gewaltige Explosion den auf dem Westufer verbliebenen Soldaten, dass mit der Brücke die Fluchtmöglichkeit über den Rhein versunken ist – viele von ihnen fühlen sich verraten und verkauft.

Derweil rollen amerikanische Panzer durch das Eigelsteintor in die Marzellenstraße und über Friesenplatz und Komödienstraße in Richtung Dom. „Nachmittags hören wir heftiges Schießen, Maschinengewehre und Handfeuerwaffen. Anscheinend Kämpfe in der Marzellenstraße, dann ein rollendes Geräusch eines Panzers. Dann ein ankommendes Auto – wir hören englische Laute“, schreibt Stadtdechant Robert Grosche in sein Notizbuch (das nach dem Krieg als „Kölner Tagebuch“ veröffentlich wird).

Der Kampf um Köln ist noch nicht beendet, in der Gereonstraße ist ein Panzerduell im Gange, in dessen Verlauf die Insassen eines zivilen Autos in die Schusslinie geraten und getötet werden. Die Besatzung des Sherman-Tanks feuert schließlich auf eine Häuserwand, die über dem deutschen Panzer zusammenbricht und ihn so ausschaltet.

Panzer-Duell in der Komödienstraße

Zu einem letzten Gefecht kommt es schließlich vor dem Dom, wo ein deutscher Panzer den Vormarsch der US-Truppen für ein paar Stunden zu stoppen vermag, dabei gelingt es ihm, einen Sherman in der Komödienstraße zu zerstören, drei amerikanische Soldaten verlieren ihr Leben. Ein schwerer Pershing-Panzer macht dem Treiben ein Ende und feuert mehrere Sprenggranaten ab – der deutsche „Panther“ geht in Flammen auf. Um 19 Uhr erreichen die „Spearhead“-Panzer die Rampe der Hohenzollernbrücke, schon vorher hatte ein Offizier der Division dem Hauptquartier gemeldet, dass der Rhein erreicht sei.

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„Cologne is captured“ – verkünden am nächsten Tag englische Zeitungen. Die erste wichtige deutsche Großstadt ist eingenommen. Dabei wird übersehen, dass das rechtsrheinische Köln noch bis zum 15. April 1945 als Teil des sogenannten „Ruhrkessels“ in deutscher Hand bleibt und in weitere Kampfhandlungen involviert ist.

Die wenigen Bewohner der linksrheinischen Stadtteile können dagegen aufatmen, für sie ist der Krieg vorbei. Regimegegner, KZ-Häftlinge und zahlreiche ausländische Zwangsarbeiter werden von den Amerikanern aus den Nazi-Kerkern und Außenlagern geholt, für sie sowie für deutsche Deserteure und die wenigen Juden, die in ihren Verstecken überlebt haben, ist der 6. März im Wortsinne ein Tag der Befreiung.

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