„Wir wollen keine Zelte”Stadt Köln öffnet Notunterkunft für Geflüchtete in der Messe

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Geflüchtete Köln Messe 2 gepixelt

Die Geflüchtete aus der Ukraine kommen am Kölner Hauptbahnhof an. Sie sollen künftig auch in einer Messehalle unterkommen.

Köln – In der Messehalle wird gehämmert und montiert. Arbeiter wuchten Holzbänke von Paletten auf kleine Hubwagen, andere fahren diese dann durch den Raum. In der unteren Ebene haben die Männer und Frauen von der Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk und der Messe schon ganze Arbeit geleistet.

Hier stehen bereits die Kabinen mit insgesamt 550 Plätzen, in denen ukrainische Flüchtlinge sich für einige Tagen aufhalten und zur Ruhe kommen sollen. Im oberen Bereich, in dem noch einmal so viele Plätze entstehen, ist man noch nicht ganz so weit. Am Mittwoch sollen dann auch diese Plätze zur Verfügung stehen.

Bisher 2100 Geflüchtete in Köln

Auch an Tag 20 des Krieges in der Ukraine fliehen tausende Menschen, die auch in Köln ankommen. Bislang habe die Stadt 2100 Geflüchtete untergebracht, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei der Vorstellung der Unterkünfte in der Messe am Dienstag. Weil die Plätze in der Unterkunftsreserve mit 1500 Plätzen bereits erschöpft sei, richteten Stadt, Feuerwehr und Messe mit Hochdruck die Messehalle als Notunterkunft ein.

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1100 Plätze werden hier bereitgestellt. Es gibt 25 Quadratmeter große Kabinen, die mit Trennwänden von anderen Kabinen separiert sind, damit die Menschen zumindest eine gewisse Privatsphäre haben. Hier gibt es Feldbetten, einen Tisch, Bänke und WLAN, damit die Geflüchteten in Kontakt mit Angehörigen bleiben können.

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Übersicht in der Messehalle 3

Die ersten Flüchtlinge werden bereits am Dienstagnachmittag in der Messe erwartet. In der Unterkunft sollen die Flüchtlinge nur wenige Tage bleiben, bis andere Plätze bereitstehen, sagte der Leiter der Feuerwehr, Christian Miller. In der Halle gibt es einen Bereich, in dem die Geflüchteten verpflegt werden.

Kinderbetreuung ist vorgesehen

Zusätzlich sei eine Kinderbetreuung vorgesehen, weil derzeit vor allem Frauen mit Kindern aus der Ukraine flüchten. Mitarbeiter des Gesundheitsamts böten Corona-Tests an und bei Bedarf auch Impfungen. Zudem würden Sozialarbeiter im Gespräch mit den Flüchtlingen etwa aufenthaltsrechtliche und andere Fragen versuchen zu klären.

Sozialdezernent Harald Rau erinnerte an die Not der Geflüchteten. „Die Menschen, die uns erreichen, wurden aus ihrem normalen Leben gerissen. Diese Menschen haben alles verloren: Häuser, Familien, Heimat.“ Die Stadt sei nun gefragt, den Menschen Sicherheit, Verpflegung und ein Dach über dem Kopf zu bieten. Unklar bleibt weiter, was passiert, wenn auch die Messehallen belegt sind. Ziel sei es, so Rau, die Menschen in festen Unterkünften unterzubringen. „Wir wollen keine Zelte.“

OB Reker fordert Hilfe vom Bund

Oberbürgermeisterin Henriette Reker forderte Bund und Land NRW auf, die Kommune bei der Unterbringung der Geflüchteten besser zu unterstützen. „Vor bald drei Wochen hat der furchtbare Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine begonnen. Seitdem kommen viele Menschen aus Angst und Not zu uns nach Deutschland, weil sie Schutz vor Putins Krieg suchen", sate Reker. „Aber noch immer scheint das Prinzip Zufall zu regieren. Es gibt noch immer keine geordnete Verteilung der Menschen, die zu uns kommen. Das wird nicht mehr lange gut gehen.”

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Die Bundesregierung müsse jetzt ein System aufsetzen, dass eine Verteilung nach Kapazitäten sicherstellt. „Derzeit kommen viele Menschen in große Städte wie zu uns nach Köln, weil sie von diesen Städten schon einmal gehört haben oder sie kennen. Das kann aber auf Dauer nicht funktionieren.”

Benötigt würden zentrale und regionale Drehschreiben, die sich um die geordnete Verteilung kümmern. „Viele Kommunen haben in den vergangenen Tagen unter enormen Einsatz und großer Unterstützung der Zivilgesellschaft und Vereinen mehr Geflüchtete aufgenommen. Jeden Tag kommen allein in Köln mehrere hundert Menschen an. Wir können sie bald nicht mehr alle aufnehmen. Die Zeit drängt.“

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Harald Rau (v.l.), Henriette Reker und Christian Miller

Miller machte deutlich, dass die Folgen des Krieges in der Ukraine für die Stadt eine extreme Herausforderung darstelle. Die Regelstrukturen reichten nicht mehr aus, man befinde sich im Katastrophenschutzmodus. „Wir brauchen Bund und Land, um die Lasten zu verteilen.“

Zum Prozedere sagte Miller, man versuche die Flüchtlinge, die am Hauptbahnhof ankämen, zunächst in anderen Unterkünfte, auch im Umland oder im Land NRW, unterzubringen. Klappe dies nicht, würden die Menschen zur Messe gebracht. Auch die Messehalle 4 könne mit weiteren 400 Plätzen belegt werden. Diese sei allerdings nicht mit einzelnen Kabinen ausgestattet, sondern lediglich mit Feldbetten.

Güler fordert Wohnungsvermittlung vom Bund

Die Kölner Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) forderte, dass der Bund mehr Verantwortung übernehmen solle. „Die Kommunen leisten seit Beginn der Flüchtlingsströme Enormes, gerade bei der Versorgung der Geflüchteten – der Bund muss sie bei der Organisation unterstützen“, teilte die CDU-Politikerin mit.

Es müsse eine Übersicht über die Unterbringungsmöglichkeiten in den Kommunen geben. Zudem müsse der Bund Wohnungsvermittlungsbörsen einrichten, damit Flüchtlingen nicht unseriösen Anbietern in die Hände fielen. „Die Frauen sind vulnerabel und befinden sich in einer besonderen Notlage – dass diese von einigen Menschen skrupellos ausgenutzt wird, finde ich gerade als Frau erschreckend.“

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Der obere Teil der Messehalle wird noch für Flüchtlinge vorbereitet.

Christian Joisten, Fraktionschef der SPD im Rat, verlangte, dass der Bund die Kommunen finanziell unterstützen müsse. Die SPD begrüße daher das Sonderprogramm Flüchtlingseinrichtungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau. „Mit dem Geld können bestehende Einrichtungen für Geflüchtete modernisiert oder komplett neue geschaffen werden - ein wichtiger Beitrag in schwierigen Zeiten.“ Die Stadtverwaltung müsse sich nun so schnell wie möglich darum kümmern, dass Mittel nach Köln fließen.

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