Keine RevisionUrteil gegen Priester Ue. wegen Missbrauchs rechtskräftig

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Priester Ue. dpa

Der angeklagte katholische Priester Ue. 

Köln – Das Urteil im Prozess gegen den Priester und Seriensexualstraftäter Hans Ue. ist rechtskräftig. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen erfuhr, verzichtet die Verteidigung auf die nach der Urteilsverkündung am 25. Februar angekündigte Revision beim Bundesgerichtshof.

„Es gehört zur Professionalität, die weiteren Schritte im Licht der schriftlichen Urteilsbegründung zu erwägen“, sagte Ue. Verteidiger Rüdiger Deckers dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nach reiflicher Überlegung seien sein Mandant und er zu dem Schluss gekommen, dass das Urteil „nach allem, was geschehen ist, akzeptabel ist“.

Die zweite große Strafkammer des Landgerichts Köln hatte den 70 Jahre alten Ue. wegen sexuellen Missbrauchs in 110 Fällen, begangen an insgesamt neun Minderjährigen in der Zeit von 1993 bis 2018, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Im laufenden Prozess erweiterte die Staatsanwaltschaft die Anklage, weil sich weitere Opferzeuginnen meldeten und von Taten berichteten, die bis in die jüngste Vergangenheit reichten. Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann ließ den Angeklagten wegen Wiederholungsgefahr in U-Haft nehmen.

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Fall von Priester Ue: Strafanzeigen gegen Kirchenfunktionäre

Nach dem Urteil gab es eine Reihe von Strafanzeigen gegen aktive und ehemalige Spitzenvertreter des Erzbistums Köln – unter ihnen Kardinal Rainer Woelki, sein Generalvikar Markus Hofmann und der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße - wegen möglicher Verfehlungen bei der Aufklärung und Verhinderung von Missbrauchsvergehen durch Ue. Die Staatsanwaltschaft Köln prüft nach eigenen Angaben, ob hinreichende Verdachtsmomente zur Einleitung von Ermittlungen vorliegen. Das inzwischen schriftlich vorliegende Urteil gilt hierfür als entscheidende Grundlage.

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Ue. war bis 2019 unbehelligt im Dienst des Erzbistums tätig. Erst dann untersagte ihm Woelki die Ausübung des priesterlichen Dienstes, allerdings ohne konkrete Auflagen zu verhängen wie ein Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen. Der vom Gericht betrachtete Tatzeitraum endete zwar 2018, weil eines der Opfer damals 16 Jahre alt wurde. Es ist aber davon auszugehen, dass die Taten selbst damals weitergingen.

Erste Anzeige gegen Ue. bereits 2010

Schon 2010 hatten zwei Nichten Ue.s ihren Onkel wegen Missbrauchs in den 1990er Jahren in Gummersbach angezeigt. Der Fall wurde von der Kirche nicht weiterverfolgt, als die Nichten sich unter dem Druck ihrer Familie auf das Zeugnisverweigerungsrecht beriefen und die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellte.

Ue. wurde daraufhin unter dem damaligen Kardinal Joachim Meisner ohne Auflagen, Kontrollen oder Informationen an seine direkten Vorgesetzten wieder in der Seelsorge eingesetzt. In der Folge beging er erneut schwerste Sexualstraftaten. In der Urteilsverkündung kritisierte Kaufmann das Verhalten der kirchlich Verantwortlichen scharf.

Nebenklägerinnen erleichtert

Die beiden Nichten, die nun gemeinsam mit ihrer Schwester und einem weiteren Opfer aus dem Jahr 2011 als Nebenklägerinnen im Prozess aufgetreten waren, zeigten sich über die Rücknahme der Revision erleichtert. „Das haben wir so nicht erwarten können“, sagte die heute 35 Jahre alte Anke S. dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Mit der Revision habe ihr Onkel signalisiert, dass er mit dem Urteil nicht einverstanden sei. „Es ist ein gutes Gefühl, dass er das Urteil jetzt doch zu akzeptieren scheint. Damit kommt die Sache auch für uns zu einem Abschluss.“

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