Kommentar zu Greensill-AnlageUngutes Eigenleben der Bühnen könnte fatale Folgen haben

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Oper Köln Roll

Die Kölner Oper

Es ist nicht verboten, ein Risiko einzugehen – auch bei einer Geldanlage. Jeder Privatmann kann sich überlegen, wem er sein Erspartes anvertraut: Geht er lieber zur soliden Sparkasse um die Ecke – oder vertraut er einem Institut, bei dem er nicht mal eben vorbeischauen kann, dessen Zinsversprechen aber deutlich verlockender sind. Und die auch mal blind machen können für das Risiko, das sich dahinter verbirgt. Diese Freiheit gilt natürlich auch für institutionelle Anleger – immer im Rahmen der Regeln, unter denen sie jeweils agieren müssen. So gesehen haben auch die Bühnen der Stadt Köln eigentlich nichts falsch gemacht: Die Stadttochter, organisiert in der Zwitterform einer „eigenbetriebsähnlichen Einrichtung“, musste kurzfristig große Summen anlegen. Und wollte Verluste vermeiden.

Greensill-Pleite lässt Investition aus dem Ruder laufen

Die Sache ist allerdings durch die Greensill-Pleite gründlich aus dem Ruder gelaufen, die dort angelegten 15 Millionen Euro sind vermutlich weg. Und weil es bei den Kölner Bühnen seit Beginn der Großsanierung von Oper und Schauspiel vor knapp neun Jahren unselige Tradition hat, dass Dinge aus dem Ruder laufen, lohnt es sich, hier genauer hinzuschauen.

Denn während alle Beteiligten des Sanierungsdebakels jede persönliche Verantwortung bis heute entrüstet von sich weisen, gibt es bei der Anlagen-Affäre durchaus einen, der den Hut aufhat. Denn wofür wäre Direktor Patrick Wasserbauer zuständig, wenn es neben ihm sowohl einen technischen Betriebsleiter (der für die Sanierung zuständige Bernd Streitberger) als auch zwei künstlerische Chefs (die Intendanten von Schauspiel und Oper) gibt? Genau, für die Finanzen. So gesehen hätte Wasserbauer die Risiken einer Greensill-Anlage Ende Januar durchaus bedenken müssen.

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Mehr als fragwürdig ist allerdings, dass der Finanzchef eines mittelgroßen städtischen Unternehmens mit 750 Mitarbeitern überhaupt mit Millionensummen auf dem Finanzmarkt jongliert, statt sich ausschließlich um die unablässig weiter steigenden Kosten der Opernsanierung zu kümmern. Wenn dann noch ein externer Berater ins Spiel kommt, den nicht etwa die Bühnen, sondern die Banken bezahlen, sollten alle Alarmglocken schrillen.

Wasserbauer legte 64,5 Millionen Euro an

Doch selbst wenn – niemand hätte die Glocken hören können. Denn Wasserbauer legte im Januar und Februar dieses Jahres zwar freihändig die stolze Summe von insgesamt 64,5 Millionen Euro auf dem Finanzmarkt an. Die Stadtkämmerin von den Transaktionen zu informieren, hielt man aber nicht für nötig. Und die Politik, die mit dem Bühnenausschuss des Stadtrats sogar ein eigenes Kontrollgremium installiert hat, ahnte nichts.

Das ungute Eigenleben der Bühnen könnte also nach dem Operndebakel von 2015 erneut fatale Folgen haben. Doch jetzt muss die Stadtspitze zwingend handeln. Erneut die Augen zu verschließen, während die Bühnen die Karre an die Wand fahren, wäre hochgradig verantwortungslos.  

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