Ebertplatz, Neumarkt und Co.Wie Kölner Dealer sich den Drogenmarkt aufteilen

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Ein Polizist zeigt eine sichergestellte Tüte Haschisch und Drogengeld während einer Razzia der Polizei gegen Drogendealer am Ebertplatz in Köln.

Ein Polizist zeigt eine sichergestellte Tüte Haschisch und Drogengeld während einer Razzia der Polizei gegen Drogendealer am Ebertplatz in Köln. (Symbolfoto)

Wo kommen die Drogen her, die in Köln konsumiert werden und wer beherrscht die Szene der Drogen-Hotspots der Stadt?

Samstagabend am Ebertplatz. Die Dunkelheit senkt sich auf einen der hässlichsten Plätze Kölns. Junge Dealer drücken sich unten auf der Platte in eine Ecke, ein kurzes Gespräch, dann wechselt ein Päckchen den Besitzer. Passanten werden beim Vorbeigehen argwöhnisch beobachtet. Oben an der Rolltreppe lungern andere Männer herum, um neue Kundschaft abzupassen oder jungen Mädchen auf dem Weg zur U-Bahn Avancen zu machen.

Meist wird hier Marihuana gehandelt, inzwischen stellen die Rauschgiftfahnder aber auch vermehrt Kokain fest. „Es handelt sich meist um Migranten aus Guinea“, heißt es bei der Polizei über den Ebertplatz. Über die Hintermänner und Lieferanten wissen die Ermittler nur wenig. Fakt ist, dass andere Gruppierungen auf dem großen Drogenmarkt am Rhein die Verkehrsschleuse von der Nord- in die Innenstadt meiden. Versuche von Marokkanern, hier auch einen Schwarzmarkt für Heroin zu installieren, scheiterten.

Drogen aus Südamerika – Operationsbasis in Köln-Kalk

Wiener Platz, Kalk, das Kwartier Latäng, die Ringe, das Quartier rund um den Hauptbahnhof sowie der Kölnberg – die Namensliste der Drogenhotspots lässt sich leicht verlängern. Hier scheinen die Territorien regelrecht unter den Rauschgiftgangs aufgeteilt zu sein. Marokkaner verkaufen meist Gras und Haschisch im Uni-Viertel und auf der Zülpicher Straße.

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Albaner beherrschen in Köln den Kokain-Handel. Die Bosse holen Landsleute aus ihrer Heimat als Straßenverkäufer herein. „Wird einer erwischt, kommen neue Männer aus Albanien, die das Geschäft übernehmen“, erklärt ein hochrangiger Ermittler. Teils besitzen die Drahtzieher vom Balkan ihre Operationsbasis in Kalk. Dort werden Straßen mit entsprechenden Bunkerwohnungen streng überwacht. Bandenmitglieder stehen bereits an den Zuwegen Schmiere. Den Stoff beziehen die albanischen Gruppierungen aus Südamerika über die großen Seehäfen in Rotterdam oder Antwerpen.

Kölner Neumarkt – zwischen Shoppingmeile und Drogen-Hotspot

Auch mischen Rocker-Charter der Hells-Angels mit. Gerade in den Amüsierschuppen auf den Ringen übernehmen die Kuttenträger die Security. „Wer die Tür in den Discos hat, der kontrolliert, welcher Stoff reinkommt“, hatte bereits vor Jahrzehnten der damals Leitende Polizeidirektor Winrich Granitzka bekundet.

Daran hat sich offenbar nichts geändert. Nur dass seinerzeit arabische oder türkische Gruppierungen die Macht auf den Ringen hatten. Heute sind es Kuttenträger mit dem gleichen Migrationshintergrund oder albanische Bosse.

Heroin, Crystal Meth oder Opium verteilen sich meist auf türkische oder iranische Dealer. Samstagmittag auf dem Neumarkt. Während Menschen an den Bahnsteigen der KVB auf die nächste Linie warten und Kauflustige sich durch das Gewühl wuseln, schleppen sich Junkies durch die Menge hin zu einem der Straßendealer. In der Szene heißen die Verkäufer „Läufer“.

Die Linie 1 fährt an einigen Passanten am Neumarkt vorbei.

Der Neumarkt gilt als Drogen-Hotspot in Köln.

Die Preise sind enorm gesunken. Kostete ein Gramm Koks früher 50 Euro, sind heute mitunter nur 20 Euro fällig. Für einen Bubble mit 0,6 Milligramm Heroin verlangen die Läufer inzwischen nur noch zehn bis 15 Euro auf der Straße, so viel wie für ein Gramm Gras oder Haschisch.

Arbeit im Austausch für Drogen in Köln

Zuvorderst beherrschen iranische Großhändler das Geschäft am Neumarkt. Männer wie Hafsan S. (Name geändert), genannt Arash, soll laut Staatsanwaltschaft die Heroin-Szene am Drogenplatz Nummer eins in der Stadt in Teilen koordiniert haben. Der muskulöse Gangster, 30, belieferte die meist selbst abhängigen „Läufer“ mit Heroin.

Wer nicht spurte, den soll Arash auf Linie gebracht haben. Die Verkäufer mussten nur für ihn arbeiten. Den Stoff erhielten sie auf Kommission. Traten finanzielle Unregelmäßigkeiten auf, drohten drakonische Strafen. So zumindest lauteten Aussagen von Dealern, die für den Bandenchef gearbeitet hatten.


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Bei ihren Nachforschungen im Jahr 2021 stießen die Drogenfahnder auf weitere iranische Banden, die einer strengen Hierarchie folgten. So agierte das Brüderpaar S. (Name geändert) arbeitsteilig. Der eine besorgte den Stoff in größeren Mengen, der andere lenkte ebenfalls Dealer am Neumarkt.

Hier vertickte die Bande Stoff mit einem Reinheitsgehalt von gerade einmal 20 Prozent. Akribisch führte man Buch über die Lieferungen nebst den Bar-Einnahmen. Zugleich suchte Rauschgifthändler S. stets nach neuen Bunkerwohnungen. Außerdem beschaffte er für seine Straßenverkäufer Quartiere und Handys. Gegen Geld natürlich.

700 Kilogramm Opium nach Köln geschmuggelt

Die Nachforschungen der Kripo führten zu weiteren Verkaufsstandorten nahe der Bahnhaltestelle „Universität“ und auf dem Wiener Platz. Die Beschuldigten wurden nach und abgeurteilt. Einer der Brüder wurde verhaftet, dealte aber nach seiner Verschonung vom Untersuchungsgefängnis weiter. Er musste seine Heroinsucht finanzieren.

Der Eingang zur U-Bahn-Haltestelle Wiener Platz.

Die Haltestelle des Wiener Platz im Winter (Symbolfoto).

Erneut wanderte der Beschuldigte, der 2016 im Zuge der Flüchtlingswelle eingereist war, in den Knast. Im November 2022 wurde der Iraner zu fünfeinhalb Jahren verurteilt. Da der Beschuldigte fortlaufend Heroin rauchte, verfrachtete das Gericht den Angeklagten in eine Drogentherapie. Im Erfolgsfall könnte er in einigen Monaten wohl wieder entlassen.

Ganz anders sieht es bei den großen Akteuren in Köln aus. Mostafa L. (Name geändert) muss sich vom 16. August an vor dem Kölner Landgericht verantworten. Laut Justizsprecher Jan Orth soll der Iraner mit vier Komplizen 700 Kilogramm Opium und einige Kilo Kokain aus seiner Heimat nach Köln geschmuggelt haben. Im Iran gehört das Rauchen von Opium auch in höheren Kreisen zum guten Ton. Durch seine Kontakte hatte der Angeklagte kein Problem, von Köln aus bundesweit einen höchst lukrativen Drogenhandel aufzubauen.

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