Kölner Feuerwehr schlägt AlarmKein Durchkommen wegen Falschparkern

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Kein Platz zum Rangieren: Falsch abgestellte Autos auf der linken Straßenseite machen es dem Feuerwehr-Fahrzeug unmöglich, von der Wallstraße in Mülheim aus nach rechts abzubiegen.

Kein Platz zum Rangieren: Falsch abgestellte Autos auf der linken Straßenseite machen es dem Feuerwehr-Fahrzeug unmöglich, von der Wallstraße in Mülheim aus nach rechts abzubiegen.

Köln – Unvermittelt und mit einem Ruck gerät die gesamte Fahrzeugkolonne ins Stocken. Es geht in Zentimeterabständen vor, zurück und zur Seite. Dann ist Schluss. Kein Durchkommen möglich. Drei Autos blockieren die Kreuzung von Wall- und Stürmerstraße in Mülheim, in die der Löschwagen der Feuerwache neun aus Buchheim an der Spitze des Trosses einbiegen will. Zwei weitere Wagen stehen am rechten Straßenrand, obwohl dort Halteverbot ausgeschildert ist.

Ein anderer Weg kostet sehr viel Zeit

Durch die Falschparker verengt sich die Fahrbahnbreite bis unter das vorgeschriebene Mindestmaß von drei Metern. Der Platz ist knapp, der zum Rangieren benötigte Wendekreis des Lkw ist dafür viel zu groß. Einen anderen Weg zu suchen würde sehr viel Zeit kosten. Die ist nicht vorhanden, denn bei einem Feuer kann es auf jede Sekunde ankommen. Die Konsequenz: Die Autos müssen sofort weg, sonst kann der Einsatztrupp der Brandbekämpfer nicht durch.

Das Szenario ist nur eines von mehreren ähnlichen an diesem Tag in Mülheim. Es ist glücklicherweise kein Ernstfall, sondern bei einer gemeinsamen Kontrollfahrt von Feuerwehr und Ordnungsamt entstanden. Die Rahmenbedingungen aber sind übertragbar auf Tag für Tag mögliche Notsituationen im gesamten Stadtgebiet. Denn die Berufsfeuerwehr und das Ordnungsamt der Stadt Köln verzeichnen seit etwa einem Jahr einen massiven Anstieg an Fällen, bei denen die Einsatzkräfte behindert werden. Darum haben sie mit der Stadt im Mai die Kampagne „Rücksicht … rettet Leben!“ gestartet.

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Frank Lepke vom Ordnungsamt kontrolliert die Fahrbahnbreite (l.), ein Kollege überwacht das Abschleppen.

Frank Lepke vom Ordnungsamt kontrolliert die Fahrbahnbreite (l.), ein Kollege überwacht das Abschleppen.

„Wir wollen damit rechtzeitig auf eine dramatische Entwicklung aufmerksam machen, bevor das Problem wirklich massiv und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich wird“, sagt Christian Heinisch, Sprecher der Kölner Berufsfeuerwehr.

789 Falschparker

Die entsprechenden Zahlen dazu liefert Frank Lepke, Leiter des Verkehrsdienstes beim Ordnungsamt. So hätten seine Kollegen „789 Fälle von Fehlverhalten“ (Falschparken) festgestellt und in 108 davon „die Sicherstellung des Fahrzeugs veranlasst“, es also abschleppen lassen.

„Das sind die Zahlen aus dem ersten Quartal 2018 und ein Anstieg von mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, erläutert Lepke. Erklären können sich der Ordnungsbeamte und der Feuerwehrmann diese drastische Zunahme nicht. „Jeder, der sich in einer Notsituation befindet, erwartet zu Recht, dass ihm dann schnell geholfen wird. Es ist rücksichtslos, das bei der tagtäglichen Suche nach einem Parkplatz zu ignorieren“, findet Christian Heinisch. „In vielen Fällen reagieren die Fahrzeughalter zwar schnell und einsichtig, es gibt aber auch Situationen, in denen der Ordnungsdienst Beschimpfungen und Ausreden erlebt“, fügt Lepke hinzu. „In dem Viertel hier hat es noch nie gebrannt“, oder „Wo soll ich das Auto denn hinstellen, wenn es keine Parkplätze gibt?“, seien beispielhafte Rechtfertigungsversuche.

Frank Lepke vom Ordnungsamt kontrolliert die Fahrbahnbreite (l.), ein Kollege überwacht das Abschleppen.

Frank Lepke vom Ordnungsamt kontrolliert die Fahrbahnbreite (l.), ein Kollege überwacht das Abschleppen.

Die Feuerwehr und das Ordnungsamt führen seit Kampagnenstart verstärkt sogenannte Anfahrtskontrollen durch. Dabei wird eine Strecke im Stadtgebiet überprüft, ob sie durch Falschparker behindert wird. Bewusst kommt dabei ein „kleiner“ Feuerwehrwagen (siehe Bild) zum Einsatz. „Aber wenn der schon nicht durch passt, dann hat der große Leiterwagen mit einer Breite von 2,50 Meter und einer Länge von elf Metern garantiert keine Chance“, sagt Heinisch.

Ein 15-Jähriger verlor sein Leben

Die gemeinsamen Aktionen finden seit 2001 immer wieder statt. Tragischen Anlass bot ein Brand in der Eichstraße in Nippes. Damals traf die Feuerwehr zu spät ein – mit dramatischen Folgen, weil ein Parksünder den Weg verstellt hat. Ein 15-jähriger Austauschschüler aus Frankreich verlor sein Leben.

„Das Problem ist immer noch aktuell, nimmt sogar zu“, sagt Heinisch. „Die Feuerwehr wird nicht nur vor den Zufahrten, sondern auch auf der Anfahrt zu Einsatzorten häufig von Falschparkern behindert.“ In diesen Fällen hilft die Feuerwehr sich Heinisch zufolge selbst und sorgt mit eigenen Mitteln und Kräften dafür, dass sie ihren Weg fortsetzen kann.

„Einsatzleiter und Fahrzeugführer müssen dann im Einzelfall entscheiden, wie vorgegangen wird“, schildert Heinisch die Erfahrungen aus der Praxis. Das habe auch mit möglichen strafrechtlichen Folgen für die Feuerwehrleute zu tun. Er lässt den Blick über die verstellte Abzweigung von der Wallstraße schweifen, zögert kurz, um dann aber mit fester Stimme zu sagen: „Im Ernstfall und wenn ich am Steuer des Einsatzwagens sitzen würde, dann hätten die falsch geparkten Autos hier im Zweifel eher keine Außenspiegel mehr.“

So geht Parken richtig

Für Einsatzfahrzeuge sind gekennzeichnete Flächen und Zufahrten freizuhalten. An Kreuzungen und Einmündungen dürfen Autos nicht und allgemein nur so parken, dass Einsatzfahrzeuge durchkommen. Damit Retter rangieren und arbeiten können, sind mindestens drei Meter Straßenbreite nötig.

Der Verkehrsdienst im Ordnungsamt hat für Hinweise die Hotline ☎ 221-320 00 erstellt.

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