„Dreijesteen voll Östrogen“„Rote Funken“ und Expertinnen diskutieren über weibliches Dreigestirn

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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sitzen in einem gemauerten Kellergewölbe auf Sesseln.

V. l.: Heinz-Günther Hunold, Tanja Wolters, Monika Salchert, Sarah Brasack und Nici Kempermann

Beim „Ülepooz-Gespräch“ von „Roten Funken“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“ ging es um die Chance für ein weibliches Dreigestirn in Köln.

Vielleicht war der Auftritt der Band „Kempes Feinest“ auf der jüngsten Prinzenproklamation nur die Initialzündung für eine längst überfällige karnevalistische „Revolution“. Frontfrau Nici Kempermann sang dort im weißen Glitzerkleid von einem „Dreijesteen voll Östrogen“. Prinz, Bauer und Jungfrau nicht mehr nur von Männern verkörpert? Was durchaus zeitgemäß und selbstverständlich klingt, schien nicht allen im Saal zu gefallen. Genug Gesprächsstoff also für ein „Ülepooz-Gespräch“ zur Rolle der Frauen im traditionellen Karneval.

Zur Podiumsdiskussion hatten die „Roten Funken“ in Kooperation mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in die Ulrepforte eingeladen, dem „Epizentrum der Männergesellschaft“, wie es Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold ausdrückte. Denn das dort beheimatete Traditionscorps nimmt – Oberbürgermeisterin Henriette Reker gehört zu den wenigen Ausnahmen – nur Männer auf. In der Runde um Moderatorin Sarah Brasack, stellvertretende Chefredakteurin des „Kölner Stadt-Anzeiger“, zeigte sich Hunold dennoch liberal in der Dreigestirn-Frage, wenngleich er zuweilen Gegenwind verspüre: „Der Mensch ist leider Gottes in vielen Dingen ein Herdentier.“

Zeit ist reif für weibliches Kölner Dreigestirn

Die Zeit für ein weibliches Trifolium sei aber reif: „Wir sind längst an einem Punkt, wo wir sagen müssen: Was soll das alles?“ Das sahen die übrigen Gesprächsteilnehmerinnen ähnlich: „Nach meinem Dafürhalten ist noch nie so offen über das Thema weibliches Dreigestirn gesprochen worden“, so Karnevalsexpertin und Buchautorin Monika Salchert. Wie ein schlechter Büttenwitz klang jedoch, was sie aus der Historie des Kölner Karnevals berichtete. Bis in die 1970er Jahre sei Frauen der Zugang zum Rosenmontagszug unter anderem mit der Begründung verwehrt worden, der Zug werde sonst zu lang.

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Der „Colombina Colonia“ als erster Kölner Damen-Karnevalsgesellschaft sei zwar vor mehr als 20 Jahren die Teilnahme am „Zoch“ gestattet worden, allerdings musste sie sich mit einem Platz hinter dem Prinzenwagen und vor der Kehrmaschine zufriedengeben. Und noch immer seien in den Zelten die „Ausziehen“-Rufe zu hören, so Nici Kempermann. Wie sich gleichzeitig der Karneval verändert hat, weiß wohl niemand so gut wie Biggi Fahnenschreiber, 91-jährige Tanzlehrerin und seit Ende der 1940er Jahre im Karneval aktiv.

Weitere Öffnung der Kölner „Roten Funken“ unwahrscheinlich

Als sie angefangen habe, habe sie gelernt, „dass man als Frau nichts ist“, sagte sie aus dem Publikum heraus: „Erst in den 1970er Jahren wurden sie gefördert.“ Dass das Miteinander von Mann und Frau im Karneval funktionieren kann, ist auch Tanja Wolters Erfahrung. Die Präsidentin der geschlechtsgemischten KG Frohsinn war Tanzmariechen bei den Roten Funken. Sie blickt gern auf ihre Zeit als einzige Frau in der „Männergesellschaft“ zurück. Ihren Sonderstatus habe sie irgendwann nicht mehr wahrgenommen: „Man ist eine Gemeinschaft.“ Sie selbst wolle gar nicht „Prinz“ werden, gab Nici Kempermann zu verstehen, ihr Song sei vielmehr als Anstoß für „die Frauen da draußen“ gedacht: „Ich glaube, dass es nichts verändert, wenn eine Frau im Dreigestirn wäre, außer, dass es etwas besser aussehen würde.“

Es gehe auch um Vorbildfunktionen für junge Mädchen. Doch wünschten sich die Diskussionsteilnehmerinnen auch etwas mehr Unterstützung seitens der männlichen Jecken, von ihnen müsse eine Art Starthilfe kommen. Gleichzeitig sei der Wille der Jeckinnen nötig, so Monika Salchert: „Ansprüche muss man auch durchsetzen, wir dürfen nicht immer warten, bis man uns was gibt.“

Kölner „Rote Funken“: „therapeutische Männergruppe“

Noch zwei Jahre werde es bis zum ersten Frauen-Trifolium dauern, so ihre Prognose. Dass die Roten Funken sich der Damenwelt weiter öffnen als bisher, ist hingegen eher unwahrscheinlich. Es müsse sowohl reine Männer- als auch reine Frauengesellschaften geben dürfen, so Heinz-Günther Hunold. Und die Roten Funken seien eben eine „therapeutische Männergruppe“.


Eine Ausstellung mit Fotoportraits der „Roten Funken“

Eine Ausstellung mit Fotoportraits der„Roten Funken“von Vera Drewke und Stefan Worring wurde in der Ulrepforte eröffnet.

Eröffnet wurde in der Ulrepforte am Sachsenring eine Ausstellung mit Fotos des „Kölner Stadt-Anzeiger“-Redakteurs Stefan Worring und der Fotografin Vera Drewke. Die Aufnahmen zeigen die Funken auf Reisen und uniformiert an ihren Arbeitsstätten während der Corona-Pandemie. Zu sehen ist die Ausstellung voraussichtlich acht Wochen lang zu den Öffnungszeiten der Ulrepforte (dienstags und donnerstags 9 Uhr bis 13 Uhr), während Veranstaltungen sowie nach Rücksprache.

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