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„Fotogeschichten Kölner Südstadt“Niedecken und Wirdeier präsentieren ihren Bildband in der Severinstorburg

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt die Kölner Severinstraße in den 1950er Jahren.

So sah die Severinstraße in den 1950er Jahren aus.

Im Turmzimmer der Severinstorburg erzählten Wolfgang Niedecken und Eusebius Wirdeier, wie die Idee dazu entstand.

Herr Klemens steht an seinem Drogeriestand vor der Severinstorburg, im grauen Kittel mit Jägerhut, einige Meter entfernt von dem Lebensmittelladen mit dem Schild „Niedecken“. Der legendäre Kölner Fotograf Chargesheimer, eigentlich Karl Heinz Hargesheimer, hat die Szene festgehalten, als er 1955/1956 eine Fototour durch die Südstadt machte. Viele der dabei entstandenen Bilder sind bislang unveröffentlicht – aber nun in einem neuen Fotoband erschienen: „Chargesheimer, Niedecken, Wirdeier – Fotogeschichten Kölner Südstadt“ lautet der Titel des Werkes.

Wolfgang Niedeckens Eltern hatten Lebensmittel-Geschäft

Der BAP-Frontmann und der Sülzer Fotograf und Autor Eusebius Wirdeier erzählen bei der Präsentation in der Severinstorburg, wie das Buch entstand: Wirdeier stieß bei Recherchen für einen eigenen Fotoband im Rheinischen Bildarchiv zufällig auf einen vergessenen Schatz: kistenweise Negative, die der 1971 verstorbene Chargesheimer hinterlassen hat, unzählige Fotos von der Südstadt. Er sichtete die Negative, sortierte sie. Dabei war ein Foto, auf dem das ehemalige Roxy-Kino zu sehen ist.

Das Foto zeigt Wolfgang Niedecken und Eusebius Wirdeier mit ihrem neuen Bildband.

Wolfgang Niedecken (l.) und Eusebius Wirdeier präsentieren ihren neuen Bildband.

Und so kontaktierte er Niedecken. „Wolfgang hatte zu mir gesagt: Wenn du einmal ein Foto vom Roxy-Kino am Chlodwigplatz findest, dann gib mir Bescheid“, erzählt Wirdeier. Das tat er – und Niedecken war begeistert, nicht nur wegen des Kinos: „Das Foto von dem Drogeriestand an der Severinstorburg wenige Meter vom Lebensmittelgeschäft meiner Eltern hat mich sofort geflasht“, schildert er. „Eusebius konnte mich noch nicht einmal fragen, ob ich bei einem Buch mitmachen möchte. Es war klar.“

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Die Fotos von Chargesheimer lösten bewegte Bilder in meiner Fantasie aus
Wolfgang Niedecken, BAP-Frontmann und Mitherausgeber des Bildbands

So suchten sie gemeinsam Fotos aus. 64 unveröffentlichte Chargesheimer-Bilder aus der Südstadt sind im ersten Teil des Bandes zu sehen. Im zweiten erinnert sich Niedecken dazu an seine Kindheit, an Südstadtgeschichten, ergänzt um Fotos aus seiner „Rama-Kiste“, dem Bild-Archiv seiner Familie – ein Pappkarton, der den Schriftzug der Margarine-Marke trägt.

Das Bild zeigt den Laden „Niedecken“ an der Severinstraße 1.

Ein Foto des Lebensmittel-Geschäfts „Niedecken“ an der Severinstraße 1 aus dem privaten Bildarchiv von Wolfgang Niedecken

„Die Fotos von Chargesheimer lösten bewegte Bilder in meiner Fantasie aus“, sagt Niedecken, „Namen von Menschen, an die ich ewig nicht mehr gedacht hatte, fielen mir ein und Geschichten.“ So erinnerte er sich wieder, wie Herr und Frau Klemens jeden Morgen in der Ohmstraße mit ihrem Handkarren aufbrachen, ihr aufklappbaren Marktstand und ihre Drogerieartikel darauf. An der Severinstorburg bauten sie den Stand auf.

Der Bildband zeigt Kölner Südtstadt-Leben von 1955 bis heute

Die Karre kettete Herr Klemens an einem Verkehrsschild am Kartäuserwall an. „Ich höre heute noch seine erzürnte Stimme, wenn wir wieder einmal seinen Handkarren als Schaukel missbrauchten: Lot de Karr in Ruh, ihr verdammten Pänz! Ich konnte später den Bläck-Fööss-Song ‚Pänz, Pänz, Pänz‘ nie hören, ohne an Herrn Klemens zu denken – und plötzlich tauchte er auf einem Chargesheimer-Foto wieder auf, das über 60 Jahre als Negativ in einem Archiv vor sich hinschlummerte.“

Die Ecke Severinstraße/ Ecke Kartäuserwall 2019

Die Ecke Severinstraße/ Ecke Kartäuserwall 2019

Genauso sind andere Südstadtszenen jetzt wieder ans Licht gekommen, mit eindrucksvoll lebendigen Chargesheimer-Fotos vom damaligen Treiben auf den Straßen zwischen Severinstorburg und Volkgarten, von einem verregneten Weißen Sonntag, vom Karneval, von kriegszerstörten Häusern, Bilder vom Alltag, die ganz dicht an die Menschen heranrücken.

Wirdeier hat sie in einem dritten Teil des Fotobandes mit eigenen Fotos von den abgebildeten Orten ergänzt und mit einem frischen Blick auf das Leben in der Südstadt. Entstanden ist ein wunderschöner fotografisch-erzählerischer Rundumblick auf die Kölner Südstadt und das Leben der Menschen in der Vergangenheit und heute.

Chargesheimer, Niedecken, Wirdeier, Fotogeschichten Kölner Südstadt, Emons Verlag 2024, ISBN: 978-3-7408-2008-4, 240 S., 49,95 Euro