Köln hat kein Geld, kann sich aber die Messehallen kaufen? Warum das ihrer Meinung nach so ist, hat Kämmerin Dörte Diemert erklärt.
Bis zu 385 Millionen EuroStadt Köln verteidigt Kaufpläne für Messehallen
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ will die Stadt Köln bis zu 385 Millionen Euro bezahlen, um die nördlichen Messehallen zu kaufen. 350 Millionen Euro davon sind demnach der Kaufpreis, die weiteren bis zu 35 Millionen Euro sind die Nebenkosten.
Nachdem diese Zeitung am Freitag über den geplanten Deal berichtet hatte, bestätigte die Verwaltung das Vorhaben am Nachmittag, ohne sich zu Kaufpreisen zu äußern. Zuletzt hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gesagt, die Stadt müsse aufgrund der angespannten Haushaltslage den Gürtel enger schnallen, am Freitag nannte sie den beabsichtigten Kauf „in jeder Hinsicht eine gute Investition“. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie ist die Ausgangslage?
Die Stadt Köln ist der größte Eigentümer der Kölner Messe mit gut 79 Prozent, weitere knapp 20 Prozent gehören dem Land. Vier weitere Klein-Besitzer kommen auf nicht mal ein Prozent. Und die Messehallen im Rechtsrheinischen sind in einen Nord- und einen Südteil getrennt. Zum südlichen Teil zählen neben den Grundstücken die Hallen eins bis fünf sowie 10 und 11, er macht 57 Prozent der Gesamtfläche aus. Bis auf ein kleines Grundstück ist die Stadt schon jetzt der Eigentümer. Der nördliche Teil umfasst im Kern die Hallen 6 bis 9, das Congress-Centrum und fünf Verbindungsbauwerke. Das Areal macht 42,1 Prozent der Gesamtfläche aus, gehört privaten Investoren, die sich in der Grundstücksgesellschaft Köln Messe 15 bis 18 zusammengetan haben. US-Investor RFR-Holding hatte 80 Prozent dieser Gesellschaft übernommen. Mit ihm hatte die Stadt verhandelt, seit April liegt das Ergebnis vor.
Alles zum Thema Messe Köln
- Hotel-Unternehmer Thomas Althoff „Ich glaube, das Warten auf das Dom-Hotel lohnt sich“
- Freiluft-Proklamation und 90s Show 12 Tipps für das Wochenende in und um Köln
- Art Cologne 2024 Zurück von der Strafbank des guten Geschmacks
- Yotam Ottolenghi in Köln Warum der Starkoch kölsche Küche liebt
- Daniel Hug zur Art Cologne „Wir sind nicht mehr der globale Liebling“
- Bewegende Reden, spannende Einblicke 350 Gäste feiern Wirtschaftsnacht Rheinland – Appell von Christian Lindner
- Get-Together in der Kölnmesse Wirtschaftsnacht Rheinland 2024 – die Bilder und Eindrücke des Abends
Warum will die Stadt Köln das nördliche Gelände kaufen?
Kämmerin Dörte Diemert sagte dazu: „Die Köln-Messe zahlt zukünftig im Falle des Ankaufs ihre Pacht nicht mehr an einen privaten Investor, sondern an die Stadt.“ Und die Messehallen wären wieder komplett in städtischer Hand. Mit der Pacht durch die Messe zahlt die Stadt laut eigener Aussage die anfallenden Kosten für den Kauf ab. Laut Diemert hat die Stadt die Kaufsumme in den Verhandlungen gedrückt, die Richtschnur war, dass sich die Investition aus sich selbst heraus trägt.
Kann die Stadt Köln sich das überhaupt leisten?
Seit Monaten arbeitet die Stadtverwaltung am Entwurf für den städtischen Haushalt für die nächsten beiden Jahre, intern hat Diemert den einzelnen Abteilungen Sparziele vorgegeben. Es ist die große Frage: Was kann die Stadt Köln sich angesichts der sich verschlechternden Finanzen noch leisten? Unter anderem die angedachte Verkehrswende ist aufgrund der finanziellen Lage der städtischen Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) in Gefahr. Und in dieser Zeit gibt die Stadt bis zu knapp 400 Millionen Euro aus? Diemert sagte: „Gerade angesichts des sehr, sehr engen Haushaltes der Stadt Köln war für mich Bedingung, dass wir diese Investition haushaltsneutral hinbekommen. Wir werden an keiner anderen Stelle dafür kürzen müssen. Diese Investition wird sich rentieren.“
Gibt es weitere Gründe für den Kauf?
Ja, vor allem strategische. Im Informationspapier für die Politiker und Politikerinnen des Stadtrates ist die Rede von „uneingeschränkter Verfügungsgewalt“ über das Areal „von herausragendem Interesse“. Sollte das Messe-Geschäftsmodell wider Erwarten langfristig hinfällig werden, „ist das Areal wegen seiner zentralen Lage von enormer stadtentwicklungspolitischer Bedeutung und auch insoweit ist eine städtische Steuerung im Interesse Kölns anzustreben“. Laut Bebauungsplan sind demnach beispielsweise Wohnungen nicht erlaubt, aber das Grundstück könnte „grundsätzlich auch für andere Nutzungen geöffnet werden“ – allerdings ist das momentan ein abwegiges Szenario.
Wie sind die Konditionen?
Ab dem Kaufzeitpunkt wird der aktuell bis 2035 laufende Pachtvertrag bis 2054 verlängert, die Miete beträgt monatlich 1,69 Millionen Euro. Diese Summe ist dem Vernehmen nach nicht niedriger als bisher, die Stadt wollte keine Probleme wegen einer möglichen verbotenen Beihilfe bekommen. Allerdings: Die Messe als Nutzer ist selbst für die Instandhaltung verantwortlich, diese Ausgaben von monatlich 127.500 Euro werden verrechnet. Die Berechnung dieser Summe basiert auf einer Analyse der Technik der Gebäude von 2020. Letztlich liegt die Pacht also bei 1,53 Millionen Euro monatlich und damit jährlich bei 18,36 Millionen Euro.
Was ist überhaupt das Veranstaltungszentrum Köln?
Formal kauft die sogenannte eigenbetriebsähnliche Einrichtung „Veranstaltungszentrum Köln“, sie gehört der Stadt und darin sind unter anderem der Betrieb von Flora, Gürzenich oder die Messe organisiert. Doch der Eigenbetrieb macht seit Jahren Verluste, seine Verbindlichkeiten betrugen im Jahr 2022 insgesamt 242,6 Millionen Euro, laut dem Bericht über die städtischen Beteiligungen ist der Betrieb „mittelfristig auf einen Verlustausgleich durch den städtischen Haushalt angewiesen.“ Diemert sagte dazu: „Der Kauf wird nicht dazu führen, dass wir aus dem städtischen Haushalt zusätzliches Geld in den Haushalt des Veranstaltungszentrums einbringen müssen.“
Kann der geplante Kauf noch platzen?
Ja. Zunächst muss der Kölner Stadtrat am 16. Mai dem ausgehandelten Kauf zustimmen, die Grünen als personell stärkste Fraktion haben ihre Unterstützung angekündigt. Danach muss der Vertrag unterzeichnet werden. Solange ist alles möglich.