Kölner Schauspielschülerin„Wir dürfen unser Miteinander in der Krise nicht verlieren“
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Paulina Triebs ist Schauspielschülerin an der Theaterakademie Köln. Einen Großteil ihrer Ausbildung musste sie bereits unter Corona-Bedingungen absolvieren.
Copyright: Paulina Triebs
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Köln – „Liebling, du hast mich heute ausgelacht, Liebling, drum hab ich dich umgebracht.“ Laut schallen die Worte durch das Wohnzimmer der kleinen 1-Zimmer-Wohnung. Paulina Triebs steht ganz aufrecht da, betont jede Silbe, achtet auf ihre Atmung, hält die Körperspannung. Es ist Donnerstagvormittag und das bedeutet: Sprechunterricht. Denn Paulina Triebs ist Schauspielschülerin, im vierten Semester ihrer Ausbildung an der Theaterakademie Köln. Doch statt in den Kursräumen der Schule läuft der Unterricht zurzeit digital, die Wohnung wird zur Bühne.
„Leidenschaft für das Theater war schon immer da"
Als die 24-Jährige ihre Ausbildung an der Theaterakademie Köln beginnt, startet das erste Semester noch ganz klassisch: Grundlagentraining, gemeinsame Übungen, Gespräche und Gemeinschaft in der Schule. Durch die kleinen Jahrgänge sei die Ausbildung direkt sehr familiär gestartet, erklärt die Schauspielschülerin: „Man kommt sich im Theater einfach sehr nah – auch emotional“.
Schon als Kind träumt Paulina Triebs davon, Schauspielerin zu werden. Sie liebt es, Menschen begeistern und in immer neue Geschichten entführen zu können. Nach dem Abi sei die Hemmschwelle allerdings noch zu groß gewesen, um dieser Leidenschaft zu folgen: „Ich wusste zwar, es gibt staatliche Schauspielschulen, aber da bewerben sich dann halt direkt tausend Leute auf ganz wenige Plätze.“, berichtet die junge Frau. So entschied sich die gebürtige Düsseldorferin zunächst für ein Studium an der Universität zu Köln.
Doch auch in der Studienzeit verlor sie das Theaterspielen nie ganz aus den Augen, engagierte sich als Regieassistentin und belegte Video-Kurse. „Durch Zufall bin ich dann auf die Regieklasse der Schauspielschule aufmerksam geworden und habe dort als Laiendarstellerin mitgewirkt. Dabei habe ich endgültig gemerkt: Das begeistert mich, das will ich unbedingt machen“. Nach einem erfolgreichen Vorsprechen geht ihr Kindheitswunsch schließlich in Erfüllung: Sie wird an der Theaterakademie Köln aufgenommen.
Schauspielausbildung auf Distanz – wie kann das funktionieren?
Im Frühjahr 2020 läuft gerade die zweite Semesterwoche, als der Lockdown ausgerufen wird. „Wir hätten am Abend des 13. März sogar noch ein Stück spielen sollen, doch das wurde abgesagt. Und dann war klar: jetzt geht gar nichts mehr“, erinnert sich Triebs. Nach einer Woche Planung stellt die Schule zunächst auf Online-Unterricht um. Manche Kurse funktionieren auch digital, wie etwa Gehörbildung oder Deutsch – ein richtiges Szenenstudium sei via Videokonferenz allerdings kaum umzusetzen. So könnten die Dozierenden wichtige Grundlagen wie etwa die Körperhaltung nicht vernünftig korrigieren; schlechte Beleuchtung, Internetprobleme oder zu wenig Platz in den kleinen Studentenwohnungen erschwerten den Unterricht enorm.
Paulina Triebs beim Proben einer Szene mit Maske.
Copyright: Patric Prager
Der Sommer des vergangenen Jahres bringt auch für die Theaterschülerinnen und –schüler kurzzeitig Lockerungen. Unterricht mit Maske und Distanz – aber wenigstens vor Ort, in einem Raum. Liebes- oder Kampfszenen konnten so natürlich nicht mit Körperkontakt geprobt werden. Das sei jedoch gerade das Gute an der kreativen Arbeit: Mit den schwierigen Umständen würden auch neue Ideen entstehen. „In einer Szene sollten zum Beispiel zwei von uns eine Schlägerei spielen. Das ging aber natürlich nicht mit Abstand, also wurde abstrahiert: statt der Spielpartnerin wurden einige Umzugskartons verprügelt. Die Szene war überraschend intensiv“, erinnert sich Triebs.
Die Kursstunde neigt sich nun langsam dem Ende zu. Ein paar letzte Tipps der Dozentin, dann winken alle zum Abschied in die Kamera. Paulina Triebs klappt den Laptop zu, das war`s für heute. Obwohl sich Auszubildende und Dozierende Mühe gäben, das Beste aus der Situation zu machen, leide die Qualität der Ausbildung unter den Corona-Bedingungen. „Vor allem muss man bedenken: Wir machen das nicht nur für uns. Das Schauspiel lebt von seinem Publikum und genau dieses Zusammenspiel fehlt gerade. Das ist hart“, erklärt Triebs.
„Wir dürfen unser Miteinander nicht verlieren"
Natürlich betrifft die Krise nicht nur angehende Schauspielerinnen und Schauspieler, aktuell steht die ganze Branche in weiten Teilen still. Sorgen um die Zukunft seien natürlich da, so die junge Frau, aber: „Wenn man eine Schauspielausbildung macht, weiß man auch ohne Corona, dass es kein sicherer Job ist. Durch die Krise ist das jetzt nochmal verstärkt.“ Ob sie sich vorstellen könnte, beruflich umzusteigen? Triebs schüttelt den Kopf: „Nein, aktuell auf keinen Fall. Dafür liebe ich das Schauspiel einfach viel zu sehr.“ Konkrete Vorbilder hat sie zwar nicht, aber einen klaren Wunsch: „Ich möchte Menschen inspirieren und unterhalten. Vielleicht im Theaterschauspiel, vielleicht auch in Filmen oder im Fernsehen.“
Im März startete für Triebs das vierte Semester, teilweise digital, immer auf Abstand. Was sie sich für die nächsten Monate wünschen würde? „Naja am liebsten, dass die Theater wieder öffnen dürfen“, sagt die junge Frau und lacht. „Aber vor allem, dass wir unsere Zuversicht und unser Miteinander nicht verlieren – im Schauspiel genauso wie im Leben.“