Komiker Lutz van der Horst„Der Kölner Lenauplatz ist der friedlichste Platz der Welt“

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Comedian Lutz van der Horst auf dem Lenauplatz.

Comedian Lutz van der Horst auf dem Lenauplatz.

Köln – Heimelig, hässlich, sauber, dreckig, eine Idylle, ein Albtraum. Wer dieser Tage mit Anwohnern und Passanten über den Lenauplatz in Neuehrenfeld und die dort herrschenden Zustände spricht, erhält höchst widersprüchliche Antworten. In der Nacht zum Samstag ist zum zweiten Mal in einer Woche ein Passant von einer Gruppe jungen Männer krankenhausreif geschlagen worden.

Comedian Lutz van der Horst auf dem Lenauplatz.

Comedian Lutz van der Horst auf dem Lenauplatz.

Manche meiden den Platz, andere lieben ihn. So wie Lutz van der Horst zum Beispiel. Der Comedian, bekannt aus der ZDF-„heute-show“, wohnt ganz in der Nähe. An diesem Montagnachmittag hat er sich gerade bei Rewe mit Fisch eingedeckt. „Der Lenauplatz ist der friedlichste Platz der Welt“, sagt van der Horst, räumt aber ein, dass er den Ort bislang vor allem tagsüber erlebt hat. Und auch heute spazieren in der Sonne Großeltern mit ihren Enkeln über den Platz, Väter und Mütter schieben Kinderwagen vorbei, Anwohner schleppen Einkäufe nach Hause.

Wodka, Drogen, Musikboxen

Abends aber, nach 20 Uhr, so beschreibt es ein Anwohner, gebe es einen „Schichtwechsel“. Dann kämen verschiedene Gruppen zumeist junger Männer bis Mitte zwanzig, die teilweise gar nicht im Viertel wohnten. „Die bringen Wodka mit, nehmen Drogen, stellen Musikboxen auf, sind laut und machen einen aggressiven Eindruck“, erzählt eine Frau aus der Nachbarschaft. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen – so wie keiner der Gesprächspartner. Denn geheuer sind diese Gruppen niemandem. „Ich kenne ältere Frauen, die sich inzwischen aus Angst nicht mehr trauen, die Typen anzusprechen und um Ruhe zu bitten“, sagt eine Anwohnerin.

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Seit drei oder vier Jahren häufen sich beim Ordnungsamt vor allem an den Wochenenden und im Sommer Beschwerden wegen nächtlicher Ruhestörung. Die Streifen des Ordnungsdienstes seien schon verstärkt worden, berichtet Josef Wirges (SPD), seit 21 Jahren Bezirksbürgermeister von Ehrenfeld. Auch Sozialarbeiter seien seit vielen Monaten im Einsatz, zuletzt vorige Woche. Nach Ostern will Wirges die Anwohner zu einem „Runden Tisch Lenauplatz“ ins Bezirksrathaus einladen, auch ein Vertreter der Polizei wird wohl dabei sein. Gewisse Probleme und Gesprächsbedarf erkennt Wirges durchaus. Er sagt aber auch: „Wir dürfen den Lenauplatz auf keinen Fall schlechter reden als er ist.“

Kein „gefährlicher Ort“

Eines ist er jedenfalls mit Sicherheit nicht: ein „gefährlicher Ort“ nach dem Polizeigesetz – ein Gebiet also, wo gehäuft Straftaten begangen werden. „Davon sind wir Lichtjahre entfernt“, sagt ein Polizeibeamter, der die Verhältnisse gut kennt. Die Pressestelle untermauert seinen Eindruck mit Zahlen: Sechs Körperverletzungen und ein Raubüberfall seien angezeigt worden – und zwar insgesamt in den vergangenen zwei Jahren, teilt Behördensprecher Benedikt Kleimann mit.

Die Fläche wurde 2009 und 2010 aufwendig saniert.

Die Fläche wurde 2009 und 2010 aufwendig saniert.

Eine gefühlte Angst, ein subjektives Unsicherheitsgefühl haben dennoch viele, die den Platz im Dunkeln überqueren. „Die Menschen sind einfach genervt von diesen Typen“, sagt ein Anwohner. Sie ließen Flaschen, Scherben und ihren Müll liegen, urinieren gegen den Kiosk, den Brunnen und die Bäume. Auf Facebook werde bereits ein generelles Alkoholverbot für den Lenauplatz vorgeschlagen, sagt Bezirksbürgermeister Wirges. Das lasse er zurzeit zwar prüfen; ob es aber rechtlich überhaupt möglich wäre, sei fraglich.

Viele Anwohner halten davon auch nichts. „Viele wollen ja hier abends auch ihr Feierabendbier genießen“, sagt einer. Eine andere schlägt vor, dass die Anwohner sich „ihren“ Platz friedlich, ohne Verbote zurückholen sollten. „Wir müssten hier abends alle Bänke besetzen, Federball und Boule spielen“, sagt sie. „Wenn wir das zwei Wochen durchziehen und viele mitmachen, haben die Typen schnell keinen Bock mehr und gehen woanders hin.“

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