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Wahl am 14. SeptemberSitze, Bezirksvertretungen, OB-Wahl – So funktioniert Kommunalpolitik

7 min
23.02.2025, Nordrhein-Westfalen, Köln: Eine Frau steht in einem Wahllokal in einem Gewächshaus eines Gartenbaubetriebs in Köln-Hahnwald hinter einer Wahlkabine. Am Sonntag findet die vorgezogene Wahl zum 21. Deutschen Bundestag statt. (zu dpa: «NRW wählt den Bundestag - höhere Wahlbeteiligung in Köln») Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Im Februar wurde ein neuer Bundestag gewählt. Unser Bild zeigt ein Wahllokal in einem Gewächshaus eines Gartenbaubetriebs in Hahnwald.

811.535 Kölnerinnen und Kölner dürfen am 14. September ihre Stimme abgeben und darüber entscheiden, wer die Geschicke der Stadt in den nächsten Jahren lenken soll

Rund 1,1 Millionen Wahlbenachrichtigungen hat die Stadt Köln verschickt. Gleich vier Wahlen stehen am 14. September an. Die Kölner und Kölnerinnen wählen einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, einen neuen Stadtrat und neue Bezirksvertretungen. Die hohe Zahl der Wahlbenachrichtigungen erklärt sich durch die außerdem stattfindende Wahl zum Integrationsrat. 350.000 Menschen mit familiären Wurzeln im Ausland sind zur Wahl dieser Interessenvertretung aufgerufen. Um den Überblick zu behalten, hat die Stadt die jeweiligen Wahlzettel auf buntes Papier gedruckt. Der Zettel zur Stadtratswahl ist grün, der für die Bezirksvertretungen rosa und der für den Integrationsrat hellblau. Die OB-Wahl findet ganz in weiß statt. Für alle Wahlen gilt: Die Gewählten sind für fünf Jahre im Amt.

Wer darf wählen?

Wahlberechtigt ist man, wenn man am Wahltag mindestens 16 Jahre alt ist. Außerdem muss man ab Ende August dieses Jahres in der Stadt seinen Hauptwohnsitz gemeldet haben. Neben allen Menschen mit einem deutschen Pass dürfen – anders als bei Landtags- oder Bundestagswahlen – auch Ausländer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union mitwählen. Bei der Wahl des Integrationsrats sind auch Ausländer aus Nicht-EU-Staaten wahlberechtigt.

Wie wird der OB gewählt?

Der Wahlausschuss der Stadt hat 13 Kandidatinnen und Kandidaten, darunter zwei parteilose Einzelbewerber, für die OB-Wahl zugelassen. Der neue Oberbürgermeister oder die neue Oberbürgermeisterin wird durch Mehrheitswahl bestimmt. Wer die meisten Stimmen bekommt, gewinnt. Allerdings: Im ersten Wahlgang kann man nur gewinnen, wenn man über 50 Prozent der Stimmen bekommt.

Erreicht keiner am 14. September die absolute Mehrheit, wovon auszugehen ist, kommt es zwei Wochen später, am 28. September, zu einer Stichwahl. Dann stehen nur noch die beiden Bestplatzierten auf dem Wahlzettel, die im ersten Wahlgang die meisten und zweitmeisten Stimmen bekommen haben.

Wie wird der Stadtrat gewählt?

Anders als bei Wahlen auf Landes- oder Bundesebene kann man auf dem Wahlzettel für die „Vertretung in der kreisfreien Stadt Köln“ nur ein Kreuzchen machen. Man kann also nicht zwischen der Wahl eines Wahlkreiskandidaten und einer Partei unterscheiden. Man wählt den Vertreter des Viertels, in dem man wohnt – also den Kandidaten des jeweiligen Wahlbezirks – und gleichzeitig seine Partei. Wer einen oder eine der Kandidierenden für die beste Wahl hält, aber die dazu gehörende Partei nicht mag, hat ein Problem. Die fehlende Unterscheidung von Erst- und Zweitstimme kann für kleinere Parteien drastische Folgen haben: Wer nämlich für einzelne Wahlkreise keinen Kandidaten aufstellen konnte, erscheint dort nicht auf dem Wahlzettel. So kann es also sein, dass man in einzelnen Wahlbezirken nicht alle der insgesamt zwölf Parteien findet, die vom Wahlausschuss der Stadt für die Wahlen zugelassen wurden.

Wie werden die 90 Sitze im Stadtrat vergeben?

Die Stadt ist in 45 Wahlbezirke eingeteilt. Der Kandidat oder die Kandidatin, die im jeweiligen Wahlbezirk die meisten Stimmen bekommen hat, ist im neuen Stadtrat in jedem Fall dabei. Die andere Hälfte des 90-köpfigen Gremiums wird dann über die Kandidatenlisten der einzelnen Parteien – man nennt sie auch Reservelisten – vergeben.

Wie viele Sitze eine Partei insgesamt bekommt, wird durch ihr stadtweites Ergebnis bestimmt. Ein Beispiel: Eine größere Partei erhält 20 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das entspricht 18 Sitzen im 90-köpfigen Stadtrat. Dieselbe Partei hat in zehn der 45 Wahlkreise die meisten Stimmen bekommen. Das heißt, dass neben den Direktkandidaten aus den zehn Wahlkreisen weitere acht Menschen über die Reserveliste der Partei mit in den Stadtrat einziehe, die sich nicht schon über die Wahlkreisentscheidungen ihren Platz sichern konnten.

Wie werden die Bezirksvertretungen gewählt?

In Köln gibt es neun Stadtbezirke. Zu jedem gehört jeweils eine Bezirksvertretung. Die Entscheidung über die Vergabe von jeweils 19 Sitzen pro Bezirksvertretung fällt über eine reine Listenwahl. Man wählt also keinen Kandidaten für seinen Wahlbezirk, sondern nur eine Partei, die vorher intern festgelegt hat, wer für sie in welcher Reihenfolge in der Bezirksvertretung arbeiten soll.

Wie wird der Integrationsrat gewählt?

Zur Wahl des neuen Integrationsrats stellen sich mehrere Listen von Parteien und Gruppen, aber auch Einzelbewerber. Der Wahlausschuss der Stadt hat acht Parteien beziehungsweise Gruppen zugelassen, die mit Kandidatenlisten antreten. Außerdem gibt es sechs Einzelbewerber. Wahlberechtigt sind alle Menschen mit familiären Wurzeln im Ausland, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

Die Unterscheidung zwischen EU-Bürgern und Nicht-EU-Bürgern bei den Kommunalwahlen sorgt seit langem für Debatten. Während zum Beispiel Italiener, Polen oder Spanier am 14. September an vier Wahlen teilnehmen können, darf ein Kölner oder eine Kölnerin aus der Türkei, den USA, Norwegen oder einem arabischen Land nur bei der Integrationsratswahl mitmachen. Nicht nur der Kölner Integrationsrat fordert ein Ende dieser Ungleichbehandlung von Menschen mit familiären Wurzeln im Ausland und ein kommunales Wahlrecht für alle.

Was macht den Integrationsrat besonders?

Unter allen Ausschüssen und Gremien, die sich mit kommunalpolitischen Fragen befassen, ist der Integrationsrat das ungewöhnlichste Konstrukt. Hier kommen nicht nur die ebenfalls am 14. September zu wählenden Vertreter und Vertreterinnen der Menschen mit familiären Wurzeln im Ausland zusammen, um deren Interessen in Entscheidungsprozesse einzubringen. Der Integrationsrat hat gleichzeitig die Funktion eines Ausschusses des Stadtrats und ist somit fest in die Beratungsfolge von Fachausschüssen im Rathaus eingebunden.

Auch seine Zusammensetzung ist ungewöhnlich: Zum einen werden 22 Sitze in dem Gremium durch eine direkte Wahl vergeben. Zum anderen entsenden die Fraktionen im Stadtrat elf eigene Vertreterinnen und Vertreter. Hinzu kommen als beratende Mitglieder ohne Stimmrecht Delegierte von verschiedenen Institutionen und Verbänden.

Bei der Wahl 2020 wurden 13 Gruppen in das Gremium gewählt, elf von ihnen mit nur einem Sitz. Stärkste Gruppe mit acht Sitzen wurde eine Liste der SPD. Eine offene Liste der Grünen errang drei Mandate.

Die Geschichte des Integrationsrats in Köln ist geprägt von einem anhaltenden Kampf um mehr Gewicht. Helfen könnte eine bessere Wahlbeteiligung, auf die die Verantwortlichen hoffen. Bei der vergangenen Wahl 2020 machten gerade einmal 15 Prozent der Kölner Wahlberechtigten mit.

Was ist mit den kleinen Parteien?

Elf Parteien und Wählergruppen zogen nach der letzten Kommunalwahl 2020 in den Stadtrat ein. Auch in einigen Bezirksvertretungen wurde es recht bunt: Neun Parteien mischten in Ehrenfeld und Lindenthal mit. Es ist leicht, auch als kleine Partei Mandate zu erringen.

Anders als bei Bundes- oder Landtagswahlen gibt es bei einer Kommunalwahl keine Fünf-Prozent-Hürde. Wie viele Stimmen man braucht, um ein Mandat im Stadtrat zu bekommen, hängt von der Wahlbeteiligung ab: Je weniger zur Wahl gehen, desto größer wird die Chance von kleinen Parteien, mitmischen zu können. Da 90 Sitze vergeben werden, braucht man rein rechnerisch 1,1 Prozent der abgegebenen Stimmen für ein Ratsmandat. Geht man von einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent aus, entspricht das rund 4460 Wählerstimmen.

Das komplizierte Verfahren zur Berechnung der Sitzverteilung hat dazu geführt, dass bei der vergangenen Kommunalwahl schon deutlich weniger Wählerstimmen reichten, um in den Stadtrat einzuziehen. Die „Freien Wähler“ konnten einen Vertreter entsenden, obwohl sie gerade mal 2500 Stimmen bekommen hatten.

Wäre es nach der Mehrheit im Landtag gegangen, hätten es die kleinen Parteien bei der kommenden Wahl schwerer gehabt. Im Sommer 2024 beschloss die schwarz-grüne Regierungskoalition – unterstützt von der SPD-Opposition – Änderungen an der gesetzlichen Grundlage für die Kommunalwahl. Ein neues Berechnungssystem hätte die großen Parteien bevorzugt. Ein Grund: Die Präsenz vieler Kleinstparteien erschwert in den Stadträten nicht nur die Mehrheitsfindung, sie sorgt auch für endlos lange Stadtratssitzungen, weil jede Gruppe zu jedem Tagesordnungspunkt sprechen darf.

Der Plan der breiten Mehrheit im Landtag ging nicht auf. Fünf kleine Parteien – FDP, Volt, BSW, „Die Partei“ und die „Piraten“ – zogen vor das Landesverfassungsgericht in Münster und hatten mit ihren Klagen Erfolg. Das Gericht sah durch die Gesetzesänderung das Prinzip der Chancengleichheit nicht mehr ausreichend gewahrt. Der Landtag musste die Änderung zurücknehmen. Es bleibt also, wie es war: Beim Verteilen der Ratssitze wird auf- oder abgerundet. Große wie kleine Parteien haben die gleiche Chance, vom Aufrunden der Prozentzahlen hinterm Komma zu profitieren, oder durchs Abrunden ein Mandat zu verlieren.

In eine der neun Kölner Bezirksvertretungen einzuziehen, ist deutlich schwieriger als im Stadtrat dabei zu sein. Weil in einer Bezirksvertretung nur 19 Sitze zu vergeben sind, braucht man deutlich mehr Prozentpunkte, um ein Mandat zu bekommen. Bei den Wahlen vor fünf Jahren brauchten kleinere Parteien rund 3,5 Prozent, um auf Bezirksebene mit einem Vertreter oder einer Vertreterin dabei zu sein.