Bürger und Politiker verärgertStadt Köln lehnt Entwürfe für Haberland-Haus ab

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Das Ulrich-Haberland-Haus verfällt zusehends.

  • Seit 18 Jahren kämpfen die Bürgervereine Stammheim und Flittard und auch Politiker für eine Neu-Nutzung des denkmalgeschützten Haberland-Haus
  • Das ehemals betriebseigene Seniorenheim von Bayer wurde bis zum Jahr 2000 als Studentenwohnheim genutzt. Seitdem steht es leer und verfällt.
  • Bürger, Politiker und Vereine wollen es retten - und zum Seniorenheim oder zur Gaststätte umfunktionieren. Die Stadt würde s am liebsten abreißen.

Stammheim – Völliges Unverständnis empfinden die Vorstände der Bürgervereine von Stammheim und Flittard für das Verhalten der Stadtverwaltung. Auch die Politik im Stadtbezirk Mülheim ist enttäuscht. Vor wenigen Tagen erfuhren sie, dass die Stadt den zwei an einem Investorenwettbewerb für das unter Denkmalschutz stehende Ulrich-Haberland-Haus beteiligten Architekturbüros bescheinigten, ihre eingereichten Unterlagen seien inakzeptabel.

Offener Brief an Henriette Reker

Die Bürgervereine schrieben einen offenen Brief an die verantwortlichen Politiker wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker, aber auch an Kandidatinnen und Kandidaten, die im Kommunalwahlkampf angetreten waren. Seit 18 Jahren kämpfen die beiden Vereine aus Stammheim und Flittard für eine Revitalisierung der Immobilie. Das Gebäude, das nach dem Krieg von Bayer als betriebseigenes Altersheim errichtet, wurde nach der Schließung bis etwa zum Jahr 2000 als Studentenwohnheim genutzt, steht seitdem leer und verfällt zusehends.

Seniorenheim versus Abriss

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Seitdem gibt es ein ständiges Tauziehen um die Zukunft. Während die Bürgervereine und die Stadtbezirkspolitik eine neue Nutzung – beispielsweise ein Seniorenheim oder eine gastronomische Einrichtung anstreben – plädierte das Liegenschaftsamt zuletzt sogar auf Abriss und war nahe daran, eine Aufhebung des Denkmalschutzes für das Gebäude zu betreiben. Die Begründung: Unter anderem stünden Geruchsemissionen aus dem benachbarten Klärwerk der anderweitigen Nutzung entgegen.

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Mitglieder der  Bürgervereine Stammheim  und  Flittard kämpfen seit 18 Jahren für eine neue Nutzung . 

Doch der Druck von Bürgern und Politikern zeigte Wirkung. Der Liegenschaftsausschuss beschloss im März 2018, einen Investorenwettbewerb auszurufen mit dem Ziel, das Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. Darin wurde festgehalten, dass beispielsweise Ateliers, Gastronomie, Schulungszentren oder sogar Tagespflege möglich seien. Ausgenommen waren allerdings jegliche Wohnformen. Zwei Interessenten – die Kölner Architekten Christian Schaller und Bruno Wasser – reichten ihre Unterlagen für eine Voranfrage zur Klärung des Planungsrechts ein. Nun bekamen die Investoren eine Stellungnahme verschiedener am Prozess beteiligter Ämter mit einer Reihe von Vorbehalten.

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Geruchsbelästigung als Gegenargument

Als wichtigstes Argument wurde wieder das nahe Großklärwerk Stammheim und die damit verbundene Lärm-und Geruchsbelästigung angeführt. Auch würden die Entwürfe Vorgaben des Landschaftsschutzes nicht berücksichtigen, der Baumfällungen oder Eingriffe in die Parkanlage untersagt. „Jahrelang haben wir mit den Stadtentwässerungsbetrieben StEB an einem Tisch gesessen und die damaligen Probleme diskutiert“, erklärt Günter Seiffert, stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Stammheim.

Das Klärwerk habe aber nach und nach eine Abdeckung an der Anlage vorgenommen und damit geschafft, dass es in Stammheim nicht mehr stinkt. Doch: „Wir haben die StEB dafür gelobt und jetzt sprechen sie immer noch vom Gestank. Unmöglich!“

Ähnlich sieht es Bruno Wasser, einer der beteiligten Architekten. Für ihn ist das Schreiben ein Ausdruck der Verhinderungshaltung der Stadtverwaltung. Er habe im Rahmen eines Wettbewerbs „Wohnen am Strom“ bereits 2007 Pläne für das Haberland-Haus entwickelt, die damals von der Stadt als für gut befunden wurden. Das Projekt scheiterte aus Gründen, die nicht mit dem Großklärwerk oder dem Landschaftsschutz in Zusammenhang standen. Wasser: „Doch jetzt höre ich immer die gleichen Argumente.“ Dabei ist seit 2007 weder das Naturschutzgesetz noch die Bauverordnungen geändert worden.

CDU-Politiker spricht von Hinhaltetaktik der Stadt 

Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs ist ebenfalls verwundert. Die Kommunalpolitik habe in den letzten Jahren immer gefordert, die Immobilie einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Fuchs: „Eigentlich wurde beschlossen, dass die Entwürfe zuerst dem Liegenschaftsausschuss zur Begutachtung vorgelegt werden.“ CDU-Vertreter Mike Paunovic äußerte in einer Mitteilung, dass die Verwaltung den Bürgerwillen ignoriere: „Das ist eine beispiellose und nicht zu akzeptierende Hinhaltetaktik.“ Ähnlich empört sich die bisherige SPD-Bezirksvertreterin Claudia Brock-Storms: „Die Stadtverwaltung, die »unsere« Liegenschaften verwaltet, scheint ihren eigenen Investorenwettbewerb zu torpedieren.“

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