Baerbock in Nippes„Querdenker“ stören Köln-Auftritt der Grünen-Kanzlerkandidatin

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Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock

Köln – „Wow, was für eine Stimmung bei euch“, sagte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. In der Tat. Zu der Wahlkampfveranstaltung in Nippes waren rund 2000 Menschen auf den Wilhelmplatz gekommen, was eine Menge ist, selbst wenn sich Kanzlerkandidaten oder Kanzlerkandidatinnen die Ehre geben. Sie empfingen Baerbock mit tosendem Applaus.

Der Wilhelmplatz war ein dankbarer Ort für einen Wahlkampfauftritt Baerbocks. Bei der Wahl vor vier Jahren hatte ihre Partei den Stadtteil mit 22,8 Prozent gewonnen, wenngleich auch nur hauchdünn vor der SPD. Erwartungsgemäß blieb sie von bohrenden Fragen, etwa ob sie eine Regierungskoalition mit der Linken ausschließe, ebenso verschont, wie von Anwürfen aus konservativen Kreisen, dass die Grünen die Wirtschaft zugrunde reglementieren wollen würden.

Stärkste Momente beim Klima

Mit ihren Kernthemen wie Klimaschutz, Verkehrswende oder Familien- und Bildungspolitik rannte sie offene Türen ein. Baerbock bewegte sich sicher und kämpferisch auf der runden Bühne, die mit Kunstrasen ausgelegt war. Die Bundesregierung griff sie wegen ihrer Afghanistanpolitik an, forderte einen Mindestlohn von zwölf Euro, stellte zehn Milliarden Euro in Aussicht, die sie als Kanzlerin zur Bekämpfung von Kinderarmut bereitstellen wolle.

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In die Ausstattung der Polizei müsse ebenso investiert werden wie in den Bildungssektor, in der Flüchtlingspolitik brauche es ein starkes „humanes“ Europa, dass niemanden an den Außengrenzen im Stich lasse.

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Die Bühne am Wilhelmplatz war mit Kunstrasen ausgelegt.

Ihre stärksten Momente hatte sie erwartungsgemäß beim Thema Klima. Die Regel, dass ein Windrad einen Abstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung haben muss, „ist keine verantwortungsvolle Politik, das ist Realitätsverweigerung“, kritisierte Baerbock.

Beim Kohleausstieg, den sie von 2038 auf 2030 vorziehen wolle, warf sie der Bundes- und Landesregierung Haltungslosigkeit vor. „Die Klimakrise in den Griff zu bekommen, ist die Aufgabe einer Bundeskanzlerin. Wir machen die Bundestagswahl zu einer Klimawahl“, rief Baerbock und erntete Jubel.

Schätzing gegen Querdenker

Es jubelten indes nicht alle. Etwa ein Dutzend Personen, die ihren T-Shirts zufolge der so genannten Querdenker-Bewegung zuzuordnen waren, versuchten mit Zwischenrufen und Trillerpfeifen die Veranstaltung zu stören. Schon beim Auftritt des Kölner Bestsellerautors Frank Schätzing, der sozusagen den Warm-Upper für Baerbock gab, versuchte die Gruppe den Vortrag niederzubrüllen.

„Darf ich die Schreihälse fragen, was sie den Menschen im Erfttal sagen“, entgegnete der Schriftsteller, der eindrücklich über den Klimawandel und die Chancen, ihn noch zu stoppen, referierte – im Hinblick auf die Flutkatastrophe vor einigen Wochen. Die Antwort der Angesprochenen waren jedoch nur Pöbeleien. Später erteilte ihnen die Polizei einen Platzverweis.

Umbruch und Vielfalt

„Annalena leitet den Wahlkampf mit unfassbarer Fachstärke. Sie hat das Konzept für den Umbruch, und darauf kommt es bei dieser Wahl an“, warb Katharina Dröge, Bundestagsabgeordnete und Direktkandidatin für den Wahlkreis, zu dem auch Nippes gehört.

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Nyke Slawik, Direktkandidatin im Wahlkreis Leverkusen und Mülheim, schwärmte von der „Kanzlerin, die ein vielfältiges Köln im Bundestag repräsentieren würde.“

„Wir müssen endlich ins Machen kommen“, forderte Baerbock. „Dafür brauchen wir nicht nur Liebe, dafür brauchen wir auch ganz viele Wählerstimmen.“ Von den vielen Menschen auf dem Wilhelmplatz dürfte sie sich der Stimmen einigermaßen sicher sein.

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