Unfassbares im RheinauhafenPerformance von Angie Hiesl und Roland Kaiser in Köln

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Performance Rheinauhafen

Köln – Worum es bei dieser Performance im Rheinauhafen geht, kann man am Premierenabend bereits auf dem Weg dorthin  – zumindest auf dem Fahrrad  – spüren: Wind. Mit 13,5 Kilometer pro Stunde ist er so stark, dass selbst Surfer ihre Freude hätten haben können. Immer wieder umkreisen ein paar neugierige Fußgänger einen auf dem Harry-Blum-Platz stehenden Container. Durch die transparenten Längsseiten kann man den Rhein erblicken, der – je nach Standort – wie ein bewegter Bühnenhintergrund wirkt.

Ein paar Kinder betatschen die Scheiben, der ein oder andere Erwachsene wundert sich über das Behältnis auf dem Platz. Die vier  wie große gelbe Trillerpfeifen erscheinenden Windmaschinen im Container beachtet zunächst kaum jemand. Eher schon das Video, das durch die Scheiben zu sehen ist. Es zeigt einen verlassenen Strand mit sanft wippenden Stühlen.

Wie Dinge von der Ordnung ins Chaos kommen

Ob der Anstoß vom Wind oder von etwas anderem kommt, bleibt unklar. Nun weiß man natürlich, dass Wind alles mögliche in Bewegung bringen kann, aber man weiß ebenso, dass nicht jede Bewegung greifbar oder wissenschaftlich erklärbar ist. Oft bleiben Dinge im wahrsten Sinne des Wortes „unfassbar“, und genau das ist das Thema dieser Kunstaktion im öffentlichen Raum. 

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Dem Künstler-Duo Angie Hiesl und Roland Kaiser geht es bei seiner neuen Arbeit auch um Turbulenzen, um das Verhältnis von Natur und Mensch und um unfassbare Kräfte. „Wie Dinge von der Ordnung ins Chaos kommen, hat uns auch tänzerisch interessiert“, erklärt Hiesl. Hauptakteure in dem performativen Windlabor sind die beiden Tänzerinnen Helena Miko und Lenah Flaig, die in diesem Spannungsfeld aus Zufall und Kontrolle performen und in dem durchschaubaren Behältnis einerseits Bilder von poetischer Zartheit erzeugen, etwa wenn sie sich in einer Wolke aufgewirbelter Pappbecher bewegen, andererseits aber auch im absolutem Chaos agieren. Insbesondere die Schlussbilder dieser rund zweieinhalbstündigen Aktion, wenn scheinbar unkontrolliert jede Menge Plastikmüll durch den Container wirbelt, zeigt die Vielschichtigkeit des Themas.

Rauminstallation und Performance

Angie Hiesl kennt man seit Anfang der 80er Jahre durch zahlreiche Aktionen wie etwa ihre Fassaden-Inszenierung „x-mal Mensch Stuhl“, die in 34 Städten zu sehen war. Seit knapp 25 Jahren arbeitet sie konstant mit Roland Kaiser zusammen; stets mit der Absicht, Menschen zu erreichen, „die nicht unbedingt ein Vorwissen in Sachen Kunst haben“. Ihre neueste aus Rauminstallation und Performance bestehende Arbeit beleuchtet „die Fragilität komplexer Systeme und Prozesse“. Durch Spiegelungen in den Plexiglas-Wänden des Containers werden sowohl die Betrachter als auch die Umgebung ins Geschehen involviert, so dass eine Auseinandersetzung aus verschiedenen Blickwinkeln – räumlich und inhaltlich – möglich ist.

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Ergänzend zur Performance gibt es zwei Talks; einen mit der Philosophin Amrei Bahr (3. Oktober 11.30-13 Uhr im Kunsthaus Rhenania) und am 9. Oktober direkt am Container (15-16.30 Uhr) mit der Klimaaktivistin Leonie Bremer. Es geht um philosophische bzw. gesellschafts- und umweltpolitische Aspekte des Themas Unfassbarkeit. Gesprächsleiter ist der Autor Lothar Kittstein.

Unfassbar: Performance im Rheinauhafen, Harry-Blum-Platz am 2., 7., 8. und 9.10. jeweils 17-19.30 Uhr.

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