Die alljährliche Entenjagd am Rheinufer in Sürth hat begonnen. Jäger gehen auch im Weißer Bogen der Hege nach und sorgen dafür, dass Vögel nicht die Aussaat wegpicken. Für Naturschützer ist das Vorgehen nicht immer plausibel.
Werben um VerständnisDarum hat im Kölner Süden die Jagd auf Enten begonnen
„Schüsse auf dem Sürther Feld?“ „Entenjagd am Rhein?“ – mitunter sind Schlagzeilen in den Medien aufrüttelnd. „Wer zum Teufel erlaubt einem Jäger, mitten in einem Wohngebiet rumzuballern?“ fragte eine Nutzerin erst neulich in den sozialen Netzwerken. Beim Thema Jagd, so nah vor der eigenen Haustüre, kochen die Gemüter mitunter hoch. Entzündet hat sich die Diskussion am Beginn der Jagdsaison.
„Die Jagd ist ein emotionales Thema“, das weiß auch Jäger Michael Burgwinkel. Sein Vater, Hans-Martin Burgwinkel, geht zwischen Haus Berger, dem Sürther Feld, dem Weißer Rheinbogen bis in die Sürther Aue seit über 40 Jahren auf die Jagd, Sohn Michael tritt in seine Fußstapfen. Grundsätzlich gilt für alle öffentlichen Flächen in Deutschland ein Jagdrecht und eine Jagdpflicht, auch wenn das, auf dem Gebiet einer Großstadt befremdlich anmuten mag.
Das Jagdrecht wird von der Jagdgenossenschaft durch Vertrag auf einen Bürger mit gültigem Jagdschein, wie Hans-Martin Burgwinkel, übertragen. Nach Angaben der Stadt Köln gibt es rund 80 zur Jagd berechtigte Personen im Stadtgebiet. Jagdscheine werden durch die Untere Jagdbehörde (UJB) erteilt. Die Prüfung der Pachtverträge erfolgt ebenfalls durch die Untere Jagdbehörde. Was für Jogger, Wanderer und Reiter ein Naherholungsgebiet ist, ist für die beiden ein „unattraktives Jagdrevier“.
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Unattraktiv deshalb, weil es vor allem darum geht, Vögel bei der Aussaat zu vergrämen oder eine Überpopulation im Griff zu halten. „Wir machen das aus einer Verpflichtung heraus, weil wir hier wohnen“, erklären Vater und Sohn Burgwinkel, die am Weißer Rheinbogen wohnen. Jagd geht dabei immer einher mit Hege. Das bestätigt auch die Stadt: „Der Jäger ist nach den Jagdgesetzen unter anderem verpflichtet, Schaden von landwirtschaftlichen Flächen, etwa durch Schwarmtauben abzuwenden“, heißt es von der städtischen Pressestelle.
Wenn Vögel sämtliche Saat herauspicken, müssen bestellte Jäger diese sogenannten Wildschäden ersetzen. Auf dem Sürther Feld mussten in diesem Jahr schon Tauben vergrämt werden, die dort zu Hunderten plötzlich eine Bleibe gefunden hatten. Die Jäger schießen dann in den Boden oder in die Luft, um die Vögel zu vertreiben. Für Laien ist das oft unverständlich, andere haben auch Angst, dass ein Geschoss Fußgänger oder Hunde treffen könnte, eine unbegründete Angst, wie Michael Burgwinkel erklärt, der mit einer Schrotflinte zu Werke geht.
„Ein Hund oder Fußgänger kann nicht getroffen werden, das geht gar nicht. Wir schießen nie, wenn auch nur ein Fußgänger in Schussrichtung steht“ , sagt Burgwinkel. Auf Camping- oder Golfplätzen sowie Friedhöfen darf grundsätzlich nicht gejagt werden. „Auch an Weihern in Grünanlagen, ist eine Bejagung mit Schusswaffen nicht erlaubt“, ergänzt die Stadt auf Anfrage. Die Burgwinkels klären derzeit mit entsprechenden Aushängen in ihrem Jagdgebiet auf und werben um Verständnis.
„Bitte beachten Sie, dass es sich um landwirtschaftliche Flächen handelt, mit allem Für und Wider. Dazu gehört auch das Jagdrecht. Wir sind bemüht, es möglichst akzeptabel zu machen, aber ein Schuss knallt leider“, heißt es auf den Aushängen. Anfang des Jahres wurde, zum Entsetzen der Anwohner, auf Enten am Rhein geschossen. „Durch das Füttern der Enten in Spielplatznähe herrschte ein hoher Überschuss an Erpeln, der das Gleichgewicht zwischen Entendamen und Erpeln gestört hat. Dann müssen wir handeln, wir bekommen den Auftrag von der Unteren Jagdbehörde, aber passieren kann da wirklich nichts“, sagt Burgwinkel.
Die Stadt sieht das Vogel-Problem eher an anderer Stelle, insbesondere bei den Nilgänsen, deren Population ebenfalls in Abhängigkeit mit dem Futterangebot stehe. „Die Einhaltung des Fütterungsverbotes würde zu einer natürlichen Bestandsreduzierung führen“, sagt die Stadt. Für den Naturschutzbund (NABU) Köln, hat die Jagd viele Aspekte. Zum „Wildmanagement“ hat der Naturschutzbund deshalb ein umfangreiches Positionspapier verfasst.
Die Jagd auf Stockenten sieht er kritisch. „In Stadtnähe zu jagen, ist für Jäger kein einfaches Revier. Bei Stockenten müssen die Jäger nicht regulierend eingreifen, davon sollten die Jäger die Finger lassen“, meint Horst Bertram, Vorsitzender des NABU Köln, der darauf hinweist, dass es schon immer einen Erpel-Überschuss gegeben habe. Bertram sieht die Jäger eher in der Pflicht, Passanten vom Füttern abzuhalten.
Auch Burgwinkel sieht Aufklärung der Passanten als eine seiner zentralen Aufgaben, deshalb ist er bei seinen Streifzügen oftmals ganz bewusst mit seinem Gewehr unterwegs. „Meistens ist das Gespräch absolut produktiv. Mit Tierschützern oder Veganern ist es natürlich nicht immer einfach, eine Gesprächsbasis zu finden“, so Burgwinkel. Das Füttern ist aus Sicht der Jäger nicht nur bei den Enten ein Problem. Auch Füchse freuten sich über Katzenfutter im Garten oder Meisenknödel.
Geschossen wurden sie dennoch kaum. Im letzten Jahr sind im Süden Kölns gerade einmal ein halbes Dutzend Füchse erlegt worden. Wesentlich mehr wird der Tierbestand in der Wahner Heide reduziert, wo auch der NABU Handlungsbedarf sieht, weil die Wildschweine immer näher an die Besiedlung herankämen. Bei Fragen können sich besorgte Bürger auch direkt an die Jäger wenden: burgwinkel@t-online.de
Der NABU bekennt sich ausdrücklich zu einer naturverträglichen Jagd als eine Form der Landnutzung, wenn sie den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht und ethischen Normen nicht widerspricht. Dazu gehört etwa, dass die bejagte Art beziehungsweise Population in ihrem Bestand nicht gefährdet ist oder dass die Wildtierbestände nicht zum Zweck der Jagd aktiv gefördert werden. Jeder Jagdeinsatz wird polizeilich an- und abgemeldet. Dabei werden die Tiere tierschutzgerecht getötet. Jagdhunde, wie Burgwinkels Jagdhund Malou, sind gesetzlich vorgeschriebene Jagdhelfer.
Die Stockenten werden noch bis zum 15. Januar bejagt. Fragen zur Jagd beantwortet die Untere Jagdbehörde: 0221/221-26681 . Zur wachsenden Gänse-Population an Weihern und Seen hat die Stadt Köln ein Gutachten in Auftrag gegeben und plant ein „Gelegemanagement“ nach dem Vorbild der Stadt Düsseldorf. Dort werden den Gänsen Gips-Eier untergeschoben.