UrheberrechtHolländischer Hit klingt wie Kasallas „Pirate“

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Reiner Hömig

Reiner Hömig

Köln – Haben die Jungs von Kasalla ihren ersten großen Hit „Pirate“ dreist in Holland geklaut? Dieses Gerücht zieht sich wie ein roter Faden durch das Konzertprogramm, das die Band um Sänger Basti Campmann und Gitarrist Flo Peil an zwei Abenden im ausverkauften Millowitsch-Theater vorstellte. Und das mit einem Schuss Selbstironie, denn die Wahrheit liegt genau anderes herum.

Derzeit versucht das holländische Trio Ancora mit der frisch veröffentlichen Single „Word Zeeman“ die holländischen Hitparaden zu stürmen. Doch wer sich den Song anhört oder das zugehörige Video bei You-Tube begutachtet, wird stutzig: Das klingt alles genau so wie bei Kasallas „Pirate“-Hit – halt nur mit niederländischem Gesang. Musik-Piraterie halt. Und die ist in dieser Form im Nachbarland legal – es reicht völlig aus, nur einen einzigen Ton zu verändern.

In Deutschland dagegen darf man aufgrund des Urheberrechtes zwar einen fremden Titel covern und nachsingen, aber nicht verändern und auf einer CD veröffentlichen. Dafür ist die offizielle Genehmigung der Original-Autoren notwendig. Und diese Genehmigung wollten sich Ancora auch von Kasalla einholen. „Mitten in der Karnevalszeit kam eine Anfrage. Da wurde uns der bereits völlig fertig produzierte Titel zugeschickt“, sagt Peil. Die kölschen Musiker haben eine Weile hin und her überlegt, sich dann aber für eine Absage entschieden. Peil: „An den »Pirate« hängen wir sehr. Das war unsere erste Nummer, für uns als Band ein wichtiger Schritt und der Start in unsere Karriere.“

Musikproduzent Reiner Hömig, recht erfahren mit den Tücken des Urheberrechtes, verweist darauf, dass Kasalla gerade für diese Arbeit 2014 den Autorenpreis der Gema erhalten hat, doch an dem Punkt sieht er die Band „schlecht beraten, die Genehmigung nicht zu erteilen. Ansonsten hätte man wenigstens an den Einnahmen der Holländer partizipiert. Jetzt bleibt nur die Klage.“

Nachdem Ancora ihre Version schon im vergangen Jahr – so auf Youtube zu sehen – live gespielt haben, haben sie den Titel nun trotz Verbot aus Köln als CD und als Download veröffentlicht und damit auch schon einen Radio-Preis gewonnen. „Das ist zwar jetzt für uns kein Beinbruch, aber schon eine richtige Unverschämtheit nach unserer Absage“, so Peil.

Während die Band sich zurückhält (Campmann: „Wir haben unseren Anwalt eingeschaltet“), haben die Kasalla-Fans die Facebook-Seite der Holländer mit protestierenden Kommentaren bombardiert. Peil: „Doch die haben sofort jeden Eintrag gelöscht und jeden Kommentator einzeln geblockt. So versucht die Band Ancora den Schein zu wahren und zu tun, als wäre nichts.“

Rechtlich wird wohl nicht viel zu machen sein. „Wir sind da nicht besonders optimistisch“, sagt Campmann. Denn mit den Ancora-Sängern habe schon die norddeutschen Erfolgs-Kapelle Santiano erfolglos im Clinch gelegen. „Die haben mehr Mittel als wir und sicher alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.“ Während von Kasalla jetzt ein Song geklaut wurde, hatten Ancora von Santiano vor zwei Jahren ohne Genehmigung das gesamte „Mit den Gezeiten“-Album sowie das zugehörige Bühnen-Outfit und das Musik-Video kopiert. Vor dem Hintergrund dieses Konflikts sind die Musiker von Santiano dann sogar einmal von Guido Cantz in dessen „Verstehen Sie Spaß“- Show reingelegt worden.

Auch andere kölschen Band haben schon ähnliche Erfahrungen mit dem Nachbarland gemacht. So singen die Barghse Jongens schon seit Jahren die Lieder der Bläck Fööss nach – auf holländisch. Bömmel Lückerath: „Gefragt haben die uns auch nicht. Aber die sagen wenigstens, dass die Titel von uns sind.“ Doch das ist häufig nicht der Fall, wie Domstürmer-Sänger Micky Nauber weiß: „Auch einige unser Songs werden kopiert und frech als eigene Kompositionen ausgegeben.“ So tauchten Versionen der überregional angelegten Titels „Oberaffengeil“ in Holland und „Happy Weekend“ gar in den Hitlisten Litauens auf. „Korrekt ist das nicht“, sagt Nauber. „Wenn die Politik da nichts unternimmt, wird immer weiter betrogen. Was wir brauchen, ist ein europaweit einheitliches Urheberrecht.“

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