Zwischenbilanz des Offenbach-Jahres„Die Kölner Verwaltung ist oft zu kompliziert“

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Claudia Hessel koordiniert das Kölner Offenbach-Jahr.

Claudia Hessel koordiniert das Kölner Offenbach-Jahr.

  • Das Kölner Offenbach-Jahr feiert mit vielen Veranstaltungen den Komponisten Jacques Offenbach, der in Köln geboren wurde.
  • Die ehrenamtliche Koordinatorin Claudia Hessel zieht im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger” eine Zwischenbilanz und blickt auf die Höhepunkte zurück.
  • Im Gespräch erzählt sie aber auch, warum sie gerne die Frau des französischen Präsidenten in Köln gehabt hätte und von der oft anstrengenden Zusammenarbeit mit der Kölner Stadtverwaltung: „Für einen Laien ist der Bürokratie-Dschungel die Hölle.”

Frau Hessel, was war aus Ihrer Sicht das bislang Eindrucksvollste im Offenbach-Jahr?

Es gab viele tolle Veranstaltungen, da ist es schwer eine Auswahl zu treffen. Aber wenn ich mich entscheiden muss, nenne ich die Kölner Lichter und das Konzert mit dem Gürzenich Orchesters mit französischen Musikern des Pariser Ensembles „Les Siècles“ in der Berliner Philharmonie. Beim Feuerwerk war ich glücklich, weil Jacques Offenbach endgültig in der Breite angekommen war. Und das Berliner Konzert war so beeindruckend, weil ich Offenbach so noch nie zuvor gehört hatte. Das war eine ganz besondere Qualität und ein gelungenes Experiment, vorgetragen mit großer Leidenschaft.

Es ist Ihnen und Ihren Mitstreitern gelungen, einer historischen Figur unglaublich viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. War Ihnen von Anfang an klar, dass es so groß wird?

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Das Jubiläumsjahr sollte so gefeiert werden, das jeder Kölner etwas davon mit bekommt. Dazu hat die Kölner Offenbach-Gesellschaft mit unserem Vorsitzenden Franz-Josef Knieps viele ins Boot geholt, angefangen von der Oper bis Hänneschen über Philharmonie und Gürzenich Orchester, aber auch Künstler aus der freien Szene. Spannend waren auch die vielen Privatinitiativen. Es war unglaublich zu erleben, wer sich alles auf Offenbach eingelassen hat. Besonders gefreut hat mich, dass 30 Schulen in NRW mitgemacht haben.

Sie haben mit Jacques Offenbach so viele Leute erreichen können, wie es bei kaum einem anderen Kulturthema gelingt. Allein die Ausstellung über ihn haben Zehntausende gesehen…

Als das Stadtmuseum wegen eines Wasserschadens nicht mehr zur Verfügung stand und auch die Franzosen ihr Stadt-Museum in Paris renovierten, wurde mit Museumsdirektor Mario Kramp beschlossen, eine Wanderausstellung zu machen. Mit der ist unser Team immer dahin gefahren, wo die einzelnen Veranstaltungen stattgefunden haben. So haben wir bis zu 50 000 Menschen mit Offenbach erreicht – das ist mehr als die meisten Ausstellungen, die man in einem Museum sehen kann, weil wir da hingegangen sind, wo die Menschen sind.

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Was kommt noch?

Jede Menge. Wir zeigen den „anderen Offenbach“ und werfen mit unseren Eigenproduktionen einen neuen Blick auf Offenbach. Wir präsentieren weniger bekanntes, unter anderen mit dem Kölner Männergesangsverein auch Musik, die seit 140 Jahren nicht mehr zu hören war.

Sie haben mit vielen Partnern zusammen gearbeitet. Welches Fazit ziehen Sie, wenn Sie die Arbeit mit der Stadt beurteilen?

Auf politischer Ebene haben wir mit dem Thema Offenbach offene Türen eingerannt. Bei den Institutionen der Stadt oder der freien Szene war das zu Beginn etwas schwieriger, im Grunde fanden alle die Idee sich zusammenzuschließen toll, jedoch blieb am Ende die Frage nach der Finanzierung. Ich bin in der ganzen Zeit auf viele engagierte und kreative Menschen gestoßen, die uns unterstützt haben. Im Kulturressort gab es keine Ressourcen für das Offenbach-Jahr. Das Geld für die Projekte und das Kulturmarketing mussten wir selbst an Land ziehen. Im Umgang mit der Bürokratie des Förderwesens haben wir zum Glück eine Frau gefunden, die sich damit auskennt. Für einen Laien ist der Bürokratiedschungel die Hölle.

Wenn man über Ziele der Verwaltungsreform spricht, wird nicht selten als Ziel ausgegeben, dass die Stadtverwaltung als Dienstleister für die Bürger auftreten soll. Haben Sie es mit einem Dienstleister zu tun gehabt?

Sagen wir mal so: Die Wege der Stadtverwaltung sind häufig zu kompliziert um schnell ein Ziel zu erreichen. Und ja, oft war eher ich in der Rolle des Dienstleisters.

Es sollte andersrum sein…

Das war mir egal. Ich möchte ja, dass das Projekt Offenbach weiter geht. Aber die Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung ist für einen Außenstehenden nicht immer einfach. Da dauert die interne Abstimmung sehr lange und wenn man mit den Zuständigen direkt Kontakt aufnimmt, ohne die Hierarchie einzuhalten, führt das schnell zu Problemen. Das ist keine böse Absicht, aber absolut hemmend, wenn man schnelle Entscheidungen braucht. Ich bin ein großer Freund von Querkommunikation, wenn es mal zügig gehen muss.

Sie haben viele namhafte Institutionen und Personen mitgenommen. Gab es jemanden, den Sie gerne dabei gehabt hätten, der nicht mitgemacht hat?

Ja, Frau Macron, die Frau des französischen Präsidenten. Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist Schirmherrin für die Stadt, Armin Laschet, der ja auch Bevollmächtigter für den deutsch-französischen Kulturaustausch ist, übernahm die Schirmherrschaft für das Land. Brigitte Macron, die sich ja für die Kultur in Paris einsetzt, hat uns zwar für das Offenbach-Jahr viel Erfolg gewünscht, aber nach Köln wollte sie dann leider nicht.

Zur Person

Claudia Hessel arbeitet ehrenamtlich als Koordinatorin des Kölner Offenbach-Jahres mit rund 250 Veranstaltungen zum Leben und Werk des in Köln vor 200 Jahren geborenen Komponisten. Die Journalistin ist Vorstandsmitglied der Offenbach-Gesellschaft. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie als Nachrichtenmoderatorin bei RTL, seit 2012 ist sie Chefmoderatorin bei RTL West. (fra)

So viel Aufmerksamkeit wie jetzt bei Jacques Offenbach bekommen die großen Söhne und Töchter der Stadt sonst nicht nie. So haben zuletzt nur wenige etwas davon mitbekommen, was sich die Stadt zum 100. Geburtstag von Heinrich Böll ausgedacht hat. Kann man aus der Erfahrung lernen, dass man es besser machen kann?

Offenbach macht es einem natürlich leicht. Seine Musik, der interessante Typ – das passt gut zu Köln. Bei anderen Künstlern sind die Zugänge sicher schwieriger. Aber ich glaube schon, dass man auch mit sperrigeren Themen Größeres machen kann.

Und mit dem richtigen Team macht es allen Freude.

Was bleibt von Offenbach, wenn das Jubel-Jahr vorbei ist?

Hoffentlich die positive Erinnerung an einen Kölner Jung. Es ist uns von Kölner Offenbach-Gesellschaft gelungen, die Geschichte der Familie zu einem festen Bestandteil im Miqua zu etablieren. Die „Haggada“ mit biblischen Erzählungen, rituellen Anweisungen und Liedern, die Offenbachs Vater als Kantor herausgegeben hat, ist restauriert worden und wird im Jüdischen Museum im Archäologischen Quartier am Rathaus zu sehen sein. Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass Köln zur Offenbach-Forschungsstadt wird. Wir haben im Historischen Archiv ja einen riesigen Bestand, der teilweise noch nicht bekannt ist. Offenbach muss Thema der Wissenschaft werden, damit er dauerhaft auf einem soliden Fundament steht.

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