Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Interview

Karl-Ludwig Kley
„Ich würde Frau Snoep nie auch nur ein Kunstwerk anvertrauen“

5 min
Karl-Ludwig Kley spricht über seine Sammlung ostasiatischer Kunst.

Karl-Ludwig Kley spricht über seine Sammlung ostasiatischer Kunst. 

Der Kölner Manager Karl-Ludwig Kley über seine Sammlung südostasiatischer Kunst und das Rautenstrauch-Joest-Museum.  

Herr Kley, im Verlag der Kölner Buchhandlung Klaus Bittner ist ein opulenter Katalog mit südostasiatischer Kunst in Ihrem Besitz erschienen. Wie kam es zu dieser Sammlung?

Ich bin ein Sammler. War ich schon immer. Als Kind habe ich Bierdeckel gesammelt, Papierservietten oder Zuckertüten. Diese Leidenschaft hat mich nie verlassen. Wenn mich etwas wirklich interessiert, dann beschäftige ich mich damit nicht nur theoretisch-intellektuell oder visuell, sondern auch haptisch. Die südostasiatische Kultur, die mich auf meinen Reisen besonders angezogen hat, musste ich deshalb auch in die Hand und mit nach Hause nehmen können.

Und warum dann der Katalog? Der ist ja „nur“ zum Anschauen von Kunst, nicht zum Anfassen.

Am Anfang stand mein Wunsch, die Sammlung aufzuarbeiten. Ich wollte die einzelnen Stücke noch besser verstehen, was durch die akribische Arbeit der Kunsthistorikerin Patrizia Jirka-Schmitz hervorragend gelungen ist. Irgendwann bat ich einen Fotografen, schöne Aufnahmen von der Sammlung zu machen. Das alles hat uns sieben Jahre beschäftigt. Zum Buch kam es am Ende, als ich meinem Freund Klaus Bittner von der ganzen Sache erzählte und er sagte: Mach einen Bildband daraus, ich verlege den. Heute bin ich sehr glücklich darüber.

Worin besteht der Wert der Sammlung?

Nicht in einem „Marktwert“. Ich war nicht darauf aus, besonders wertvolle oder besonders alte Objekte zu ergattern. Tatsächlich ist nur ein Objekt aus dem 12. Jahrhundert dabei, ein Messer, wohl aus der Khmer-Kultur. Alles andere stammt überwiegend aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Auch eine Reihe von Stücken aus dem 20. Jahrhundert gehören zur Sammlung. Wichtig war mir, dass sie originär und schön sind und die Vielfalt der Kultur Südostasiens widerspiegeln. Die meisten Stücke entstammen im Übrigen der Volkskunst, sind – im weiteren Sinne – Gebrauchsgegenstände.

Buddha-Figuren sind die wichtigsten, verehrenswertesten Kultgegenstände in der südostasiatischen Kultur. Sie stehen an jeder Straßenecke, egal wo
Karl-Ludwig Kley

Auch die vielen Buddha-Statuen?

Buddha-Figuren sind die wichtigsten, verehrenswertesten Kultgegenstände in der südostasiatischen Kultur. Sie stehen an jeder Straßenecke, egal wo. Auch die privaten Haushalte quellen förmlich über von Buddhas. Die Häufigkeit erklärt sich unter anderem aus dem Brauch, Buddha-Statuen für Tempel zu stiften, als Unterpfand für ein besseres nächstes Leben. Je wertvoller ein Buddha von Material und Qualität der Arbeit, desto größer der vermutete Benefit für den Stifter.

Haben Ihre Buddha-Statuen auch für Sie eine religiöse Bedeutung?

Im Grunde nicht. Meine Geisteshaltung würde ich als tendenziell agnostisch bezeichnen, aber christlich grundiert. Von einer Buddha-Statue geht für mich also keine religiöse, sondern allenfalls eine spirituelle Anziehung aus: Wenn ich davor sitze und mich einfach nur in dieses wunderschöne, ruhige Antlitz vertiefe, dann führt das schon zu einem Verschwinden von allem, was mich sonst umgibt.

Sie sagten, es sei Ihnen um „originäre“ Stücke gegangen. Wie haben Sie sich dessen beim Erwerb versichert? Muss man als Sammler nicht immer Sorge haben, übers Ohr gehauen zu werden oder Fälschungen untergejubelt zu bekommen, eben keine originären Werke?

Bei dieser Art von Kunst weniger. Die zu fälschen, lohnt sich schlicht nicht. Ein Sammelgebiet, auf dem mir allerdings Fälschungen begegnet sind, sind die „Opiumgewichte“. Eigentlich waren das ganz normale Gewichte für den Warenverkauf auf Märkten. Aber die britischen Kolonialherren stellten sich vor, dass mit ihnen Opium abgewogen wurde. Daher der Name. Diese sogenannten Opiumgewichte erfreuten sich auch nach Ende der Kolonialzeit einer gewissen Beliebtheit. Also wurden welche nachgemacht, als Sammelobjekte, die nie in Gebrauch waren. Solche wollte ich nicht haben.

Woran erkennt man den Unterschied?

Zum Beispiel anhand des Metalls. Um das Alter festzustellen, müssen Sie ein Stückchen Metall abschaben und die Zusammensetzung der Bronze ermitteln. Aus der jeweiligen Legierung kann man dann auf den Entstehungszeitpunkt schließen. Das funktioniert bei Opiumgewichten sehr gut.

Was ist Ihr Lieblingsstück in der Sammlung?

Das wechselt. Ich hole alle paar Monate ein neues Stück hervor und stelle es gut sichtbar im Haus auf. Das begleitet uns für eine Weile, und dann – ganz ohne festen Plan – geht es wieder zurück und es kommt etwas anderes.

Aber in Ihrem Kopf wird das eine oder andere doch einen besonders prominenten Platz haben.

Was mir mit als Erstes einfällt, ist ein Dokumentenschrank aus Teakholz. An der Innenwand verläuft vertikal eine helle Linie, die sich am Ende verbreitert, wie ein Flussdelta. Ich habe lange gerätselt, was es damit auf sich haben könnte, bis mich jemand darauf gebracht hat: Es ist eine Termitenspur.

Ich hoffe sehr, dass die Ära Snoep ein Ausrutscher in der Museumsgeschichte Kölns bleibt
Karl-Ludwig Kley

Termiten?

Dazu muss man wissen: Termiten mögen kein Teak. Deswegen ist es als Werkstoff für Möbel und anderes so wichtig. Was aus Teak ist, wird nicht aufgefressen. Nun lagen oben auf diesem Schrank wahrscheinlich Bambus-Schriften mit Buchdeckeln aus einer anderen Holzart. An die wollten die Termiten ran. Dazu mussten sie aber erst über die Teakflächen des Schrankes nach oben krabbeln – und das auf möglichst direktem Weg, um schnurstracks an die schmackhaften Hölzer zu kommen. Solche Art von Geschichten, die viel über das Leben mit den Objekten erzählen, verbinde ich mit ganz vielen Stücken der Sammlung.

Haben Sie eine Idee, was einmal daraus werden soll? Vielleicht eine Schenkung an ein Museum?

Tatsächlich hatte ich überlegt, die Sammlung einmal dem Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) anzubieten. Von ihrer Art wäre das passend, und auch die Qualität müsste stimmen. Aber unter der derzeitigen Direktorin, Nanette Snoep, kommt das für mich nicht infrage. Ich würde Frau Snoep nie auch nur ein Kunstwerk aus meinem Besitz anvertrauen.

Weswegen nicht?

Wegen ihrer – wie ich finde – merkwürdigen Auffassung von einem ethnologischen Museum, falls man es überhaupt noch so nennen darf. Ihre einseitige Fokussierung auf Anti-Kolonialismus, Anti-Rassismus, Anti-Irgendwas ist ideologisch. Ein solches Museum, wie immer es heißt, soll aber Kunst und Kulturen anderer Länder aufbewahren, sichtbar machen, natürlich auch in den Kontext der Gegenwart stellen. Nur eben so, dass es den Werken, der Sammlung und deren Zeit gerecht wird. Und all das muss wissenschaftlich aufgearbeitet und begleitet werden. Genau das findet im RJM zurzeit aber nicht mehr statt. Gewiss, das RJM braucht meine Stücke nicht, darum möchte ich das nicht zu hoch hängen. Ich hoffe aber sehr, dass sich mit einer Neubesetzung an der Spitze die Dinge wieder normalisieren und die Ära Snoep ein Ausrutscher in der Museumsgeschichte Kölns bleibt.


Karl-Ludwig Kley, geboren 1951, war von 1997 bis 2006 Finanzvorstand bei der Lufthansa. Danach gehörte er der Geschäftsleitung des Chemie- und Pharmakonzerns Merck an, von 2007 bis 2016 als Vorstandschef. Er ist heute Vorsitzender des Aufsichtsrats der Lufthansa und des Energiekonzerns Eon. Daneben ist Kley unter anderem Vorsitzender des Kuratoriums der Fritz Thyssen Stiftung in Köln. An der „WHU – Otto Beisheim School of Management“ hat der promovierte Jurist eine Honorarprofessur inne. (jf)

Patrizia Jirka Schmitz: „Kostbarkeiten aus Südostasien. Vom Glauben erfüllt, im Alltag verwurzelt. Die Sammlung Karl-Ludwig Kley“, Verlag der Buchhandlung Klaus Bittner, 231 Seiten, 68 Euro.