„PRJCT Amsterdam“ in der Kölner PhilharmonieManchmal ist sogar Bach langweilig

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PRJCT Amsterdam

PRJCT Amsterdam

Maarten Engeltjes führte mit „PRJCT Amsterdam“ Bach Osteroratorium in der Kölner Philharmonie auf. 

So richtig sprang der Funke erst in den beiden Zugaben über: Maarten Engeltjes, Dirigent und Altus in Personalunion, lief in der Arie „Leget euch dem Heiland unter“ aus Bachs Kantate „Himmelskönig, sei willkommen“ zu großer Form auf, füllte das philharmonische Rund mit unangestrengt-geschmeidigem vokalen Wohllaut. Und der Vlaams Radiokoor, begleitet von der Alte-Musik-Formation PRJCT Amsterdam, beschloss das Konzert mit dem immer wieder überwältigenden „Dona nobis pacem“ aus der h-Moll-Messe, hier ausgeführt mit gelassen strömenden Koloraturen und in genau kalkulierter Steigerung.

„PRJCT Amsterdam“ braucht in der Kölner Philharmonie etwas Anlauf

Leider hatte es bei diesem Kölner Debüt der niederländisch-belgischen Gäste mit Bach´schen Osterkompositionen bis zu dieser interpretatorischen Höhe einen längeren Anlauf gebraucht. Wohlgemerkt: Die Professionalität von Chor und Instrumentalensemble, die in jedem Takt spürbare Vertrautheit mit den Usancen der barocken Klangrede und Figurenlehre, die Fähigkeit, den Bach´schen Kontrapunkt luzide und transparent zu realisieren – all das kann billigerweise kaum bestritten werden. Insofern wird negative Kritik nur auf der Basis strengster Maßstäbe möglich – was indes gerade der erkennbare Anspruch der Truppe an die eigene Leistung unweigerlich herausfordert.

Nicht weiter zu richten ist hier über – nach wie vor strittige – Fragen der Temporelation und der Besetzung. Ob man der frühen Kantate „Christ lag in Todesbanden“ wirklich einen Gefallen tut, wenn man auch einige Solosätze noch chorisch besetzt und solchermaßen die Präsenz eben der Vokalsolisten zu einem eklatanten Ungleichgewicht hin ausdünnt – es darf immerhin bezweifelt werden.

Bachs Osteroratorium verlangt seinem Publikum einiges ab

Auch die Tatsache, dass Engeltjes´ im engeren Sinn dirigentisches Metier begrenzt ist, verdient für sich genommen noch keinen Tadel – das ist bei einem Szenenstar wie René Jacobs auch nicht anders. Wichtiger ist einfach das Klangergebnis: Unter dem etwas mechanischen Schlag konnte in diesem Sinne selbst ein in frischem Dreiermetrum gehaltener Satz wie der Eingangschor des Osteroratoriums („Kommt, eilet und laufet“) an Vitalität, Glanz und österlicher Begeisterung verlieren. Ja, das gibt es: Auch Beschwingtheit vermag im schlechteren Fall zu leiern. Zu dem Eindruck eines leicht gedeckten und gedrosselten Sounds trug leider auch der Chor bei – hauptsächlich in Gestalt seiner Sopranstimmen, die sich nicht nur ein paar unschöne Höhen leisteten, sondern insgesamt zu schwach, zu defensiv herüberkamen.

Auffallend gut, weil gestisch prägnant und rhythmisch schlagkräftig agierte vor allem der Chor-Tenor. Das will etwas heißen, nach derart potenten hohen Männerstimmen lecken sich viele andere Chöre alle Finger. Ein gemischtes Bild gaben auch die Vokalsolisten ab: Die Sopranistin Ilse Eerens und der Tenor Fabio Trümpy hatten mit unterschiedlichen Defiziten in Sachen Ausdruck, Klanggebung und Durchsetzungskraft zu kämpfen, während der – insgesamt wenig geforderte – Bariton François Héraud einen hervorragenden Eindruck hinterließ.

Vielleicht lag es aber auch ein bisschen an der Musik: Das Osteroratorium – nicht umsonst kein Publikumsrenner unter Bachs einschlägigen Werken – wartet mit zwei schier nicht enden wollenden Da-capo-Arien auf. Bach ist selten langweilig, aber hier wird der Konzentrationsfähigkeit der Zuhörer wohl doch etwas zu viel abverlangt. Aber wie gesagt: Spätestens mit dem „Dona nobis pacem“ war all das vergessen, und zum Schlussbeifall erhoben sich sogar viele Zuhörer von den Sitzen.

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