Interview mit Schauspielerin Jessie Buckley„Nashville war geradezu magisch“

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Jessie Buckley als Rose-Lynn in einer Szene des Films „Wild Rose”

  • Jessie Buckley wurde einem großen Publikum durch ihre Rolle in der Serie "Chernobyl" bekannt.
  • Im neuen Kinofilm "Wild Rose" spielt sie eine Country-Sängerin.
  • Im Grand Ole Opry in Nashville stand sie auf der Bühne, auf der einst Johnny Cash gefeiert wurde.

Miss Buckley, dass Sie musikalisch sind, haben Sie zu Beginn Ihrer Karriere auf Musical-Bühnen bewiesen. Aber hatten Sie auch einen Bezug zu Country-Musik, wie Ihre Figur in »Wild Rose«?

Nicht wirklich, eher zum Blues, irischer Folk-Music oder Jazz. Aber ich habe Country sehr lieben gelernt. In keinem anderen Musikgenre wird Menschlichkeit so groß geschrieben. Und es dreht sich natürlich alles um die Texte, keine Frage. Deswegen gibt es nichts Besseres, als famosen Geschichtenerzählern wie Emmylou Harris, Johnny Cash oder Dolly Parton zuzuhören. Wenn Meister wie sie am Werk sind, dann können mir Country-Songs das Herz zerreißen wie kaum etwas anderes.

Für den Dreh des Films verschlug es Sie – ohne zu viel zu verraten – auch ins Herz des Country, nach Nashville.

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Das war geradezu magisch. Eigentlich wollten wir direkt im Anschluss an die Drehtage in Glasgow dorthin, doch dann gab es Visa-Probleme, und die Sache verschob sich um Monate. Zwischendurch fühlte ich mich schon wie unsere Filmheldin und war überzeugt, dass ich nie dort ankommen würde. Aber umso eindrucksvoller war es dann, schließlich doch dort zu sein. Ich stand im Grand Ole Opry auf der Bühne, dem Mekka der Country-Musik. Ich durfte am gleichen Ort singen, an dem das auch Johnny Cash getan hat. Wahnsinn! Auch die Songs für den Soundtrack haben wir dann noch in Nashville aufgenommen. Das war das lange Warten unbedingt wert.

Zur Person

Als Protagonistin Rose-Lynn im Film „Wild Rose“ (seit Donnerstag im Kino) träumt Jessie Buckley – geboren am 29. Dezember 1989 – davon ein Star zu werden. Im echten Leben steht sie kurz davor, einer zu sein.

Die Karriere der Irin, die im Alter von 17 Jahren mit einer Casting-Show und einer Musical-Rolle begann, nimmt gerade richtig Fahrt auf: Nach Rollen in Serien wie „War & Peace“ und „Taboo“ spielt sie „Wild Rose“ nun ihre bisher größte Hauptrolle. Kürzlich schon war sie außerdem in der gefeierten Serie „Chernobyl“ mit dabei, im Januar folgen zwei neue Kino-Nebenrollen, als Assistentin von Judy Garland in „Judy“ und als Queen Victoria in „Die fantastische Reise des Dr. Dolittle“. (ksta)

Haben Sie selbst eigentlich auch schon mal Songs geschrieben?

Früher eigentlich immer nur gedanklich. Aber für »Wild Rose« schrieb ich am Ende tatsächlich an ein paar Songs mit. Die Drehbuchautorin Nicole Taylor, ein Gitarrist und ich saßen bei Nicole im Wohnzimmer, und wir fühlten uns wie Rockstars. Ich fand das eine tolle Erfahrung, nicht zuletzt, weil wir diese Songs eben aus der Sicht der Filmheldin schrieben. Dies ist ihre Geschichte, und das Album zum Film ist quasi eine Erweiterung.

Die Protagonistin Rose-Lynn setzt alles daran, ihren Traum von einer Karriere als Künstlerin umzusetzen. Wann erwachte der eigentlich in Ihnen?

Das kann ich nicht an einem genauen Punkt festmachen. Wahrscheinlich war es vielmehr schon immer klar, dass ich etwas Künstlerisches machen würde. Meine Mutter ist Musiktherapeutin und Stimmtrainerin, mein Vater ist Barmann und schreibt Gedichte und Geschichten. Unser Haus war von jeher erfüllt mit Musik und Kreativität. Ich habe mich immer am wohlsten gefühlt, wenn ich bei uns im Ort im Musikverein auf der Bühne stehen durfte. Und natürlich war das irgendwie immer auch mit dem Traum verbunden, mein Leben nichts anderes zu machen.

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Tatsächlich haben Sie dann als Jugendliche bei einer Castingshow fürs Fernsehen mitgemacht, in der es eine Musicalrolle zu gewinnen gab. Hatten Sie keine Bedenken, dass so eine Sendung einer echten Karriere vielleicht eher schaden könnte?

Ich war 17 Jahre alt und habe mir da nicht allzu viele Gedanken drüber gemacht. Auch weil ich selbst nie »X-Factor« oder so etwas guckte und mir diese ganze Welt eher fremd war. Aber ich war gerade in London, um mich bei Schauspielschulen zu bewerben. Die erste hatte schon abgesagt, und direkt an dem Tag, als die zweite Absage kam, gab es ein offenes Casting für diese Sendung mit dem Namen »I’d Do Anything«. Ich hatte nichts zu verlieren und fand, dass es nicht schaden könnte, einfach auf diese Weise ein bisschen mehr zu üben, schließlich ging es um Musicals.

Am Ende kamen Sie nicht nur in die Sendung, sondern belegten schließlich sogar den Platz zwei.

Ich staune im Rückblick immer noch, dass ich das in dem Alter einfach so gemacht habe. Aber meine Naivität war letztlich vermutlich genau das Richtige. Mir ging es nicht ums Fernsehen oder um Berühmtsein, sondern ich wollte einfach nur singen. Dass ich am Ende dadurch tatsächlich Zugang bekam zu einer Welt, in die ich mich sonst über viele Jahre hinein hätte kämpfen müssen, war aber natürlich ein großes Glück.

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Sie bekamen dann eine Musical-Rolle am West End, studierten Schauspiel und standen für erste TV-Rollen vor der Kamera. Hat die Schauspielerei die Musik als Ihre große Liebe abgelöst?

Vielleicht könnte man das so sagen. Meine Auseinandersetzung mit Shakespeare hat in mir ein Interesse an und Verständnis für Sprache ausgelöst, das ich davor nicht hatte. Und das mich seither nicht losgelassen hat. Aber mein Spiel mit meiner Liebe zur Musik verbinden zu können, wie nun bei »Wild Rose«, ist dann natürlich ein ganz besonderes Vergnügen.

Auch in Ihrem nächsten Film »Judy« geht es um Musik!

Stimmt, aber da singe ich nicht. Die Bühnenauftritte sind da ganz allein Renée Zellweger vorbehalten, die Judy Garland spielt, während ich als ihre Assistentin vor der Kamera stand. Es war eine bemerkenswerte Erfahrung, Renée in dieser Rolle bei der Arbeit zuzusehen. Und weil ich selbst so ein großer Judy-Garland-Fan bin. »Meet Me in St. Louis« war der erste Film, den ich in meinem Leben gesehen habe – und bis heute gucken wir ihn uns bei meinen Eltern einmal im Jahr gemeinsam an.

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