JubiläumskonzertAls das WDR-Sinfoniorchester aus Trümmern geboren wurde

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Cristian Măcelaru, Chefdirigent des WDR Sinfonieorchesters    

Köln – Als 1947 die Geburtsstunde des WDR Sinfonieorchesters schlug, lag Köln noch in Trümmern. Beim Festkonzert zum 75-jährigen Bestehen des Orchesters beschworen WDR-Intendant Tom Buhrow und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in der Philharmonie eindringlich jene Zeit der Entbehrungen, in der das neu erwachende Musikleben Zeichen der Hoffnung und des Aufbruchs setzte.

Der Moderne war das Orchester von Anfang an verpflichtet. Sie stand auch im Zentrum des Jubiläumskonzerts - aber es war doch eine auffällig retrospektive, geradezu archaisch gestimmte Moderne, die hier zur Sprache kam. In Witold Lutosławskis Konzert für Orchester aus dem Jahre 1954 steigen noch einmal mit Pathos und großer Geste die toten Formtypen des Barockzeitalters aus ihren Gräbern; Carl Orffs Carmina burana von 1936 beschwören die zugleich sinnenfrohe und schicksalsfürchtige Welt des europäischen Mittelalters.

Keine Frage, beides sind Meisterwerke hohen Ranges und völlig zurecht populär. Aber sie repräsentieren doch kaum jenen Geist der Innovation und Horizonterweiterung, für den das WDR Sinfonieorchester über Jahrzehnte hinweg stand.

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Cristian Măcelaru eröffnet mit einer Novität

Und im Grunde gilt das auch für die Novität, mit der Chefdirigent Cristian Măcelaru den Abend eröffnete: Das kurze Orchesterstück „Pentimento“ der kanadischen Komponistin Zosha di Castri erzielt seine Wirkung vor allem durch den hohen Oberflächenreiz von Blech und Schlagzeug.

In Lutosławskis ereignisreichem Orchesterkonzert setzte der Maestro (der übrigens am gleichen Tag durch einen hohen Verdienstorden seines rumänischen Heimatlandes geehrt wurde) weniger auf Bravour und leuchtendes Klangfinish als auf eine gewichtige, trittfeste und metrisch solide verankerte Darstellung, die vor allem im ausgedehnten Schlusssatz nicht frei von Spannungslöchern war.

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Mit ungewöhnlichem Differenzierungswillen dagegen belebte Măcelaru die schlichten Strophenlieder in Orffs Carmina burana, verband die Chöre des WDR und NDR sowie die Knaben und Mädchen der Kölner Dommusik zu einem wendigen, vorbildlich artikulierenden Vokalensemble.

Der exzellente Bariton Markus Werba fand noch in der derben Spelunkenszene Raum für poetische Zwischentöne; Sarah Aristidou entfaltete die heikle Sopranpartie zwischen lyrischem Liebreiz und ekstatischer Hingabe. Das Klagelied des gebratenen Schwanes sang der Tenor Wolfgang Ablinger-Sperrhacke mit gebührendem Jammer. 

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