Leserbriefe zur Tunnel-Variante„Hände weg von diesem Mammutprojekt“

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Blick auf den Kölner Heumarkt: Straßenbahnschienen fehlen, Menschen bevölkern den Platz. Spuren für Autofahrbahnen sind in dieser Visualisierung lediglich angedeutet.

Visualisierung des Heumarkts, frei von Straßenbahnschienen, die unterirdisch verlaufen

Gegen Pläne zur Verlegung der innerstädtischen Kölner Bahntrasse in einen Tunnel tragen Leser ihre Bedenken vor. 

Erweiterung bis in 35 Meter Tiefe – Die Tunnel-Variante für die Ost-West-Achse würde vier Haltestellen betreffen (8.5.)

Tunnel-Variante als anachronistische Planung

Wahnsinn! Da soll ich als ÖPNV-Nutzer künftig 35 Meter unter die Erde steigen, wo ich heute ebenerdig in die Stadtbahnlinien 1, 7 und 9 einsteigen kann? Unsere Stadträte und Stadträtinnen sollten sich noch mal gut überlegen, ob sie solch einer anachronistischen Planung aus den Zeiten der autogerechten Stadt tatsächlich zustimmen wollen.

Die Optimierung aus der betrieblichen Sicht der KVB kann doch nicht das einzig ausschlaggebende Argument sein. Zumal die bereits ausgearbeitete Planungsalternative ja gezeigt hat, dass es auch bei oberirdischer Führung der Stadtbahn durchaus möglich ist, die Nordseite des Neumarkts vom Autoverkehr zu befreien. Thilo Bosse Köln

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Statt Tunnel in die Streckenanbindung des Umlands investieren

Mit einigem Erstaunen lese ich von der Vorstellung der geplanten Tunnel-Variante für die Ost-West-Achse und bin einigermaßen fassungslos. Vier Verkehrsebenen an Neumarkt und Rudolfplatz? Wissen die Entscheider, was das für ÖPNV-Nutzer bedeutet? Endlose Treppen, endlose Gänge, bis man endlich am Bahnsteig steht, dazu das ständig anzutreffende Problem nicht funktionierender Rolltreppen und gesperrter Aufzüge

Und dieser ganze unsinnige Aufwand, um mal eben schnell nach Deutz, Kalk, Sülz oder Lindenthal zu kommen? Wo bisher ein kurzer Weg zur Haltestelle genügte – ebenerdig, ohne zeit- und kraftraubende Kraxeleien? Jeglicher Zeitgewinn für den Fahrgast, sofern er überhaupt bei der Tunnellösung Heumarkt-Moltkestraße erzielt wird, wird durch die endlosen Zugangs- und Abgangswege – bis zu 35 Meter unter Straßenniveau – aufgezehrt. 

Schade um jeden Cent, der für derartigen Unfug aufgewendet wird! Es wäre ohnehin dringend wünschenswert, einen klaren Kostenvergleich zwischen der Tunnellösung und einer vernünftigen Ertüchtigung und Modernisierung dieser Strecke bei einer Oberflächenlösung darzustellen. Die Entstehungskosten für einen Kilometer U-Bahn-Strecke liegen heute im Schnitt bei 150 bis 200 Millionen Euro, ohne nachfolgende Betriebs- und Unterhaltskosten.

Dieses Geld wäre besser investiert in die seit Jahren benötigten Streckenverlängerungen ins Umland: nach Widdersdorf, Rondorf, Neu-Brück, Langel/Niederkassel mit Rheinquerung bei Godorf und nach Flittard, gerne auch weiter nach Leverkusen und Opladen. Die Züge und Straßen dorthin sind voll, übervoll! Reinhard Schulz Köln

Mit der Tunnellösung Fehler der Vergangenheit beheben

Die Frage, ob die Bahn über- oder unterirdisch gebaut werden soll, ist zwischen den Ratsfraktionen umstritten. Ich hoffe und wünsche sehr, dass die heutigen Ratsmitglieder weiser entscheiden als ihre Vorgänger und Vorgängerinnen, die sich seinerzeit gegen den Bau einer U-Bahn und für das System der Unterflurstadtbahn entschieden haben, unter der heute der gesamte Stadtbahnbetrieb leidet.

Durch die Kreuzung von Straßenbahn und Individualverkehr wirken sich oberirdische Verkehrsstörungen auch in den Tunneln aus, und der Straßenbahnverkehr kommt auch im Tunnel zum Stillstand. Deshalb ist der Ausbau der Ost-West-Strecke nur durch einen maximal langen Tunnel sinnvoll und zukunftsfähig. Mögen die Ratsmitglieder klüger und vorausschauender entscheiden als ihre Vorgänger. Thomas Steffen Köln

Tunnel-Variante: „Hände weg von diesem Mammutprojekt“

Nachdem letztes Jahr die Vorzugsplanung für die oberirdische Variante des Ausbaus vorgestellt wurde, folgt nunmehr die unterirdische Variante. Vier Stationen müssen neu gebaut werden. Alles, was man erfährt, lässt einen doch sehr skeptisch auf das Bauprojekt schauen. Es werden sehr tiefe Stationen bis zu 35 Meter unter der Erde gebaut. Dies bedeutet weite Wege für Umsteigende. Die bei U-Bahnen ohnehin benachteiligten mobilitätseingeschränkten Personen werden durch diese weiten Wege noch weiter eingeschränkt in ihrer Freiheit.

In einem Nebensatz wird beschrieben, dass die Rampe, also die Einfahrt der Bahn in den Tunnel, massiv auf den Heumarkt einwirken würde. Sie würde eine ähnlich zerschneidende Wirkung wie der Autoverkehr haben. Der Heumarkt wurde immer genannt als Platz, der vom U-Bahn-Bau profitieren solle, um zu seiner ursprünglichen Größe, die bis zur Malzmühle reichte, und an seinen ehemaligen Glanz anzuknüpfen. Nun zeigt sich, dass das Gegenteil der Fall sein wird.

Im Wissen darum, dass die Tunnelmünder ungefähr 500 Meter lang sind, wird auch klar, dass das Mauritiusviertel, wo die Linie 9 zurück an die Oberfläche kommen wird, erheblich beeinträchtigt wird. Das heutige Mauritiusviertel lebt gut mit der Straßenbahn, sie passt sich angenehm in das Straßenbild ein und verleiht dem Viertel ein gemütlich-großstädtisches Flair. Die Schönheit des eng bebauten, kleinteiligen Viertels würde dann zerstört. Ähnlich gelagert ist dies bei der Rampe der Linie 1, die entweder an der Moltkestraße oder an der Aachener Straße an die Oberfläche kommt. Auch hier wird es erhebliche Einschnitte in den öffentlichen Raum geben.

Wenn man diese städtebaulichen Katastrophen im Blick hat, die Nachteile im Bereich der Barrierefreiheit kennt, dazu weiß, dass das Fahrkonzept kaum bessere Fahrtzeiten bringen wird und auch keine Mehrfahrten erlaubt, die nicht auch oberirdisch zu realisieren wären, ist es deutlich, dass das Konzept Ost-West-Bahn nicht umgesetzt werden sollte.

Wozu legt man zehn Jahre lang die Innenstadt lahm, wozu zahlt man horrende Summen, wenn am Ende weder die Bahnen häufiger fahren noch die Innenstadt besser aussieht als zuvor? Die immer als Vorteil genannte Revitalisierung des Neumarkts lässt sich durch eine intelligente Verkehrspolitik, die nicht allein auf das Auto setzt, auch ermöglichen. Also zeigt die Präsentation deutlich, dass man die Hände von diesem Mammutprojekt lassen sollte. Michael Vehoff Köln

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