Besuch am Düsseldorfer FlughafenWelche Menschen in Corona-Zeiten fliegen

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Passagiere warten am Düsseldorfer Flughafen auf ihren Flug.

Düsseldorf/Köln – Als die Welt noch normaler war, im Jahr 2010, verbrachte der Autor Alain de Botton eine Woche am größten Flughafen Europas, London Heathrow. Danach schrieb er ein Buch namens „Airport“, in dem es sinngemäß heißt: Nirgendwo konzentriert sich der Charme eines Flughafens so sehr wie auf den Bildschirmen, die Tagebuch führen über die bald in den Himmel steigenden Flugzeuge. Sie deuten ein Gefühl der Unendlichkeit, der unmittelbaren Möglichkeit an. Wie einfach es jetzt wäre, an einen Ticketschalter zu gehen und dann, in nur wenigen Stunden, in eine Maschine zu steigen, die einen in ein Land bringt, in dem man die Sprache nicht versteht und in dem niemand die eigene Identität kennt.

Ein Donnerstagnachmittag im März 2021 am Düsseldorfer Flughafen, dem immerhin 27. größten Flughafen Europas. Nur wenige Menschen rollkofferklackern durch die Abflughalle, ihre Reiseplanungsklarsichtfolien schon fest in der Hand, kaum jemand schaut länger als ein paar Sekunden auf die Bildschirme. Die Unendlichkeit ist in Corona-Zeiten überschaubar: Istanbul, Thessaloniki, München, Gaziantep, London, Palma de Mallorca, Antalya, Berlin, Hamburg, Mailand, Wien, Madrid.

Wirklich weit kommt man nicht, und spontan schon mal gar nicht. Die Schalter sind verlassen, an dem von „Air China“ lacht immerhin eine Pappaufsteller-Stewardess ihr Stewardess-Lächeln. Allein hinter einer Theke warten fünf echte Menschen auf Kundschaft. Sie arbeiten für das „Covid Testcenter Eco Care Direct“.

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Die jüngsten Nachrichten allerdings lassen vermuten, dass diese Bilder bereits der Abspann des Reise-Beschränkungen-Films sind. Oder eben der Vorspann des wiederanlaufenden Ab-in-den-Urlaub-Klassikers. Auch wenn die Inzidenz in Deutschland mittlerweile wieder stark steigt: Bund und Länder lockerten, das Robert-Koch-Institut hob so manche Warnung auf. Infolge war von einem „ungebremsten Ansturm“ auf die Buchungen zu lesen.

Eurowings hat kurzerhand die Zahl der Oster-Flüge nach Mallorca aufgestockt, der Düsseldorfer Flughafen angekündigt, aufgrund des „anziehenden Flugbetriebs“ ab Ende März einen weiteren Flugsteig zu öffnen. Deutschland hat offenbar Fernweh. Wir haben Passagiere in Düsseldorf und am Flughafen Köln/Bonn gefragt, wohin es geht – und warum.

Sabine und Karl Schumacher, Düsseldorf – Mallorca

Er: Mallorca ist unsere zweite Heimat. Wir haben dort ein Haus, im Nordosten der Insel, bei Arta.

Sie: Wissen Sie, wann wir das gekauft haben? Ende 2019. Kurz vor der Pandemie. Das hatten wir uns auch anders vorgestellt...

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Karl und Sabine Schumacher haben kurz vor der Pandemie ein Haus auf Mallorca gekauft.

Er: Das ist noch in Teilen eine Baustelle. Und da müssen wir jetzt mal weitermachen. Wollten wir eigentlich schon im Februar, dann konnten wir aber nicht hin. Hochrisikogebiet. Mittlerweile ist die Inzidenz dort aber deutlich niedriger als hier. Deswegen haben wir kein mulmiges Gefühl, hinzufliegen.

Sie: Und es ist auch nicht so, als hätten wir Lust aufs Fliegen, als würden wir uns darauf freuen. Es ist Mittel zum Zweck.

Er: Ich war im Januar schon einmal kurz alleine auf der Insel, da habe ich Spenden für die Menschen vor Ort mitgenommen. Durch die Pandemie geht es gerade im Nordosten Mallorcas vielen Einheimischen wirtschaftlich sehr schlecht. Da wollten wir helfen.

Eileen T., Düsseldorf - London

Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich nicht fliegen. Aber ich muss. Ich studiere Kriminologie und Soziologie in London und es kann sein, dass wir aufgrund der sinkenden Fallzahlen in Großbritannien bald wieder Präsenzveranstaltungen in der Uni haben.

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Die Kölnerin Eileen T. studiert in London und muss deshalb auch dorthin zurück.

Seit dem Winter war ich zu Hause, in Köln und habe bei meiner Familie gewohnt. Das war ziemlich angenehm. Jetzt geht's zurück ins Studentenwohnheim. Hat aber auch einen Vorteil: In Großbritannien werde ich laut Plan früher geimpft als in Deutschland, vielleicht sogar schon im Juni.

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Mutter Conny und Tochter Sarah Löwert wandern zusammen nach Mallorca aus.

Sarah und Conny Löwert, Köln/Bonn – Mallorca

Wir wandern nach Mallorca aus, aus gesundheitlichen Gründen: Meiner Mutter bekommt das Klima dort besser. Sie ist erst 64, aber schon Rentnerin. Ich selbst bin 33 und habe meinen Job gekündigt. In Cala d’Or an der Südostküste haben wir uns eine Wohnung gemietet. Eine Spedition bringt unsere Sachen dorthin. Wir sind gespannt, wie es weiter geht. Auf Mallorca werde ich versuchen, die Liebe zu finden.

Hakan Güngör, Düsseldorf – Antalya

Ich besuche meine Eltern, die habe ich seit einem Jahr nicht gesehen. Beide sind über 70 Jahre alt und Rentner. Eigentlich pendeln sie zwischen Deutschland und der Türkei, aber als die Pandemie kam, haben sie sich entschlossen, erstmal dort zu bleiben. Seitdem haben wir nur miteinander telefoniert. Ich bin froh, dass ich bald bei ihnen sein kann, bleiben werde ich knapp zwei Wochen. Sie sind beide schon geimpft, deswegen mache ich mir um sie wegen Corona auch keine Sorgen.

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Hakan Güngör reist in die Türkei, um seine Eltern zu besuchen, die er seit einem Jahr nicht gesehen hat.

Junge Frau und Lebensgefährte, Köln/Bonn – Mallorca

Sie: Wir haben uns natürlich testen lassen. Es ist alles in Ordnung. Auf Mallorca bleiben wir nur vier Tage. Wir haben uns dort vor kurzem ein Haus gekauft und wollen nach dem Rechten sehen. Zurzeit arbeiten da die Handwerker. Auf Mallorca sind die Ansteckungszahlen im Moment niedrig. Wir werden aber sowieso nicht viele Menschen sehen. Urlaubsfeeling habe ich noch nicht, das kommt vielleicht später.

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