Trüffel-Lehrpfad im Ahrtal„Die Grundlage wahrhaftigen Glücks in der Küche“

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Geschäftsführer Axel Peiß, erster Vorsitzender Jean-Marie Dumaine und Trüffelhund Merle.

  • Ein Trüffel-Lehrpfad bei Sinzig soll Menschen den kostbaren Pilz näher bringen.
  • Jean-Marie Dumaine ist Gourmetkoch aus der Normandie und hat einen Trüffel-Verein im Ahrtal gegründet.
  • Sein größtes Glück: Ein Paket Butter, dazu 125 Gramm Trüffel kleingehackt
  • Nach der Flut soll die Delikatesse, Touristen zurück in die Region locken.

Sinzig – Es ist nicht das Auge, das die Einzigartigkeit des Pilzes erkennt, als Jean-Marie Dumaine seine Hand öffnet. Es ist die Nase, die einen Geruch wahrnimmt, der schwer zu beschreiben ist. Nüsse, nasse Erde, ein Hauch Kakao. Liebhaber erkennen den Duft sofort: Trüffel, Burgundertrüffel in diesem Fall, um genau zu sein. Eine kleine schwarze Knolle, die zur Gattung der Pilze gehört.

Die Sonne scheint an diesem Herbsttag zwischen den Trüffel-Wirtsbäumen und den zahlreichen anderen Baumarten hindurch. Ihre Sonnenstrahlen spendieren aber nur noch wenig Wärme. Denn die Trüffel-Plantage liegt nicht, wie viele bei Trüffel vielleicht denken, im Süden Europas. Sondern mitten im jüngst überschwemmten Ahrtal – auf einem ehemaligen Weinberg in Bad Bodendorf bei Sinzig.

Trüffel-Lehrpfad soll Menschen den Pilz erklären

Jean-Marie Dumaine ist Gourmetkoch aus der Normandie und der erste Vorsitzende des Vereins Ahrtrüffel. Im Jahr 1979 eröffnete er sein Gourmet-Restaurant Vieux Sinzig. Im Jahr 2002 fand er auf dem ehemaligen Weinberg, der unmittelbar am historischen Ahrwein-Wanderweg liegt, das erste Mal wilden Trüffel. Jüngst eröffnete ein Trüffel-Lehrpfad. „Unser Verein gilt als sehr elitär, für viele Menschen ist Trüffel ein Luxusprodukt“, sagt der 67-Jährige mit französischem Akzent.

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

Neuer Inhalt

Jean-Marie Dumaine auf dem Trüffelpfad in Bad Bodenford.

Der Lehrpfad soll den Menschen die schwarze Knolle näher bringen, sagt Dumaine. Ihnen erklären, was Trüffel ist und wie er wächst. Zusammengefasst sind die Informationen auf sieben Tafeln entlang des Pfades. Wie lang der Weg genau ist, weiß selbst Dumaine nicht. 100 Meter vielleicht, schätzt er.

200 Trüffel-Wirtsbäume auf 5000 Quadratmetern

Was in der Theorie auf den Schildern erklärt ist, passiert direkt neben dem Weg in der Praxis. Denn nachdem Dumain den wilden Trüffel im Ahrtal fand, sammelte er mit einer Sondergenehmigung die Pilze, um Sporen zu gewinnen. Damit konnte er neuen Trüffel anbauen. 2005 gründete er den Verein. Heute stehen 200 Trüffel-Wirtsbäume auf dem 5000 Quadratmeter großen Gelände.

Da Trüffel auf den Wurzeln verschiedener Pflanzen wachsen, sind dort neben den Wirtsbäumen auch noch Eichen, Linden, Kiefern oder Rotbuchen zu finden. „Das Grundstück ist perfekt für Trüffel, mit den verschiedenen Pflanzen hat er alles, was er braucht. Es ist ein natürliches Biotop“, sagt Dumaine. Vor allem der kalkhaltige Boden sei die perfekte Grundlage für den Anbau der Knolle.

„Trüffel ist für mich die Grundlage wahrhaftigen Glücks in der Küche“

Wenn Jean-Marie Dumaine vom Trüffel spricht, leuchten seine Augen. Er erzählt von der Symbiose der Pflanzen oder vom Trüffel, der den Mix von Licht und Schatten oder von feucht und trocken liebt. Und er schwärmt vom Geschmack. „Trüffel ist für mich die Grundlage wahrhaftigen Glücks in der Küche“, sagt der Koch und blickt auf den frischen Pilz in seinen Händen. „Er ist so vielfältig einsetzbar, Reis, Pasta oder auch bei Crème brûlée.“

Sein Lieblingsgericht: Trüffelbutter. „Ein Paket Butter, 125 Gramm Trüffel, kleingehackt. Und dann aufs Baguette“, sagt Dumain. Dazu empfiehlt er einen Burgunder-Wein. „Das ist ein Genuss für sich.“ Während das Kochen mit dem Trüffel nach einem genauen Rezept erfolgt, ist die Trüffelsuche ein Glücksspiel. „Für mich ist es sehr emotional Trüffel zu finden, denn manchmal ist er dort, wo man ihn gar nicht erwartet. Der Pilz überrascht uns immer wieder“, sagt Dumaine.

Pudel Merle sucht in diesem Herbst den Burgundertrüffel

Doch eigentlich ist es nicht er selbst, der den Trüffel findet, sagt er und schaut nach rechts. Dort steht ein kleiner Hund, der zur Rasse der Pudel gehört. Sein Fell ist grau-weiß. Und der Hund ist eine sie. Merle ist ein Trüffelhund.

Schweine setze man schon lange nicht mehr für die Trüffelsuche ein, zu kompliziert sei es, die Tiere auf den Weinberg zu fahren, sagt Dumaine. Der Pudel läuft zu Dumaine rüber, seine feuchte Nase drückt er in den Korb, der neben dem 67-Jährigen steht. Dort hat er den Trüffel in der Zwischenzeit hineingelegt. Merle ist klein und flink - perfekt also.

Den Trüffel verkauft der Verein an Köche und Liebhaber 

„Das haben wir schon gefunden“, sagt Dumaine zu Merle. „Ich brauche aber noch ein paar Knollen für einen Kunden“, sagt er weiter, jetzt ist sein Blick auf Axel Peiß gerichtet, Geschäftsführer des Vereins und Merles Herrchen. Die beiden laufen los. „Such Merle“, sagt Peiß und erklärt, dass das Kommando das Zeichen für den Hund ist, nach Trüffel zu suchen.

Neuer Inhalt

Trüffelhund Merle und Besitzer Axel Peiß.

Merle läuft los, schnüffelt herum, bleibt stehen und buddelt. Hier könnte etwas liegen, glaubt Peiß. Zur Belohnung bekommt Merle einen Haufen Leberwurstpaste aus der Tube. Alex Peiß buddelt an dieser Stelle mit einer Schippe weiter. Dann: Fehlalarm. Es ist nur ein Mäuseloch.

Etwa 500 Gramm haben Dumaine und Peiß heute schon gefunden. Den Trüffel verkauft der Verein an zahlreiche Köche und Liebhaber in ganz Deutschland. Als vor vier Monaten das Hochwasser kam, machten Dumaine und sein Team weiter – auch um ein Zeichen zu setzen.

Dumaine will nach der Flutkatastrophe weitermachen und helfen

„Gerade jetzt wollen wir auf das Ahrtal aufmerksam machen. Die Betriebe, die nicht vom Hochwasser betroffen sind, brauchen weiterhin Kunden“, sagt Dumaine. Er hofft, dass der Tourismus schnell in die Region zurückkehrt. „Wir wollen zeigen, dass nicht alles kaputt ist. Touristen sind mehr als willkommen.“

Jean-Marie Dumaine wirkt hoffnungsvoll, wenn er über die Zukunft seiner Region spricht, bedrückt, wenn er von der Flutkatastrophe erzählt. Er war einer der Ersthelfer, der die Menschen, die alles verloren haben, in den ersten Tagen nach der Flut mit Wasser, Kaffee, Suppe und Brot versorgte. Die Hilfe des Kochsdauert aber an. „Ein bekannter Koch aus Ahrweiler hat sein Restaurant verloren. Ich habe ihm angeboten, zu mir zu kommen“, sagt er. Was er damit genau meint: Bereits Ende 2018 schloss er nach 40 Jahren sein Restaurant, die Räumlichkeiten stehen seitdem leer.

Das könnte Sie auch interessieren:

Diese bot er jetzt dem Gastronom aus Ahrweiler an. Mitte November wird Jörg Kleber dort das neue Restaurant „Klebers Küche im Vieux Sinzig“ eröffnen. „Ich werde erst einmal keine Miete von ihm nehmen, das ist meine Art zu helfen“, sagt Dumain.

Auch mit seiner Trüffelplantage und dem dazugehörigen Lehrpfad will er Menschen unterstützen, auf eine andere Art und Weise eben. „Ich missioniere, ich habe eine Trüffelmission“, sagt er und lacht. Er hofft, dass die Menschen, die den Lehrpfad besuchen, seine Liebe für den Trüffel jetzt etwas besser verstehen.

KStA abonnieren