„Schlupflöcher“Streit über 15-Kilometer-Regel und Kontaktbeschränkungen in NRW

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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)

Düsseldorf – Die Opposition im Düsseldorfer Landtag hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wegen seines Umgangs mit der 15-Kilometer-Regel scharf kritisiert. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty warf dem Ministerpräsidenten vor, ein „Chaos“ angerichtet zu haben, das niemand mehr durchblicken könne. Die Landesregierung hatte am späten Montagabend eine Regionalverordnung für vier Kommunen mit einer Inzidenz von über 200 erlassen. In der neuen Corona-Schutzverordnung des Landes war zuvor keine einheitliche Regelung festgelegt worden.

Die Regionalverordnung gilt zunächst für die Kreise Höxter, Minden-Lübbecke, Recklinghausen und den Oberbergischen Kreis. Dort wird der Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer rund um den Wohnort eingegrenzt. Laschet betonte, die vier Kreise hätten sich selbst für die Maßnahme entschieden. Eine landesweite Regel mache keinen Sinn. Teilweise seien klar nachvollziehbare Ausbruchsgeschehen zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen für hohe Inzidenzen verantwortlich. Dann würde eine Einschränkung des Aktionsradius für alle Menschen in einem Kreis keinen Sinn machen.

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Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer warf der Landesregierung vor, die Akzeptanz der Menschen durch schlechte Kommunikation bei der Einführung der 15-Kilometer-Regel über Nacht zu verspielen. Besser als eine verfassungsrechtlich fragwürdige pauschale Begrenzung des Bewegungsradius wäre nach Ansicht der Grünen etwa die Reduzierung von Kontakten im Arbeitsleben. Daher müsse ein Recht auf Homeoffice in den Bereichen eingeführt werden, in denen Arbeit von zu Hause aus möglich sei.

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Zu einem heftigen Schlagabtausch kam es auch bei der Diskussion über die neuen Kontaktbeschränkungen. Kutschaty warf der Landesregierung vor, zahlreiche „Schlupflöcher“ in die Corona-Schutzverordnung „hineingebastelt“ zu haben. So würden die Regeln in NRW nur für den öffentlichen Raum gelten. In den eigenen vier Wänden gebe es aber keine Personenbegrenzungen. Es seien auch „Kaffeekränzchen“ und „Skatabende“ erlaubt, sagte der SPD-Politiker aus Essen.

Laschet hält dagegen

Laschet hielt dem Oppositionsführer entgegen, er erwecke den Eindruck, dass privat alles erlaubt wäre. Kutschaty erfinde Beispiele, die das Gesetz gar nicht erlaube. „Das ist nicht gut in diesen Zeiten“, sagte der Ministerpräsident. Die Infektionszahlen könnten binnen weniger Tage dramatisch in die Höhe schnellen, wenn das veränderte Virus aus Südafrika seine Kraft in Deutschland entfalte, sagte Laschet. Er bekräftigte zugleich die Absicht, die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen in privaten Räumen nicht kontrollieren zu lassen.

Bodo Löttgen, Fraktionschef der CDU im Landtag, warf der SPD vor, die Sondersitzung aus parteitaktischen Beweggründen einberufen zu haben. Der Partei gehe es lediglich darum, den Landtag als Bühne zu nutzen, um im Vorfeld des CDU-Parteitags am Wochenende für Unruhe zu sorgen, bei dem sich Laschet um den Bundesvorsitz bewirbt.

Der Frankfurter Rechtswissenschaftler Uwe Volkmann äußerte Zweifel, ob die Einführung einer 15-Kilometer-Regel zur Reduzierung des Infektionsrisikos überhaupt Sinn mache. Schließlich seien inzwischen fast alle Gebiete in Deutschland Risikogebiete, sagte er im „Morgenecho“. Bei Grundrechtseinschränkungen müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Ob diese der Fall sei, wage er zu bezweifeln. (mit dpa)

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