Düsseldorf/Köln – Eigentlich wollten Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und sein Stellvertreter Joachim Stamp (FDP) nach der Kabinettssitzung über das neue Kinderschutzgesetz berichten. Doch angesichts der hohen Fallzahlen fällt der Fokus – wieder einmal – auf Corona. Bundesweit liegt die Inzidenz inzwischen bei über 200, berichtet Wüst, der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. Trotzdem bleibt vieles beim Alten: Die Maskenpflicht im Unterricht entfällt weiterhin, eine verpflichtende 2G-Regelung im Freizeitbereich werde geprüft.
„Wir brauchen wieder kostenlose Schnelltests, mindestens für Geimpfte und Genesene“, fordert Wüst immerhin. Im Alleingang wird NRW diese aber nicht durchsetzen: Es seien die Parteien der Ampel-Koalitionsverhandlungen gewesen, die diesen Vorschlag gemacht hätten. Wüst hält ihn für richtig. Trotzdem: Die kostenlosen Tests kosten ja durchaus etwas – bundesweit eine Milliarde Euro - pro Monat. „Wer dies ankündigt, der soll es auch zahlen“, so Wüst.
Auch deshalb fordert Wüst eine erneute Ministerpräsidentenkonferenz, wenn möglich noch dieser Woche: Bund und Länder sollten zeitnah Fahrpläne für den Winter ausarbeiten. Sie müssten eine Strategie bei den Booster-Impfungen abstimmen und eine mögliche Testpflicht in Pflegeeinrichtungen. Wüst fordert zudem, eine 3G-Regelung am Arbeitsplatz zu prüfen.
Grüne: Verantwortung nicht auf Bund und Kommunen abschieben
Von den Grünen im NRW-Landtag kam Kritik: Wüst mache es sich zu leicht, „wenn er reflexartig nach dem Bund ruft oder die Verantwortung auf die Kommunen abschiebt“, kritisierte die Fraktionsvorsitzende Josefine Paul am Dienstag. Vor dem Bund-Länder-Treffen müsse Wüst das Parlament über „die Linie der Landesregierung“ informieren, forderte sie.
Mit Blick auf Karneval kündigt Wüst landesweit eine „3G plus“-Regelung an: Wer an einer Saalsitzung teilnehmen möchte, muss geimpft sein, genesen sein oder einen maximal sechs Stunden alten Schnelltest beziehungsweise einen maximal 24 Stunden alten PCR-Test vorweisen können. Die Hochburgen Düsseldorf und Köln haben selbsttätig ihre Feierlichkeiten zum 11.11. auf 2G beschränkt. Das begrüße er sehr, sagte Wüst, für eine Regelung setzt er aber auf eine bundesweite Einigung.
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Eine Rücknahme der Maskenfreiheit im Schulunterricht lehnt Wüst ab, in den Schulen gebe es „kein außergewöhnliches Infektionsgeschehen.“ Auch angesichts der Booster-Impfungen sei eine Wiedereröffnung der Impfzentren für unrealistisch. Stattdessen gebe es ab sofort in jeder Stadt und jeder Gemeinde ein Impfangebot neben den Hausärzten, beispielsweise einen Impf-Bus.
Die Grünen im Landtag kritisierten, Ministerpräsident Wüst wolle offenbar die Politik des „Auf-Sicht-Fahrens“ fortführen: „Nach 20 Monaten in der Pandemie muss die Landesregierung endlich eine Strategie präsentieren, wie notwendige Maßnahmen wirksam ineinander greifen, um Menschen vor Infektionen zu schützen und eine weitere Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern“, forderte Fraktionschefin Josefine Paul.
Plan zum Schutz von Alten, Kranken und Kindern
Um einerseits so viel Normalität wie möglich anzubieten, andererseits aber die Schutzbedürftigen – Alte, Kranke, Kinder – zu schützen, legten die Grünen einen 12-Punkte-Plan vor, der vor allem eine Gesamtstrategie fordert, um alle Einzelmaßnahmen wirksam zu verbinden. So solle der Expertenrat zur fachlichen Unterstützung der Landesregierung wieder eingesetzt werden. Zudem müsse die Kommunikation im Hinblick auf die Schutz- und Hygieneregeln wie das Masketragen im ÖPNV, Abstand halten oder das Überprüfen von 2G/3G Regeln in der Gastronomie einheitlich und plausibel sein.
Die Grünen fordern eine strikte 2G-Regel für Freizeitaktivitäten in Innenräumen sowie eine Impfpflicht für „bestimmte Berufsbereiche“ – gemeint sind zum Beispiel Beschäftigte in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Zudem müsse die Maskenpflicht an Schulen wieder eingeführt werden, sowie eine Testpflicht für alle Beschäftigten und eine verpflichtende 3G-Regel am Arbeitsplatz. Die Beendigung der kostenlosen Schnelltests sei ein Fehler gewesen, sagte Paul, und forderte kostenlose Schnelltests für alle.
SPD im Gleichklang mit Grünen
Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher de SPD-Fraktion gefiel der Plan der Grünen so gut, dass er gleich die Urheberschaft beanspruchte: „Wir begrüßen es, dass die Grünen die wesentlichen Inhalte aus unserem 10-Punkte-Plan übernommen haben“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Es wäre schön gewesen, wenn auch die Landesregierung sich so intensiv an unserem Maßnahmen-Katalog bedient hätte.“ In der Tat: In den Forderungen nach 2G für öffentliche Veranstaltungen, 3G am Arbeitsplatz, Maskenpflicht in der Schule und Wiedereinsetzung des Expertenrats argumentieren beide Oppositionsparteien synchron.