Die amerikanische Elite-Uni Harvard soll keine Studierenden aus dem Ausland mehr aufnehmen dürfen. Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach über die möglichen Folgen.
Karl Lauterbach über Trump-Entschluss„Sollte dieses Netzwerk zerstört werden, würde der Stern von Harvard sinken“

„An der Harvard School of Public Health sind zum Teil 50 Prozent internationale Studenten. Dort ist man in allergrößter Sorge“, sagt Karl Lauterbach (SPD).
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Die US-Regierung entzieht Universität Harvard die Genehmigung, internationale Studierende aufzunehmen. Der Vorgang ist ein weiterer Schritt im anhaltenden Konflikt zwischen der Trump-Regierung und Hochschulen, denen sie eine linksliberale Ausrichtung vorwirft.
Der Kölner Politiker Karl Lauterbach (SPD), ehemaliger Bundesgesundheitsminister und neuer Vorsitzender des Ausschusses für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung im Bundestag, sieht die Entwicklung mit Sorge.
Herr Dr. Lauterbach, wie blicken Sie als Absolvent und Gast-Dozent an der Harvard-University auf die jüngste Entscheidung der US-Regierung?
Karl Lauterbach: Das ist ein Angriff auf das zentrale Kapital dieser Universität. Noch viel wichtiger als Geld und Vermögen sind für die Harvard-Universität die internationalen Studenten. Ein Viertel der Studentinnen und Studenten dort sind internationale Studierende, sie sind die besten dort. Sie bleiben später auch oft als Wissenschaftler im Land - in Harvard selbst oder an anderen amerikanischen Elite-Unis. Daraus baut sich ein Netzwerk von Wissenschaftlern in der ganzen Welt auf. Und das ist das eigentliche Kapital der Universität – dieses Netzwerk internationaler Studierender, die später weltweit in herausgehobenen Funktionen forschen und arbeiten.
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Kann eine Elite-Universität den Ausschluss einer solchen Menge an Top-Leuten überhaupt irgendwie ausgleichen?
Sollte dieses Netzwerk zerstört werden, würde der Stern von Harvard sinken. Tatsächlich geht dieser Angriff ins Mark – die Universität hat für die große Zahl ausländischer Studierender keinen Ersatz. Auch amerikanische Studenten sind extrem gut. Aber mit ihnen allein baut man keine Verbindungen auf, die in der gesamten Welt dann zu einem vergleichbaren Forschungsnetzwerk führen können. Somit verlöre die Uni jetzt nicht nur die Menschen, die Studierenden, sondern verlöre eine globale wissenschaftliche Verbindung. Die nächste Generation internationaler Projekte würde für die Harvard University sehr viel schwerer aufbaubar sein.
Sie sind Gast-Dozent in Harvard - sehen Sie Ihr Engagement gefährdet?
Ich plane derzeit meine Vorträge im Herbst, ich bin mit der Uni im Austausch – momentan läuft da alles noch nach Plan. Internationale Wissenschaftler, die dort lehren, sind zunächst nicht betroffen. Wenn sich die Lage nicht verändert, werde ich wie geplant lehren.
Was hören Sie von Ihren Kollegen vor Ort - wie ist die Stimmung in Harvard?
Die Kollegen sind enttäuscht und sehr beunruhigt. Gerade an der Harvard School of Public Health, also die Uni, an der ich die Gastprofessur innehabe und auch früher studierte, sind zum Teil 50 Prozent in bestimmten Abteilungen internationale Studenten. Daher ist man dort in allergrößter Sorge. Man hofft aber, dass das ganze noch über den Rechtsweg abgewendet werden kann.