In der Maskenaffäre wird dem früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Geldverschwendung vorgeworfen. Auch NRW kaufte Masken für hohe Stückpreise.
Masken-Deal mit NRWPolitiker-Tochter erhielt 313.000 Euro Provision

Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, sitzt im Februar 2022 mit einer FFP2-Maske im Landtag.
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Die schwarz-grüne Landesregierung beabsichtigt nicht, rechtliche Schritte gegen eine Firma einzuleiten, die zu Beginn der Corona-Pandemie kostspielige Masken geliefert hatte. „Hypothetischen Ansprüchen“ sei „in der Gesamtschau auch das Prozesskostenrisiko gegenüberzustellen“, erklärte eine Sprecherin von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage. Ein Wucher-Vorwurf werde nicht erhoben. „Die Landesregierung wird sich daher nicht an dem Strafverfahren in der Schweiz beteiligen“, hieß es.
Die Schweiz hatte ein Strafverfahren gegen das Unternehmen Emix eingeleitet, dem auch der Staat Bayern beigetreten war. Während der Bund bei der Firma Masken zum Stückpreis von 5,58 Euro bestellt hatte, wurden den Bayern 8,90 Euro und NRW sogar 9,90 Euro in Rechnung gestellt. In ihrem kürzlich vorgestellten Bericht hatte die Masken-Sonderermittlerin Margaretha Sudhoff (SPD) festgestellt, Stückpreise von mehr als sieben Euro seien „schwer nachvollziehbar“.
Provision nicht ordnungsgemäß versteuert – Haftstrafe
Dem Sudhoff-Bericht ist zudem zu entnehmen, welche Provisionszahlungen im Zusammenhang mit den Masken-Käufen geflossen waren. Die Tochter des früheren bayerischen Finanzministers Gerold Tandler hatte eine Summe in Millionenhöhe für die Vermittlung von Masken-Geschäften erhalten, aber nicht ordnungsgemäß versteuert. Ein Gericht verurteilte sie dafür nun zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren.
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In den vergangenen Wochen war der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wegen der Maskengeschäfte unter Druck geraten. „Alle sprechen über Jens Spahn“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Kämmerling dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man müsse „aber auch über NRW reden“: „Denn dort wurde fast doppelt so viel für besagte Masken gezahlt wie im Bund. Und bis heute sind die genauen Hintergründe dieses seltsamen Deals ungeklärt.“
Opposition wittert noch mehr Geheimnisse, die nicht ans Licht kommen sollen
So habe die Opposition erst durch den Sudhoff-Bericht von der Höhe der Provision an die Politiker-Tochter erfahren. „Die Landesregierung hatte sie uns bisher nie genannt“, sagte Kämmerling. Es sei „seltsam“, warum die Landesregierung nicht der Klage gegen die Firma Emix beitrete. „Das macht mich immer noch stutzig. Gibt es hier vielleicht doch mehr zu verbergen?“, fragt sich der SPD-Politiker.

Die Angeklagte Andrea Tandler steht 2023 vor der Urteilsverkündung im Gerichtssaal des Landgerichts München. (Archivbild)
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Laut dem Sudhoff-Bericht wurde der Tandler-Tochter für das NRW-Geschäft eine Provision in Höhe von 313.156,80 Euro überwiesen. Das Gesundheitsministerium erklärte, dem Haus lägen zu den Zahlungen von Emix an die Vermittlerin „keine Erkenntnisse“ vor. Die von der Firma Emix gelieferten Masken seien stichprobenartig hinsichtlich ihrer Schutzwirkung überprüft worden. Dabei sei „eine ausreichende Schutzwirkung bestätigt“ worden.
Das NRW-Gesundheitsministerium rechtfertigte die Maskenkäufe. „Da große, renommierte Hersteller eine kurzfristige Lieferung von Schutzmaterial nicht sicherstellen konnten, mussten wegen des weltweiten Ansturms auf Schutzausrüstung erfolgversprechende kurzfristige Angebote genutzt werden, um dadurch eine Gefahr für Leib und Leben abzuwenden“, sagte eine Laumann-Sprecherin. „Der mit der Firma Emix vereinbarte Preis war hoch, bewegte sich jedoch – unter Berücksichtigung der oben skizzierten Gründe – in einem für die damaligen Verhältnisse üblichen Rahmen“, fügte sie hinzu.
Der Masken-Deal war am 3. März 2020 innerhalb von wenigen Stunden abgeschlossen worden. Ausweislich des unterdessen öffentlich zugänglich gemachten Mail-Verkehrs erhielt die Landesregierung um 20.14 Uhr ein Angebot der Politiker-Tochter, die ankündigte, 9,9 Millionen Masken beschaffen zu können. Bereits um 21.13 Uhr signalisierte NRW „großes Interesse und eine verbindliche Zusage am nächsten Morgen“. Letztendlich kamen wegen Lieferproblemen nur 527.200 Masken nach NRW. Der SPD-Abgeordnete Stefan Kämmerling sagte: „Unser Amigo-Verdacht wurde bis heute nicht ausgeräumt. Laumann hat offenbar kein Interesse daran, den Deal näher zu beleuchten.“