Hitzewelle in KölnSo können Sie Obdachlosen an heißen Tagen helfen

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Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kölner Straßenwächter verpflegen die Wohnungs- und Obdachlosen fast täglich mit Wasser und Essen (Symbolbild).

Köln – In dieser Woche sollen die Temperaturen in Köln und der Umgebung die 30-Grad-Marke übersteigen. Während die meisten Menschen sich dann in der kühlen Wohnung vor der Mittagshitze schützen können, sind Wohnungslose, aber vor allem Obdachlose, der prallen Sonne ausgesetzt. Zwei Streetworker und ein Arzt aus Köln geben Tipps, wie Sie Menschen auf der Straße an diesen heißen Tagen unterstützen können.

Laut der aktuellsten Wohnungslosenstatistik des Landes NRW gab es im Jahr 2020 in Nordrhein-Westfalen 49.987 Wohnungslose, also Menschen, die keine Wohnung haben, aber entweder in speziellen Unterkünften untergebracht waren oder Kontakt zu Beratungsstellen der Wohnungshilfen hatten. Aktuellere Zahlen gibt es für Köln. Dort sind derzeit 7300 Wohnungslose gemeldet. Die Zahl der Obdachlosen könne nur geschätzt werden, teilt die Stadt Köln auf Anfrage dieser Zeitung mit. Sie geht von 300 aus.

Warum ist die Hitze überhaupt ein Problem für Menschen und insbesondere Wohnungs- und Obdachlose?

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Ralf Promper spricht als Einrichtungsleiter täglich mit den Wohnungs- und Obdachlosen.

Vor allem die pralle Sonne ist ein großes Problem für die Obdachlosen, sagt Dennis Bucek, Gründer der Kölner Obdachlosenhilfe Straßenwächter. Nicht immer finden sie einen Platz im Schatten. „Auf den Kölner Ringen zum Beispiel treffen wir viele Menschen an, bei denen sich die Haut schon stark abpellt“, sagt der Streetworker. Ein weiteres Problem nennt Ralf Promper, Einrichtungsleiter der Kontakt- und Beratungsstelle für Wohnungslose beim Sozialdienst Katholischer Männer Köln: „Die meisten Menschen, die auf der Straße leben, haben wenige Wechselklamotten und sind auch nicht auf große Hitze vorbereitet.“ 

Ist ein Mensch zu lang heißen Temperaturen ausgesetzt, können vor allem Kreislaufstörungen auftreten, sagt Prof. Dr. med. Mark Oette, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie und Infektiologie im Krankenhaus der Augustinerinnen und Mitglied im Kölner Verein Gesundheit für Wohnungslose. Das ist zum einen der bekannte Sonnenstich, der auftritt, wenn Menschen zu lang ohne Kopfbedeckung direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. „Aufgrund einer Schädigung des Gehirns leiden Betroffene unter Konzentrationsstörungen und Kreislaufreaktionen bis hin zum Verlust des Bewusstseins“, sagt der Mediziner.

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Seit 30 Jahren versorgt und Prof. Dr. med. Mark Oette Wohnungs- und Obdachlose in König.

Zum anderen kann auch der sogenannte Hitzschlag eine Folge sein. „Da ist keine Beschädigung am Kopf die Ursache, sondern starkes Schwitzen und zu wenig Flüssigkeit. Das führt zu Kreislaufzusammenbrüchen sowie zu Kollaps- und Sturzereignissen.“

Diese Folgen sind für alle Menschen gefährlich. Neben alten Menschen ist Hitze auch für bereits Geschwächte ein zusätzlicher Stressfaktor für den Körper. Zu dieser Personengruppe zählt Oette die Wohnungs- und Obdachlosen: „Sie leben sowieso schon unter sehr prekären Bedingungen, viele von ihnen leiden unter einer Suchterkrankung“. Dazu komme, dass die Menschen auf der Straße „krass medizinisch unterversorgt sind und kaum bis gar keinen Zugang zum regulären Gesundheitswesen haben.“

Die größte Gefahr ist der Hitzetod. In seinen dreißig Jahren als Arzt für Wohnungs- und Obdachlose hat Mark Oette dies schon erlebt. „Es kommen aber immer mehrere Faktoren, also Hitze in Kombination mit geschwächter Personengruppe und Alkohol, zusammen. Die Zusammenhänge sind sehr komplex.“

Was benötigen die Wohnungs- und Obdachlosen an diesen heißen Tagen konkret?

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Dennis Bucek hat 2005 die Straßenwächter in Köln ins Leben gerufen.

„Das A und O in diesen Tagen sind Wasser und Sonnencreme“, sagt Dennis Bucek. In der Regel stellen die Kontaktstelle von Ralf Promper und auch die Straßenwächter Wasser für die Wohnungs- und Obdachlosen bereit, dennoch kann man nie genug Wasser haben. Auch die Rheinenergie bietet seit 2020 öffentliche Trinkwasserstellen an.

Was in diesem Zusammenhang vielleicht nicht immer als erstes in den Sinn kommt, sind spezielle Wasserflaschen, die die Menschen auf der Straße brauchen. „Die Flaschen müssen eine gewisse Kühlwirkung haben“, sagt Promper. Im Winter könnten diese dann als Isolierflaschen für Warmgetränke genutzt werden.

Sonnencreme können die Sozialdienste nicht immer in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. Auch After Sun können die Menschen auf der Straße sehr gut gebrauchen. Zudem benötigen sie leichte Kleidung, die Arme und Beine bedecken und Kopfbedeckungen wie Baseballcaps oder Hüte. Wichtig sind aber auch verschiedene Pflegeprodukte, sagt Ralf Promper. „Im Sommer muss man sich einfach häufiger frisch machen, dafür brauchen die Menschen auf der Straße Deo, Erfrischungstücher, Duschgel oder Haarshampoo.“

Mit Isomatten und Decken für die Nacht seien die Obdachlosen hingegen schon gut ausgerüstet. „Da diese aber in der Regel vor allem im Winter vor der Kälte schützen sollen, sind sie oft zu warm. Da wären spezielle Sommerschlafsäcke besser.“

Soll ich die Wohnungs- und Obdachlosen ansprechen oder einfach etwas hinstellen?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Sie den Wohnungs- und Obdachlosen helfen können. Die erste Option ist die direkte Hilfe auf der Straße. Ralf Promper rät: „Wenn Sie sich überwinden können, gehen sie hin und sagen: Ich möchte gerne helfen, was kann ich Ihnen Gutes tun? Der Obdachlose weiß am besten, was er braucht.“

Hier können Sie in Köln für Obdachlose spenden oder sich selbst engagieren

Straßenwächter e.V. Sozialdienst Katholischer Männer e.V. Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. Helping Hands Cologne e.V. Bürger für Obdachlose e.V. Arche für Obdachlose Freunde der Kölner Straßen und ihre Bewohner e.V. Wohnungslos in Köln Die Samariter Verein heimatlos in Köln Heilsarmee

Ihm ist bewusst, dass viele Menschen Hemmungen haben, weil es immer wieder Obdachlose gibt, die unfreundlich reagieren. „Aber aus Erfahrung weiß ich auch, dass 90 Prozent dankbar sind, wenn sie angesprochen werden. Oft entstehen tolle Gespräche mit den Obdachlosen“, sagt Promper. 

Der Einrichtungsleiter ermuntert jede Bürgerin und jeden Bürger, das Gespräch zu suchen. „Nur belehren sollte man die Menschen nicht, zum Beispiel, wenn sie offensichtlich zu viel Alkohol trotz Hitze trinken. Sucht ist eine Krankheit und manchmal größer als die Vernunft“, sagt Promper, das müsse man dann akzeptieren.

Was kann ich machen, wenn ich mich nicht traue, den Obdachlosen anzusprechen?

Wer sich nicht traut, die Menschen anzusprechen, kann natürlich auch etwas hinstellen. Dennis Bucek zeigt dafür Verständnis. 2005 hat er die Straßenwächter gegründet, seitdem viel erlebt. „Durch Alkohol- und Drogenabhängigkeit sind viele aggressiv, aber gerade diese Menschen brauchen unsere Hilfe.“ Dann aber lieber Sonnencreme, eine Flasche Wasser oder frisches Obst statt eines Leberkäsebrötchens, sagt Promper. „Man weiß nie, wie viele Brötchen der Mensch heute schon bekommen hat und ob er überhaupt Leberwurst mag.“

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Gibt es noch weitere Möglichkeiten, wie ich Obdachlosen helfen kann?

Die zweite Möglichkeit ist es, an Wohnungs- und Obdachlosenhilfen zu spenden, egal ob Geld- oder Sachspenden wie Kleidung oder Sonnencreme oder nicht verderbliches Essen. Wasser sollten Sie in Plastikflaschen spenden, dann freuen sich die Menschen zusätzlich über das Pfand. „Wer sogar längerfristig helfen möchte, kann sich einer Ehrenamtsgruppe zum Beispiel in Köln, die abends Essen und Getränke verteilt, anschließen“, sagt Promper.

Was kann ich machen, wenn der Obdachlose vermutlich bewusstlos ist?

Wenn Sie befürchten, dass ein Mensch bewusstlos ist, sollten Sie nicht zögern und den Rettungsdienst, also die 112, rufen. „Dies gilt, sofern der Mensch nicht ansprechbar ist“, sagt Mediziner Mark Oette. In diesem Fall sollte man, trotz aller Berührungsängste, den Obdachlosen vorab ansprechen und so herausfinden, ob alles gut ist. 

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