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Atemnot, GiemenDaran erkennen Eltern einen schweren Verlauf bei dem RS-Virus

Lesezeit 5 Minuten
Ein Vater betreut seinen achteinhalb Monate alten Sohn, der mit einem Atemwegsinfekt auf der Intensivstation einer Kinderklinik liegt und non-invasiv beatmet wird (CPAP-Beatmung).

Ein Vater betreut seinen achteinhalb Monate alten Sohn, der mit einem Atemwegsinfekt auf der Intensivstation einer Kinderklinik liegt und non-invasiv beatmet wird (CPAP-Beatmung).

Auch in diesem Herbst erkranken wieder viele Kinder am RS-Virus. Was sind Anzeichen, wie kann ich mein Kind schützen, gibt es eine Impfung?

In den ersten zwei Lebensjahren macht fast jedes Kind eine Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (kurz: RSV) durch. Was für einige Kinder eine milde Erkältung ist, kann für andere mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus enden. Bei einem sehr kleinen Teil der Kinder, die wegen der Infektion im Krankenhaus behandelt werden müssen, verläuft die Infektion tödlich.

Welche Alarmzeichen für eine schwere RSV-Infektion sollten Eltern kennen und ernst nehmen? Und: Kann man sein Kind irgendwie vor einer Ansteckung mit dem Virus bewahren? Ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin gibt Antworten.

RS-Virus: Was macht eine Infektion für die Kleinen so tückisch?

„RSV ist ein Atemwegsvirus, mit dem man sich in jedem Alter infizieren kann“, sagt Sven Armbrust. Er ist Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums in Neubrandenburg. Am meisten gefährdet seien jedoch die ganz kleinen Kinder – zwischen null und sechs Monaten. „Was beim großen Geschwisterkind vielleicht etwas Rotz in den oberen Atemwegen ist, kann bei den ganz Kleinen Atemnot sein“, sagt Armbrust.

Laut dem Kinderarzt greift das Virus das Lungengerüst an, was den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut erschwert. Und: Bei Säuglingen ist die Anatomie der Atemwege ohnehin sehr viel feiner – und damit empfindlicher. Eine RSV-Infektion kann daher zu einer Bronchiolitis führen, einer Entzündung der kleinen Bronchien, oder zu einer Lungenentzündung. Fälle, die oft im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Was sind Alarmzeichen für einen schweren Verlauf?

Eltern sollten alle Anzeichen ernst nehmen, die auf Atemnot hindeuten – etwa wenn das Kind kurzatmig ist oder besonders schnell atmet. Manchmal bewegen sich laut Armbrust die Nasenflügel des Kindes beim Atmen besonders deutlich. Oder an den Rippen oder oben am Hals zieht sich mit jedem Atemzug die Haut nach innen. Laut dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) ist auch ein giemendes Geräusch beim Ausatmen ein Alarmzeichen. Giemen heißt: Beim Atmen pfeift, knistert oder zischt es.

Bei den ganz Kleinen kommt oft Trinkschwäche dazu. „Die sollte man auf jeden Fall untersuchen lassen“, sagt Sven Armbrust. Manchmal steckt nur eine verstopfte Nase dahinter. Denn die Kleinen sind reine Nasenatmer. Ob es aber der Rotz in der Nase ist oder eine Entzündung der Atemwege infolge einer RSV-Infektion, das können nur der Arzt oder die Ärztin beurteilen.

Ein weiteres Alarmzeichen sind bläulich verfärbte Lippen. Sie weisen darauf hin, dass bereits ein Sauerstoffmangel im Gewebe vorliegt. „Das alles sind Alarmsignale, die Eltern auf jeden Fall dazu bringen sollten, das Kind beim Arzt vorzustellen“, sagt Armbrust. Auch dann, wenn die Infektion mit hohem Fieber einhergeht. Denn das spricht oft dafür, dass im Körper noch eine zweite Infektion – mit Bakterien – vorhanden ist. Denn das RS-Virus ist ein Türöffner für andere Erreger, wie etwa Pneumokokken.

Wann sollten Eltern Hilfe holen?

All die genannten Anzeichen sind Grund genug, rasch eine Einschätzung vom Profi anzustoßen – in der Kinderarztpraxis oder in der Notfallambulanz. „Es gilt die Faustregel: Je kleiner die Kinder sind, desto schneller sollte man jemanden draufschauen lassen“, sagt Armbrust.

Heißt: Hat der Anderthalbjährige Schnupfen und niest, ohne Anzeichen für Atemnot, „kann man bis zum nächsten Tag warten mit dem Kinderarztbesuch“, so Armbrust. Hat der Säugling aber Atemnot, sollte man mit dem Abklären nicht zu lange warten und besser zur Notfallambulanz aufbrechen, wenn die Kinderarztpraxis gerade nicht geöffnet ist.

Gibt es eine Impfung gegen das RS-Virus?

Kinder mit angeborenen Erkrankungen des Herzens oder der Lunge oder neurologischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko dafür, dass die RSV-Infektion bei ihnen schwer verläuft. Das gilt auch für Frühgeborene. Aber: Diese Kinder können durch eine passive Immunisierung geschützt werden. „Palivizumab“ ist ein Antikörper, der Kindern in der RSV-Saison alle vier Wochen gespritzt werden kann. Laut dem Robert Koch-Institut setzt die Schutzwirkung ein, wenn die erste Dosis verabreicht wird. Nach der zweiten legt sie aber nochmal zu.

Diese passive Immunisierung empfehlen die medizinischen Fachgesellschaften allerdings nur Kindern, die den Risikogruppen angehören. Laut Armbrust sind rund zwei Drittel der Kinder, die derzeit stationär behandelt werden, kein Teil der Risikogruppe, sondern sogenannte „reife Säuglinge“.

Für Personen ab 60 Jahren hat die EU im Juni zudem den RSV-Impfstoff „Arexvy“ vom britischen Konzern „GlaxoSmithKline“ zugelassen. Und nun, Ende August, hat die Europäische Kommission auf Anraten der Europäischen Arzneimittelagentur EMA den Impfstoff „Abrysvo“ des US-Pharmakonzerns Pfizer zugelassen – allerdings nur für Schwangere und Menschen ab 60 Jahren.

Warum erkranken derzeit wieder so viele Kinder?

Weil sich das Infektionsgeschehen im Zuge der Corona-Pandemie verändert hat. Durch die langen Phasen der Isolation sind Kinder für längere Zeit kaum mit dem RS-Virus in Kontakt gekommen. Dadurch fällt die Immunabwehr schwächer aus, wie auch schon im vergangenen Herbst und Winter. Auch Mütter hatten weniger Kontakt mit dem Virus, haben also selbst seltener einen Immunschutz erworben, den sie an ihr Kind übertragen könnten.

Kann ich verhindern, dass mein Kind in Kontakt mit dem Virus kommt?

„Das ist ganz schwierig“, sagt Sven Armbrust. „Der Erreger ist da. Einigeln geht nicht.“ Schließlich zirkuliert das RS-Virus nicht nur unter den Kleinen. Und: Das Virus kann in der Luft oder auf Oberflächen bleiben und sich auf diesem Wege übertragen. Zum Beispiel, wenn man einen Einkaufswagen berührt, auf den zuvor ein erkälteter Erwachsener mit RS-Viren geniest hat.

Aber die bekannten Hygieneregeln können das Risiko einer Infektion etwas senken. „Wer die Haustür durchschreitet – vom Einkaufen kommt oder von der Arbeit – geht Hände waschen“, so der Rat von Armbrust. „Damit lässt man eine gewisse Anzahl an Erregern nicht zu Hause rein.“ Auch das RS-Virus.

Was das Immunsystem unterstützt, damit es seinen Job möglichst gut machen kann: ausreichend trinken. Denn das hält die Schleimhäute feucht. „Ich sage den Eltern dann immer: Das Virus rutscht aus auf der glatten Oberfläche und kann sich nicht festbeißen.“ Hundertprozentigen Schutz vor einer RSV-Infektion gibt aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn es noch ein Geschwisterkind gibt, das schon in die Kita geht. (dpa, eul)