Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Hochschule in KölnTraum von der perfekten Studentenstadt

Lesezeit 5 Minuten

Mittelmaß oder attraktive Metropole - in unserer Serie „Köln 2020“ zeigen wir, welches Potential in der Stadt steckt.

Köln – Köln ist als Studentenstadt extrem beliebt – und das wird sich bis 2020 sicher nicht ändern. Insgesamt sind hier schon heute mehr als 80.000 Studierende eingeschrieben, die Universität (mit knapp 50.000 Studierenden) liefert sich mit der Münchner LMU ein Kopf-an-Kopf-Rennen darum, welches die größte (Präsenz-)Universität Deutschlands ist. Die Fachhochschule muss sich mit niemandem streiten: Sie ist mit ihren gut 22.000 Studenten konkurrenzlos die größte im Land. Dazu kommen noch die Sport- und Musikhochschule, Private wie Fresenius oder Macromedia und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, unter anderem das Mack Planck Institut für Biologie des Alterns. Damit die Stadt auch im Jahr 2020 so attraktiv für Studierende bleibt, muss sie sich anstrengen. Zwar muss Köln den demografischen Wandel nicht so sehr fürchten wie manche ländliche Region. Aber der Konkurrenzkampf um die guten Studierenden wird härter werden. Hier darf die Stadt die Hochschulen nicht alleine lassen.

Dass es sich lohnt, um Studierende zu kämpfen, zeigt der „Wissenschaft-Wirtschaftsbericht“ aus dem Jahr 2010: Etwa 17.000 Menschen verdienen danach schon jetzt ihr Geld direkt in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen – mehr arbeiten nur in der Stadtverwaltung und bei Ford. Dieses Potenzial muss die Stadt im Jahr 2020 erkannt haben – und besser nutzen. Schließlich brauchen die Unternehmen der Region in Zeiten des Fachkräftemangels dringend hoch qualifizierte Absolventen. Außerdem verjüngen die Studierenden die Stadt – auch das zählt in einer alternden Gesellschaft. Köln muss seine Studierenden im Jahr 2020 also mehr zu schätzen wissen. Und bis dahin großflächig günstigen Wohnraum schaffen – vorzugsweise in Nähe der Uni beziehungsweise der FH schaffen. Etwa im Justizzentrum an der Luxemburger Straße: Wohngemeinschaften statt Gerichtssäle, das hätte Charme. Und viel näher an der Universität geht es nicht.

Nicht nur bei den Wohnungen, auch bei der Betreuung wird die Beliebtheit Kölns schon lange zum Fluch. Viele Studiengänge sind überlaufen, die Zulassung ist deswegen stark beschränkt. In BWL kommen heute auf einen Lehrenden an der Uni 170 Studierende. Wer es persönlich mag, wird anderswo studieren. An der FH und in anderen Uni-Fächern (etwa eine Lehrkraft für 70 Studierende) ist die Lage besser, entspannt ist sie trotzdem nicht. (((Zugegeben – für Uni und FH ist es schwierig, daran etwas zu ändern. Denn für jeden Professor, den sie einstellen, müssen sie noch mehr Studierende aufnehmen. Diese Regelung wird sich wohl so schnell nicht ändern – wünschen darf man es sich trotzdem.))) Das muss 2020 anders sein, vor allem an der Universität: Es braucht viel mehr Lehrkräfte, die die Professoren entlasten. Nur wenn die Lehre besser wird, brechen nicht so viele ihr Studium erfolglos ab. Und von einer Exzellenzuniversität muss man auch exzellente Lehre erwarten.

Apropos Exzellenz: Noch bis 2017 bekommt die Universität insgesamt etwa 110 Millionen Euro extra aus dem Exzellenz-Topf. Geld, mit dem Stellen geschaffen und wichtige Projekte angestoßen wurden und werden. Was damit nach 2017 passiert, wenn die Exzellenzinitiative ausläuft? Das weiß im Moment noch keiner. Kein Wunder, dass die Universität, die langfristig plant, so langsam nervös wird. Deswegen muss es schnell eine Lösung geben. Die Universität muss sich darauf verlassen können, das Geschaffene bis 2020 und darüber hinaus weiter finanzieren zu können – damit sie exzellent bleiben kann.

Mehr Erfahrungen im Ausland sammeln

Natürlich ist es nirgendwo auf der ganzen Welt schöner als in Köln. Auslandserfahrung ist trotzdem wichtig. Im Moment haben die nur etwa zehn Prozent der FH-Studierenden und 15 bis 20 Prozent der Studierenden an der Uni. Das ist zu wenig! Im Jahr 2020 muss mindestens die Hälfte eine Hochschule im Ausland kennengelernt haben – die Kölner Uni hat sich dieses ehrgeizige Ziel „mittelfristig“ vorgenommen. Die Fachhochschule will bis 2020 wenigstens jedem fünften Absolventen mindestens ein Semester im Ausland ermöglicht haben. Dafür müssen sowohl an Uni und FH die Studienstrukturen flexibler werden und noch mehr Partner-Unis ins Boot geholt werden. Außerdem müssen die Hochschulen die Leistungen leichter anerkennen. Gleichzeitig soll natürlich auch die Wissenschafts-Welt zahlreich nach Köln kommen. Denn internationale Wissenschaftler sind nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Lehre ein Gewinn. Und für die Stadt, die ja auch von den Spitzenkräften und vom guten Ruf der Uni profitiert.

Baustellen gibt es bis 2020 also viele – auch ganz konkrete. So wünscht die Universität sich zum Beispiel, verstreut angemietete Flächen aufgeben zu können, um die Fachbereiche enger zusammenzuführen. Neubauten etwa für die Wiso-Fakultät oder die Chemie könnten bis dahin zumindest teilweise fertig sein. Und die Idee einer autofreien Zülpicher Straße ist ohne Zweifel charmant – das findet auch Rektor Axel Freimuth. Die Fachhochschule baut am neuen Ingenieurwissenschaftlichen Zentrum (IWZ) auf dem Campus Deutz – bis 2020 soll ein Großteil davon fertig sein, der alte Bau aber immer noch stehen. Und die Fakultät für angewandte Naturwissenschaften der FH wird 2020 auf den neuen Campus in Leverkusen-Opladen umgezogen sein.

Für die Fachhochschule hoffen wir, dass bis 2020 ein langgehegter Wunsch in Erfüllung geht: das Promotionsrecht für besonders forschungsstarke Bereiche. Präsident Christoph Seeßelberg findet: Promovieren sollten die Studierenden überall dürfen, wo hochwertige Forschung stattfindet – auch, wenn das an der FH der Fall ist. Ohnehin glaubt Seeßelberg, dass sich die Zweiteilung der Hochschullandschaft in Universitäten und Fachhochschulen überlebt hat. Vielleicht fragen Studierende und Wissenschaftler in Zukunft tatsächlich nicht mehr nach der Art, sondern nur noch nach der Qualität einer Hochschule. Und die muss 2020 hervorragend sein – an beiden großen Hochschulen.