„Wie geht evangelisch?“

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„Wie geht evangelisch? - So geht evangelisch!“ Eine angeregte Diskussion über die Besonderheiten des protestantischen Glaubens.

„Was muss die evangelische Kirche tun, um aus dem Schatten des Doms zu treten, wie gewinnt sie Profil?“ - Gleich zu Beginn stellte Pastor Friedemann Magaard, einer der Moderatoren, seinem ersten Gast, Stadtsuperintendent Ernst Fey, die Frage, die bei diesem Kirchentag immer wieder eine Rolle spielt. Fey betonte die Bereitschaft der Protestanten, auch unbequeme Themen anzupacken, sich der Diskussion um Schwangerschaftsabbruch zu stellen. Und speziell in Köln immer wieder über Probleme der Migranten und die Notwendigkeit einer neuen Moschee zu sprechen. Dies alles fuße in „dem ureigenen Glauben, dass wir so angenommen werden, wie wir sind. Wir sind eine basisdemokratische Kirche, in der niemand platt geredet wird, das ist ein urprotestantisches Erlebnis. Wir lassen den Menschen Raum zum Glauben, Zweifeln, Beten und Lachen.“ Entscheidend sei dabei immer der Bezug zu Gottes Wort als Quelle, um sich den Fragen des Lebens zu stellen.

Viereinhalb Stunden Zeit hatten die Veranstalter der Beantwortung der Frage „Wie geht evangelisch?“ bei der Gesprächsrunde auf der Bühne auf dem Roncalliplatz eingeräumt und „Gespräche in die Tiefe mit Musik und Kabarett“ versprochen.

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Margot Käßmann, Landesbischöfin von Hannover betonte, dass sich Kirche ständig reformieren müsse und dass jeder einzelne für die Entwicklung verantwortlich sei: „Es gibt nicht »die Kirche«, jeder ist Kirche.“ Und auch sie betonte die Bereitschaft der evangelischen Christen, sich einzumischen: „Wir sind fromm und gesellschaftspolitisch aktiv. Gleichzeitig lassen wir dem anderen seine Meinung und respektieren seine Freiheit.“

Dagmar Reim, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, und Klaus Berger, Theologe aus Heidelberg, näherten sich der Frage nach dem Wesen des Protestantismus aus katholischer Sicht. Der Professor, der im vergangenen Jahr von der evangelischen zur katholischen Kirche übergetreten ist, stellte dabei die Existenz der Konfessionen in Frage: „Die getrennte Christenheit ist ein Skandal. Diese Trennung ist jammervoll und schmerzlich und die Profilneurosen zwischen den Konfessionen finde ich schrecklich.“ Er könne nicht verstehen, wie Protestanten und Katholiken die Teilung als Chance begreifen könnten.

Das Publikum bewies bei dieser Veranstaltung, die immer wieder durch das Spiel der Studiogruppe Baltruweit und die kabarettistischen Darbietungen der Kölner Gruppe Klüngelbeutel aufgelockert wurde, viel Ausdauer und war auch in der letzten Gesprächsrunde mit dem Journalisten Wolf von Lojewski und Konrad Raiser, dem ehemaligen Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, sehr aufmerksam. Raiser stellte, anders als Berger, die Vorteile der Verschiedenartigkeit der Konfessionen heraus: „Das Leben besteht aus wechselseitiger Bereicherung, die Räume schließen sich nicht aus, wir können uns besuchen und dann wieder nach Hause zurückkehren. Wir müssen uns wahrnehmen, dürfen keinen Kampf um Recht und Wahrheit führen.“ Gleichzeitig sei es aus evangelischer Sicht entscheidend, sich immer von der Bibel leiten zu lassen und auf ihre Botschaft zu achten. Zudem hob Raiser die Bedeutung der Laien für die Gestaltung der evangelischen Kirche heraus. Nach Ansicht von Wolf von Lojewski sei ein Merkmal des evangelischen Glaubens der direktere Zugang zu Jesus und eine „aufmüpfigere Haltung. Wir sind nicht so sehr im Gehorsam erzogen wie die Katholiken.“

Zum Abschluss fasste Kirchentagspräsident Reinhard Höppner das evangelischen Selbstverständnis noch einmal zusammen: „Wir leben das Priestertum aller Gläubigen. Wir haben keinen Papst, der uns hilft und im Mittelpunkt steht, und wir wollen ihn auch gar nicht.“

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