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Katholische KircheSo wird die Reform in Schleiden und Hellenthal umgesetzt

Lesezeit 5 Minuten
Die Schlosskirche in Schleiden.

Weniger Priester und weniger Gläubige machen die Strukturreform erforderlich.

Die Gemeinschaft der Gemeinden wird zum Pastoralen Raum. Dafür müssen zahlreiche neue Strukturen geschaffen werden.

Der Nebel lichtet sich, die selbst auferlegte Strukturreform der katholischen Kirche nimmt mehr und mehr Form an. Vieles war unklar, da Vorgaben seitens des Bistums Aachen fehlten, wie die Organisation in den Pastoralen Räumen, die seit Anfang des Jahres aus den GdG gebildet wurden, in der Praxis aussehen soll. So sind die Haupt- und Ehrenamtler gefragt, das Vakuum zu füllen, das sich durch die Veränderungen in den Kirchengemeinden ergeben hat.

Es ist eine komplexe Materie, mit der die Verantwortlichen operieren müssen. Zwar sind die bislang bekannten Strukturen seit vielen Jahren eingefahren, doch die Volkskirche, die volle Kirchen und gut gefüllte Schatullen mit sich brachte, existiert nicht mehr. Längst sind die Gottesdienste nicht mehr gut besucht, es gibt immer weniger Priester, Ehrenamtliche und Gläubige. Also auch weniger Kirchensteuerzahler, was wiederum die Frage aufwirft, wie der Erhalt der Gebäude und die Gehälter der hauptamtlichen Kräfte langfristig gesichert werden können.

Die Startbedingungen waren schlecht, nun drückt das Bistum aufs Gaspedal

Die Startbedingungen für den synodalen Prozess „Heute bei Dir“, mit dem im Bistum Aachen die Strukturreform in Gang gebracht wurde, konnten also kaum schlechter sein. Umso deutlicher ist den Beteiligten, wie unvermeidlich Veränderungen sind. „Wenn keine Reform kommt, ist in 15 Jahren Schluss“, sagt Dieter Benning vom Kirchenvorstand Hellenthal. Dort, in der Pfarrkirche St. Anna, stellten die Verantwortlichen das Modell vor, mit dem sich der Pastorale Raum Schleiden-Hellenthal fit für die Zukunft machen will.

Denn nun wird vom Bistum aufs Gaspedal gedrückt: Aus den bisherigen GdG wurden Pastorale Räume (PR). Die Kirchengemeinden, bisheriges Grundgerüst, sollen sich auflösen und fusionieren. Doch das wirft viele Fragen auf. Was wird aus den Gebäuden, die durch die lokalen Fabrikfonds unterhalten werden? Was wird aus den Kindergärten und Jugendeinrichtungen? Wer kümmert sich um die Angelegenheiten vor Ort?

Drei Männer stehen in der Kirche St. Anna in Hellenthal. Sie lachen.

Die neuen Strukturen stellten Dieter Benning (v.l.), Paul-Joachim Schmülling und Pfarrer Thomas Schlütter vor.

Aktuell gibt es zum einen die Verwaltungsstruktur für die Verwendung des Geldes, zum anderen die Pastorale Struktur, die sich mit Seelsorge befasst. So wurden in den 16 Gemeinden der GdG Schleiden-Hellenthal bislang sowohl Kirchenvorstände (KV) als auch Pfarrgemeinderäte gewählt. Die KV kamen im Kirchengemeindeverband (KGV) auf GdG-Ebene zusammen.

An viele neue Begriffe müssen sich die Menschen nun gewöhnen. Auf einmal kursieren Begriffe wie „Orte von Kirche“ anstelle der althergebrachten Festlegung von der Pfarrkirche als Ort des Gottesdienstes. Auch wird der Begriff der Pfarrei seine Bedeutung ändern. Doch primär bestand die Notwendigkeit, die frisch gegründeten Pastoralen Räume mit Verwaltungsstrukturen zu füllen. Denn seit dem Jahresbeginn fließen die Zuwendungen des Bistums nicht mehr an die einzelnen Kirchengemeinden, sondern zentral an die Verwaltung des PR.

In Hellenthal und Schleiden wurde bereits ein Konzept erarbeitet

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, haben die Kirchenvorstände in Hellenthal und Schleiden ein Konzept erarbeitet, wie die zukünftige Struktur des Pastoralen Raumes aussehen könnte. Dazu lösen sich die bisherigen Pfarrgemeinden auf und schließen sich zu einer gemeinsamen Pfarrei auf der Grundlage des neuen PR zusammen. Auf dieser Ebene könnte bereits in diesem Jahr ein fusionierter Kirchenvorstand gewählt werden. Aus den bisherigen Pfarrgemeinden sollen dann „Orte von Kirche“ (OvK) werden.

Jeder OvK habe die Möglichkeit, Ortsausschüsse zu bilden: einen für die Verwaltung als Ersatz für den Kirchenvorstand, einen zweiten für die pastoralen Angelegenheiten als Ersatz für den Pfarrgemeinderat. Alle diese OvK können im Pastoralen Raum eine Vollversammlung bilden. Die erste Vollversammlung könnte bereits in diesem Jahr stattfinden, so Pfarrer Thomas Schlütter. „Damit soll eine Doppelstruktur aufgebaut werden“, erläutert er. Zum einen sollten die traditionellen Strukturen aufrechterhalten werden, so dass sich eigentlich wenig ändert. Oder wie es Benning sagt: „Eigentlich wird man in Hellenthal von der Reform kaum etwas merken.“

Der Zugang zu jungen Menschen wird das Entscheidende sein

Gleichzeitig aber werde, so führt Schlütter aus, ein System aufgebaut, das die örtlichen Strukturen aufrechterhalten könne, wenn in 10 bis 15 Jahren nicht mehr genug Ehrenamtler aktiv seien. Sowohl die Alt-Pfarren als auch die neuen OvK sollten so über das nötige Fundament verfügen, das sie mit Geld, Räumen und hauptamtlichen Kräften versorgt. Dies kann über den jeweiligen Ortsausschuss Verwaltung, der die Kontrolle über die Unterhaltung der Pfarrkirche hat, oder über den fusionierten Kirchenvorstand aus dem PR geschehen.

Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich kein Alleinunterhalter werden will.
Thomas Schlütter, Pfarrer

Im weiteren Verlauf soll auch anderen kirchlichen Gruppen die Möglichkeit gegeben werden, sich als Ort von Kirche aufzustellen, zum Beispiel Kirchenchören, Pfadfindergruppen oder auch dem Team der Erlebniskirche in Scheuren. Das würde das Mitspracherecht der Ehrenamtler stärken. Dieser Teil der Reform ist laut Schlütter für das nächste Jahr geplant.

Die Frage sei, so betont Benning, wie Zugang zu jungen Menschen gefunden werden könne. Die Erwartungen, die die Verantwortlichen sich selbst stecken, sind hoch. „Die pastorale Reform soll Freiräume schaffen“, sagt er. Die Jungen müssten selbst aktiv werden, wenn ihnen der christliche Aspekt wichtig sei. „Es ist eine Frage des Lassens“, fügt Paul-Joachim Schmülling vom Kirchenvorstand in Hellenthal hinzu: So sollten etwa neue Glaubensformen möglich gemacht werden. Jetzt sei eine Situation, in der man sich freue, wenn Gläubige aktiv werden.

Aktuell werde die Resonanz auf die Vorschläge in den Kirchengemeinden abgefragt, so Schmülling. Die Pfarreiräte werden laut Schlütter in diesem Jahr noch nicht gewählt, sondern im November der Kirchenvorstand im Pastoralen Raum und der Rat des Pastoralen Raumes. Jedoch: Wenn die Fusion bis dahin nicht unter Dach und Fach ist, müssen doch noch 16 Kirchenvorstände gewählt werden. „Ich befürchte aber, dass wir nicht genug Leute dafür finden“, sagt Schlütter.

Sollten die Pläne so verwirklicht werden und je zwei Personen aus den OvK in die Vollversammlung entsendet werden, würde es da voll werden. Es ist geplant, dass auch Oberhausen ein Ort von Kirche wird. Dann würden 17 OvK ihre Delegierten entsenden. Plus Schlütter säßen dann 35 Personen in der Vollversammlung. Doch das sei, so der Pfarrer, der Weg, den Kirche gehen wolle: „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich kein Alleinunterhalter werden will.“