In sechs Kommunen des Kreises Euskirchen nahmen ausreichend Teilnehmer am ADFC-Fahrradklima-Test teil. Nun liegen die Ergebnisse vor.
ADFCSo benoten die Bürger die Radverkehrspolitik im Kreis Euskirchen

Breitere Radwege oder gar mehr Fahrradstraßen, wie hier im Euskirchener Auel, wünschen viele Radler.
Copyright: Tom Steinicke
Keine Frage: Der Kreis Euskirchen bietet Ausflugsradlern eine ganze Reihe schöner Routen. Doch wie sieht der Alltag für die aus, die mit dem Rad zur Arbeit zum Einkauf oder sonst wohin fahren? Eher mittelmäßig!
Das zeigen zumindest die Ergebnisse des großangelegten Fahrradklima-Tests 2024 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Ein Vergleich mit den Ergebnissen von 2022 belegt zudem: Mechernich und Weilerswist treten auf der Stelle. Bad Münstereifel fällt leicht zurück, Euskirchen und Zülpich kommen zwar voran, allerdings im Schritttempo.
Auch in Nettersheim hatten sich ausreichend Bürger an der Online-Befragung beteiligt, um in die Wertung zu kommen – im Gegensatz zu 2022. Ein Vergleich ist hier also nicht möglich. Bei den übrigen Kreis-Kommunen muss der ADFC passen: zu wenig Teilnehmer für ein aussagekräftiges Resultat.
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Kommunen im Kreis Euskirchen liegen nahe dem Bundesschnitt
Die Gesamtnoten in den sechs Städten und Gemeinden liegen im Schulnotenbereich befriedigend bis ausreichend – und damit immerhin nahe dem Bundesschnitt von 3,92.

Die Möglichkeit in den Kommunen, sich – wie hier am Euskirchener Bahnhof – ein Rad zu leihen, wird von vielen Teilnehmern der Befragung gelobt.
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Unter den NRW-Kommunen in ähnlicher Größenordnung schneiden die Sechs jedoch durchwachsen ab. Weilerswist landet dort auf dem dritten Platz – von unten. Bad Münstereifel befindet sich landesweit im unteren Zehntel, Mechernich im unteren Viertel.
Nettersheim schafft es über das untere Drittel nicht hinaus, während Zülpich im Mittelfeld rangiert und Euskirchen knapp das obere Viertel verfehlt.
Weniger erfreulich ist, dass im Vergleich zu 2022 keine großen positiven Entwicklungen bemerkbar sind.
Das Interesse an guter Radverkehrspolitik im Kreis steige, interpretiert Martin Metz, Sprecher für Radverkehr der Grünen im Landtag und örtlich zuständig für den Kreis Euskirchen, das ADFC-Zahlenwerk.
„Weniger erfreulich ist“, so Metz weiter, „dass im Vergleich zu 2022 keine großen positiven Entwicklungen bemerkbar sind.“ An fehlender Förderung des Landes sollte es nicht scheitern, Schwarz-Grün habe finanziell unterlegte Impulse gesetzt.
Nach der Flutkatastrophe 2021 gab es andere Prioritäten
Vielleicht lag es aber an der Flutkatastrophe 2021, nach der beim Wiederaufbau die Breite der Radwege oder die Beschilderung derselben nicht ganz oben auf der Prioritätenliste standen.
Darauf weist die Pressestelle der Stadt Bad Münstereifel hin: „In Anbetracht dessen, dass zahlreiche Wege auf dem gesamten Stadtgebiet, mit 151 Quadratmetern Fläche und 57 Orten und Weilern, im Jahr 2021 von der Unwetterkatastrophe betroffen waren und wir immer noch mit deren Wiederaufbau beschäftigt sind, ist die Abweichung von 0,2 zu vernachlässigen.“ Die Kurstadt verschlechterte sich seit 2022 von 4,0 auf 4,2.
Aufgrund der statistischen Unschärfe kann die ermittelte Note um 0,2 nach oben nach unten abweichen kann, erläutert ADFC-Studienleiter Thomas Böhmer. Im Münstereifeler Rathaus wird zudem die Festsetzung der Mindestteilnehmerzahlen hinterfragt: Die Aussagen von 55 Teilnehmern bei 18.000 Einwohnern seien allenfalls als richtungsweisend zu verstehen. „90 Prozent der Beschwerden, die ich erhalte, bemängeln, dass die Mindestzahl zu hoch sei“, entgegnet Böhmer: „Es ist auch jeder Verwaltung unbenommen, für die Teilnahme zu werben.“ Die Ergebnisse der sechs Kreis-Kommunen im Detail:
Bad Münstereifel: Grundsätzlich macht das Radfahren Spaß
Mit der Note 4,2 kommt die Stadt bundesweit auf Platz 357 von 423 unter den Kommunen mit bis zu 20.0000 Einwohnern (Schnitt: 3,8), landesweit auf Rang 59 von 65. Die 55 Umfrage-Teilnehmer nannten hauptsächlich die Bereitstellung von Rädern und die Möglichkeit, sich Räder zu leihen, als Stärke. Fahrraddiebstahl komme zudem selten vor.
Und auf die Frage, ob Radeln in Bad Münstereifel prinzipiell eher Spaß oder Stress bereite, kreuzten die meisten Teilnehmer bei „Spaß“ an. Dass in zu vielen Einbahnstraßen das Radfahren in die Gegenrichtung nicht erlaubt sei, wurde als Schwäche markiert. Fürs Radeln werde auch zu wenig geworben, und zügiges Radfahren sei zu selten möglich, lauteten die Hauptkritikpunkte.
Euskirchen: Kreisstadt hat sich seit 2022 leicht verbessert
Von 4,1 auf 3,9 – so hat sich die Gesamtnote von 2022 bis 2024 in der Kreisstadt entwickelt. Damit schnitt Euskirchen knapp besser ab als die Kommunen in der Größenklasse bundesweit (Schnitt 4,0). Die Stadt kommt 2024 auf Rang 36 von 113 Orten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern, in NRW auf Rang 13 von 46 in dieser Größenklasse. 173 Radler haben an der Umfrage teilgenommen.
Sie bewerten hauptsächlich die Möglichkeit des Fahrradleihens, das Miteinander von Radlern und Fußgängern und die Wegweiser positiv. Bei der Werbung fürs Radfahren bestehe allerdings noch Nachholbedarf, und die Fahrradförderung lasse in letzter Zeit zu wünschen übrig.

Das Radwegenetz im Kreis Euskirchen für Ausflügler wurde in den vergangenen Jahren ausgebaut, doch für die Alltagsradler könnte laut ADFC mehr getan werden.
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Laut ADFC hat die Stadt Euskirchen die Gelegenheit genutzt, ihre Radpolitik im Rahmen einer Kommunalbefragung zu erläutern. Darin verweist die Stadt auf das 2022 im Rat beschlossene Radverkehrskonzept, die Einrichtung von Fahrradzonen, E-Bike-Verleihsystem und auf den innerstädtischen Radbogen.
Die Freigabe von Einbahnstraße werde systematisch geprüft, Radstreifen seien markiert und Infotafeln errichtet worden. „Im Zuge des Förderprogramms für Fahrradabstellanlagen sind auch fünf Stellplätze für Lastenräder in der Euskirchener Innenstadt vorgesehen“, hat die Stadt dem ADFC mitgeteilt.
Mechernich: Nicht schlechter, aber auch nicht besser als 2022
Die Stadt kommt auf die Note 4,2, unverändert zu 2022. Damit landet sie bundesweit auf Rang 334 von 429 unter den Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern (Bundesdurchschnittsnote: 3,9) und landesweit auf Rang 89 von 113.
118 Teilnehmer gab es in Mechernich. Sie lobten vor allem die Möglichkeit Räder auszuleihen, die geringe Zahl von Diebstählen sowie die Breite der Radwege.
Als Schwachpunkte wurden vorrangig die geringen Möglichkeiten, in Einbahnstraßen gegen die Richtung zu fahren, fehlende Werbung fürs Radeln sowie mangelnde Abstellmöglichkeiten benannt.
Nettersheim: Radverleih kommt gut an, Winterdienst aber nicht so
Mit der Note 3,9 liegt die Gemeinde im bundesweiten Durchschnitt der Kommunen mit bis zu 20.000 Einwohnern. Sie kommt bundesweit unter den Kommunen in dieser Größenklasse auf Rang 214 von 423 Orten, NRW-weit auf 40 von 65.
51 Bürgerinnen und Bürger aus der Eifelgemeinde haben an der Umfrage teilgenommen. Als Stärken meldeten sie die Möglichkeiten, sich ein Rad zu leihen, den Spaß, den Radeln in der Gemeinde bereitet, und die Breite der Radwege. Winterdienst und Reinigung der Radwege und der Mangel an Abstellanlagen wurden vorrangig als Schwächen genannt.
Weilerswist: Bedienstete sollen mit gutem Beispiel „voranfahren“
Unverändert seit 2022 bleibt die Gemeinde bei der Note 4,4 hängen. Unter den 423 Kommunen bundesweit (Durchschnittsnote: 3,8) mit bis zu 20.000 Einwohnern kommt sie auf Rang 403, landesweit auf Platz 63 von 65 ins Ziel.
84 Einwohner haben an der Umfrage teilgenommen: Auf die ersten Plätze der Stärken kamen öffentliche Fahrräder/Fahrradverleih, zügiges Radfahren und wenige Konflikte mit Fußgängern. Negativ wurden die Abstellanlagen, Reinigung der Radwege und die Zahl der Fahrraddiebstähle in der Befragung gewertet.
Die Weilerswister Gemeindeverwaltung bezog in der ADFC-Kommunalbefragung Stellung, um darauf hinzuweisen, dass in den Jahren 2023 und 2024 die Radverkehrsbedingungen im Schulumfeld verbessert und Bau und Ausbau von Bike-Parks forciert worden seien.
Das Falschparken auf Radwegen werde intensiv kontrolliert, den Mitarbeitenden der Gemeinde würden Räder für Dienstfahrten zur Verfügung gestellt. „Führungspersönlichkeit unterstützt persönlich das Radfahren“, heißt es knapp als Antwort auf die Befragung des ADFC.
Zülpich: Die Römerstadt macht leichte Fortschritte bei der Gesamtnote
Leicht verbessert hat sich die Stadt Zülpich: nämlich von 4,0 im Jahr 2022 auf 3,9 in 2024. Das bedeutet Platz 160 von bundesweit 429 zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern (Schnitt: 3,9) und landesweit Platz 48 von 113.
52 Römerstädter haben an der Befragung teilgenommen. Als Stärken wurden „Öffentliche Fahrräder/Fahrradverleih“ vor „geöffnete Einbahnstraße in Gegenrichtungen“ und die niedrige Gefahr von Fahrraddiebstählen genannt.
Schwachpunkte sind die fehlende Werbung für das Radfahren, die Fahrradförderung in letzter Zeit und die als mangelhaft empfundene Reinigung der Radwege. Weitere Informationen zum Test sind online abrufbar.
Der ADFC-Fahrradklima-Test
„Macht Radfahren bei dir vor Ort Spaß oder ist es Stress?“ Unter anderem mit dieser Frage richtete sich der ADFC in der Zeit vom 1. September bis zum 30. November 2024 an die Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland. Rund 213.000 Teilnehmer nahmen an der Online-Befragung teil, 1047 Kommunen schafften die Mindestteilnehmerzahl. Das waren 100 für Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern, 75 bei 100.000 bis 200.000, 50 bei bis zu 100.000 Einwohnern.
Damit sind laut ADFC 65 Prozent der Bevölkerung repräsentiert. Mehr als 90 Prozent der Befragten nutzen Fahrrad und Auto, kennen also beide Perspektiven. Deutschlandweit liegt die Durchschnittsnote bei 3,92 (2022: 3,96).
„Der Anteil der über 70-jährigen Teilnehmenden ist erneut gestiegen – eine Entwicklung, die offenbar durch die zunehmende Nutzung von Pedelecs begünstigt wird“, stellen die Initiatoren fest. In dieser Altersgruppe liege der Anteil der Pedelec-Nutzer mittlerweile bei 64 Prozent. Der Anteil aller Teilnehmer der Befragung, die hauptsächlich ein Pedelec nutzen, ist von 15 Prozent im Jahr 2018 auf 38 Prozent im Jahr 2024 gestiegen.