Präsidentenwahl„Hochamt der Demokratie“ für Kreis Euskirchener Abgeordnete

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Treffen mit der Parteiprominenz: Detlef Seif (l.)  und Klaus Voussem (r.) mit dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich März in der Bundesversammlung am Sonntag in Berlin.  

Kreis Euskirchen/Berlin – „Es ist das Hochamt der Demokratie.“ So macht Markus Herbrand die Bedeutung deutlich. Auch wenn die Wahl des Bundespräsidenten am Sonntag coronabedingt nicht am angestammten Platz im Plenum des Bundestags stattgefunden hat, ist dieser Tag auch für ihn ein besonderer. Der FDP-Bundestagsabgeordnete hat zum ersten Mal den Präsidenten mitwählen dürfen. Ebenso haben die nach der vergangenen Wahl erstmals in den Bundestag eingezogene SPD-Abgeordnete Dagmar Andres und Rüdiger Lucassen (AfD) ihre Premiere in der Bundesversammlung gefeiert.

Vom Düsseldorfer Landtag ist Klaus Voussem (CDU) zum zweiten Mal entsandt worden, den Präsidenten zu wählen. Durch das kurze Gastspiel Christian Wulffs im Schloss Bellevue hat Unionspolitiker Detlef Seif, der den Kreis seit 2009 in Berlin repräsentiert, bereits zum vierten Mal an der Bundesversammlung teilnehmen können.

Zwei Wahlleute können wegen Corona nicht teilnehmen

Für Neulinge wie für erfahrene Hasen ist Corona an diesem Tag das zweitgrößte Thema. Da ist das Mitleid mit Angela Steinhauer und Patrick Schöneborn, die als Nicht-Politiker der Bundesversammlung angehören sollen, aber wegen Corona-Infektionen nicht können. Da ist das teils stundenlange Warten vor dem Testzentrum, das alle Wahlleute aufsuchen müssen. Und dann ist die spannende Frage, wo wer denn einen Platz im Paul-Löbe-Haus mit all seinen Etagen, Emporen und Sitzungssälen haben würde.

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Dritte Etage, erste Reihe: Markus Herbrand sitzt über dem Präsidium und verfolgt das Geschehen via Bildschirm.  

Dritte Etage, erste Reihe – der Platz von Markus Herbrand klingt nach Loge. Unglücklicherweise ist seine Loge jedoch oberhalb des Präsidiums, das eigentliche Geschehen kann Herbrand nur über die Bildschirme verfolgen. Auch wenn er die Atmosphäre als seltsam bezeichnet und überlegt, ob man die Wahlleute nicht doch im Plenum hätte unterbringen können, genießt er die Momente. Und denkt ein paar Jahre weiter. Die Chance, als Abgeordneter die nächste Bundesversammlung unter normalen Bedingungen erleben zu können, wäre ein schöner Nebenaspekt einer Wiederwahl. Aber Bundestagswahl ist ja erst wieder in dreieinhalb Jahren.

Den Vergleich kann Detlef Seif ziehen. Ja, das Feierliche fehle bei dieser Corona-Bundesversammlung. Es sei dieses Mal eher ein Pflichtakt. Aber: „Es ist in Ordnung so. Wir müssen auf allen Ebenen die Pandemie bekämpfen. Eine Missachtung der Regeln in der Bundesversammlung wäre ein fatales Signal.“

Kleiner Plausch mit Friedrich Merz und Bernd Stelter

In einem Sitzungssaal im Erdgeschoss erleben Seif und Voussem in einer der 14 auf verschiedene Orte im großen Gebäude verteilten CDU-Gruppen die Wahl – aber nicht nur dort. Seif: „Wir sind ja nicht gefesselt.“ Auch wenn’s dort für ihn nur einen Stehplatz gibt: Zur Rede Frank-Walter Steinmeiers ist Seif dann doch ins Zentrum gegangen, um die nicht am Bildschirm verfolgen zu müssen. Kurze Treffen mit alten und neuen Bekannten aus Politik und Gesellschaft, wie Voussem sagt, gibt’s ebenfalls: „So hatte ich ein kurzes Gespräch mit unserem neuen CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz und ein bisschen Karnevalsfeeling beim Plausch mit Bernd Stelter.“

Voussem bezeichnet es ebenfalls als beeindruckend und große Ehre, an der Wahl teilnehmen zu dürfen – und bedient sich gleich mal beim alten und neuen Präsidenten: „Mein Zitat des Tages aus seiner Dankesrede zur Ukraine-Krise an Russland gerichtet: ,Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!’“

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Emotionale und spannende Momente erlebte Dagmar Andres in der Bundesversammlung.

Emotionale Momente für Dagmar Andres in Berlin

Das ist auch für Dagmar Andres ein ganz wichtiger Aspekt. Von der Galerie auf der zweiten Ebene verfolgt die SPD-Abgeordnete mit Blick auf das Geschehen die Wahl und die Rede. Als „toll, spannend, aufregend und emotional“ beschreibt sie ihre Bundesversammlungs-Premiere. Theoretisch hätte sie auch mal durch die Reihen der Prominenz im Erdgeschoss flanieren können. „Aber das wäre mir zu peinlich gewesen“, sagt Andres. Viel lieber habe sie das Schaulaufen und die Selfiejagden von oben betrachtet – das sei viel amüsanter gewesen.

Überhaupt: Es soll ja schließlich um den Präsidenten gehen. Und da ist Andres froh, dass Steinmeier das Amt für weitere fünf Jahre bekleidet: „Er ist der richtige Mensch in dieser herausfordernden Zeit. Er kann es schaffen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Und er zeigt klare Kante bei den Gegnern der Demokratie.“

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Auch bei AfD-Mann Rüdiger Lucassen hatte die Redaktion wegen eines Statements angefragt. Auf diese E-Mail haben wir jedoch keine Reaktion erhalten.

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