Leichlinger Landwirte sorgen sich„Viele Leute sparen und gehen in den Discounter“

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Christa Meuthen mit dem Ochsen Amadeus und Hündin Anni

Leichlingen – Auch, wenn es in dieser Woche endlich etwas geregnet hat: Nach wie vor kämpfen die Landwirte in der Region mit der anhaltenden Trockenheit der vergangenen Monate. Laut Erntebericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft fehlen deutschlandweit bisher 40 Prozent der sonst im Sommer üblichen Niederschläge. Und das bekommen die Leichlinger Bauern zu spüren. Vor allem in Sachen Tierfutter hadert es, berichtet Christa Meuthen.

Die 50 Rinder ihres Hofs „Baumhögger und Meuthen“ in Bennert stehen von Mai – durch den Klimawandel mittlerweile auch schon früher – bis Anfang November auf den Weiden und grasen. Normalerweise könnte das Vieh allein von dem Grün des Bergischen Landes leben, wären die nahrhaften Wiesen nicht der Sonne zum Opfer gefallen. Nun müssen die Bauern zufüttern. Meuthen berichtet: „Viele Betriebe kaufen Futter zu oder verkaufen ihr Vieh. Das sind die Alternativen.“ Wer Glück hat, hat wie der Bauernhof noch Vorräte aus dem letzten, ertragreichen Jahr zur Verfügung. Auch die gute Ernte im Frühjahr hat einen Puffer geschaffen. Einen Puffer, der eigentlich für die Wintermonate gedacht war.

Rinder müssen verkauft werden

Bleiben die Temperaturen weiterhin so hoch, sieht es schlecht aus für den letzten Schnitt des Jahres für das Futter aus eigenem Anbau. Notgedrungen wird der Hof, der seit 1903 in den Händen der Familie Baumhögger ist und nun in vierter Generation geführt wird, diesen Monat drei bis vier seiner Schlachtrinder auf einer Auktion verkaufen müssen.

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

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Auch wenn die Landwirtschaft schon immer vom Wetter abhängig war, macht die Hitze Meuthen Angst. Mit Blick in die Zukunft ist ihr jedoch klar: „Es müssen jetzt Strategien entwickelt werden.“

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Kaum Regen in den vergangenen Monaten: Auch die Gänse leiden.

Das gilt vor allem für die Bewässerungstechnik, die die Landwirte vor neue Herausforderungen stellt. Denn bei den schweren Böden des Bergischen Landes, die lehmig und tonhaltig Wasser eigentlich gut speichern können, war eine Bewässerung durch den Menschen – abgesehen von den Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 – eher selten und wenig nötig. Zum ersten Mal musste die Familie diesen Sommer das Kartoffel-Feld bewässern.

Hydrantenstandrohre wurden angeschafft

Ein Kartoffel-Problem hat auch Landwirt Bernd Sesterhenn: „Man kann nicht roden, weil der Boden hart wie Beton ist und die Kartoffeln zermürben würden bei der Ernte.“ Er hofft noch auf den Regen, doch für seine Blumenfelder zum selber schneiden, die er vom Frühjahr bis Herbst betreibt, wird er sich langfristig eine Bewässerungsanlage anschaffen.

Sesterhenn

Bernd Sesterhenn (Archivbild)

Eines dieser Felder steht in Hitdorf, dessen sandigen Boden er mithilfe eines geliehenen Tanks bereits regelmäßig beregnen lässt. Die aktuelle Blumensorte sind die Sonnenblumen, die sich dementsprechend aber gut halten. Bewässerung in diesem Ausmaß sei aber ein kostenintensives Unterfangen, das mit zusätzlich Arbeit und Kosten verbunden ist. Gewinner der Saison scheint im Rheinland in diesem Jahr das Obst zu sein. Auch wenn die Äpfel zum Teil nicht ohne leichten Sonnenbrand davon gekommen sind, wie der Bauer aus dem Ort Junkersholz, oberhalb von Leichlingen, erzählt.

Nicht zu vergessen ist in der Misere die Inflation. Trotzt angestiegener Produktionskosten ist Bäuerin Christa Meuthen vorsichtig bei ihren Preiserhöhungen in ihrem Hofladen, denn „man muss konkurrenzfähig bleiben.“ Das geht dann auf Kosten des Betriebsgewinns. Kollege Sesterhenn sieht nach dem Corona-Boom generell einen Rückgang des Andrangs auf Hofläden. „Viele Leute sind am sparen und gehen lieber in den Discounter“, sagt er.

Doch nicht nur die trockenen Sommer machen den Landwirten zu schaffen, sondern auch das gegenteilige Wetterextrem: Hochwasser. „Nach der Flut im vergangen Jahr konnten die überschwemmten Felder drei Wochen nicht befahren werden“, erinnert sich Meuthen, die ein weiteres Hochwasser in Zukunft nicht ausschließt. „Die extremen Wettersituationen folgen zu eng nacheinander. Man hat keine Luft dazwischen“, sagt die Landwirtin. Dürre, Futtermangel, steigende Kosten- Die „normalen Jahre“ fehlen laut Meuthen merklich, doch ob man im kommenden Jahr auf den alten Normalzustand hoffen kann, bleibt fraglich.

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